Memoiren 1902 - 1945
Spanien am Tiefland-Film arbeite, seine Aufnahmen in Deutschland machen sollte.
Die Vorbereitungen für «Tiefland» liefen inzwischen auf vollen Touren. Guzzi Lantschner und Walter Riml waren zur Motivsuche schon nach Spanien unterwegs. Meine Vorbereitungsarbeiten mußte ich für einige Tage unterbrechen, weil ich in England an den Universitäten London, Cambridge und Oxford Vorträge über meine bisherigen Filmarbeiten und über die Erlebnisse in Grönland halten sollte. Den Flug nach England habe ich nicht vergessen. Über der Nordsee tobten so heftige Stürme, daß ich seekrank wurde und in so elendem Zustand ankam, daß ich den Vortrag in Oxford, den ich am Tag meiner Ankunft halten sollte, absagen wollte. Auf der Fahrt nach Oxford fühlte ich mich schon wieder besser, und so ließ ich mich überreden, den Vortrag doch zu halten. Als ich den Vortragsraum betrat, war die Begeisterung der Studenten so groß, daß ich mitgerissen wurde. Kein Stuhl hatte mehr Platz, und die meisten saßen auf dem Boden. Erst bei Morgengrauen kam ich ins Bett. Nach dem Ende meines Vertrags ging die Diskussion im Zimmer des Lehrers stundenlang weiter. Dasselbe erlebte ich in Cambridge und London. Nie hätte ich geglaubt, daß Engländer an Begeisterungsfähigkeit sogar Italiener übertreffen können.
In London hatte ich das Glück, den Regisseur Flaherty kennenzulernen und bei der Premiere seines Films «Men of Aran» dabeizusein. Dieser stille Film hat mich in seiner Einfachheit und Bildsprache ergriffen - er gehört zu meinen stärksten Filmerlebnissen.
In Berlin hatte ich die letzten Produktionsbesprechungen, wegen des Parteitagfilms mit Ruttmann und mit Willy Cleve, dem Produktionsleiter der «Terra», betreffend «Tiefland». Die Aufnahmen in Spanien waren wegen des Nachschubs mit einem großen Risiko belastet, und die Termine mußten präzise eingehalten werden, da Heinrich George, unser Hauptdarsteller, uns wegen seiner Theaterverpflichtungen nur achtzehn Tage zur Verfügung stehen konnte.
Die «Terra» übernahm in Berlin die Produktionsarbeiten, ich fuhr nach Spanien, um dort an der Motivsuche teilzunehmen und die spanischen Schauspieler zu engagieren: In Barcelona traf ich meine Assistenten Guzzi Lantschner und Walter Riml, die eine gute Vorarbeit geleistet hatten, aber nicht gerade bester Laune waren. Sie hatten noch keinen Pfennig von der «Terra» gesehen. Schon längst hatten sie ihre eigenen bescheidenen Mittel ausgegeben. Auch ich war noch ohne Geld. Die «Terra» hatte versichert, daß ich es bei der Bank in Barcelona abholen könnte.
Um keine Zeit zu verlieren, wollten wir trotz unserer prekären Lage sofort nach Mallorca, um dort die Windmühlenmotive zu fotografieren. Um das Fahrgeld für die Überfahrt zu sparen, versteckten wir uns auf dem Dampfer und liefen glücklicherweise unentdeckt als blinde Passagiere in Mallorca ein. Wir fanden unsere Windmühlen, was wir aber nach unserer Rückkehr in Barcelona nicht fanden, war weder eine Nachricht noch eine Überweisung.
Kein guter Anfang für unseren Film. Telefonisch war in Berlin niemand von der «Terra» zu erreichen, also borgte ich mir einen größeren Betrag von dem sehr entgegenkommenden Deutschen Konsulat. Dann zogen wir los, zuerst durch die Provinz Aragon.
Die spanische Landschaft war für die Kamera hervorragend geeignet, eine idealere Filmkulisse hätten wir nicht finden können. Auch die Menschen und die herrlichen Bauten beeindruckten mich. Mit Staunen betrachtete ich die alten Mauern in Avila, die Innenhöfe in Salamanca, die Kirchen von Burgos und, vor allem, die von Cordoba.
In Madrid erwartete mich mein alter Tennisfreund Günther Rahn. Er lebte seit einem Jahr in Spanien. Gottlob kamen aus Berlin die ersehnten Nachrichten und auch etwas Geld, leider nicht genug. Was uns weniger gefiel, war die Mitteilung, der Drehbuchautor sei erkrankt, und der Lichtwagen könnte erst mit zweiwöchiger Verspätung eintreffen. Wie sollten wir da noch die Aufnahmen mit Heinrich George schaffen? Ich war in großer Sorge.
Meine Motive hatte ich gefunden und auch die für den Film geeigneten Schauspieler. Mit Ungeduld erwartete ich täglich das Eintreffen der Mitarbeiter aus Deutschland. Bis zum Tag des Drehbeginns waren es nur noch wenige Tage.
Endlich kam Schneeberger, unser Kameramann - leider ohne Filmmaterial. Was er von der «Terra» erzählte, klang katastrophal. Alles gehe dort drunter und drüber, der
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