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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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würde um vier Uhr zum Tee erwartet. Seit der kurzen Unterredung auf dem Parteitagsgelände hatte ich Hitler nicht mehr gesehen. Was hatte diese Einladung zu bedeuten?
      Etwas verspätet traf ich in München-Harlaching in der Villa der Familie Heß ein. Hitler war schon da. Wohlwollend erkundigte er sich nach meiner Arbeit. Ich erzählte ihm von meinen Problemen im Schneideraum, wie schwierig es zum Beispiel sei, eine Rede von ihm, die in Wirklichkeit zwei Stunden dauerte, im Film auf wenige Minuten zusammenzuschneiden, ohne dabei ihre Bedeutung zu verändern. Hitler nickte verständnisvoll. Frau Heß, die ich noch nicht kannte, fand ich sympathisch. Sie unterhielt sich lebhaft mit uns, während ihr Mann sich nicht in das Gespräch mischte.
      Plötzlich sagte Hitler: «Als ich Ihnen den Auftrag für den Reichsparteitagfilm gab, versprach ich Ihnen völlige Freiheit für die Gestaltung des Films.» Gespannt schaute ich Hitler an: «Ich will auch mein Versprechen halten, vor allem aber möchte ich, daß Sie durch diese Arbeit keine Unannehmlichkeiten haben und sich auch keine neuen Feinde zuziehen.» Mir schwante nichts Gutes. Hitler: «Ich habe Sie gebeten, hierherzukommen, weil ich Sie bitten möchte, einen einzigen Kompromiß zu machen.»
      Ich versuchte, ruhig zu bleiben. Er fuhr fort: «General von Reichenau besuchte mich. Er hat sich beschwert, daß Sie die Wehrmacht nicht in den Film einschneiden wollen, und er verlangte energisch, daß die Aufnahmen in den Film hineinkommen müssen. Ich habe darüber nachgedacht und mir ist eine Idee gekommen, wie Sie ohne Änderungen Ihres Filmschnitts und ohne künstlerisch Kompromisse machen zu müssen, alle Personen in den Film hineinnehmen können, die sich besondere Verdienste erworben haben. Die Menschen sind nun einmal mehr oder weniger eitel, und es wurden mir von verschiedenen
    Seiten Wünsche vorgetragen.»
      Genau das hatte ich befürchtet und mich damals auch so gewundert, als mir freie Gestaltung versprochen wurde.
      Hitler: «Ich möchte Ihnen deshalb folgendes vorschlagen: Ich werde die wichtigsten Generäle und Herren der Partei bitten, in ein Filmatelier zu kommen - auch ich werde dabeisein. Dann stellen wir uns in einer Reihe auf, und die Kamera fährt langsam an uns vorbei, das gibt die Möglichkeit, daß zu jeder Person mit einigen Worten ihre Verdienste hervorgehoben werden. Das könnte der Vorspann zu Ihrem Film sein. Dann kann keiner gekränkt sein, und Sie haben niemand verärgert.» Hitler hatte sich immer mehr in Begeisterung geredet, ich bin aber immer unruhiger geworden. Bestürzt sah ich ihn an.
      «Was haben Sie denn», fragte er mich erstaunt, «gefällt Ihnen die Idee nicht?» Vor meinen Augen zog mein Bildschnitt vorbei. Das Wolkenmeer am Anfang des Films, aus dem die Türme und Giebel der Stadt Nürnberg herausblendeten. Einen anderen Anfang des Films konnte ich mir nicht vorstellen. Diese Stimmung würde zerstört werden, wenn ich die von Hitler vorgeschlagenen Aufnahmen vorher einschneiden müßte. Mir kamen die Tränen.
      «Was haben Sie denn, um Gottes willen», sagte Hitler, «ich will Ihnen doch nur helfen», und er fing nochmals an, mir alle Vorzüge seiner Idee zu schildern.
      Da vergaß ich, wen ich vor mir hatte, ich dachte nur an meine filmische Arbeit und daß ich den Vorschlag Hitlers einfach schrecklich fand. Meine Abwehrreaktion war so heftig, daß ich die Kontrolle über mich verlor, aufsprang und mit dem Fuß aufstampfend rief: «Das kann ich nicht tun.»
      Zum ersten Mal sah ich Hitler böse werden. Er herrschte mich an: «Haben Sie vergessen, wen Sie vor sich haben?» Hitler stand auf und sagte gereizt: «Sie benehmen sich wie ein störrischer Esel - ich habe es mit Ihnen doch nur gut gemeint, aber wenn Sie nicht wollen, dann lassen Sie es.»
      Um meine Tränen zu verbergen, hatte ich mich abgewandt. Plötzlich hatte ich einen Einfall: «Könnte ich es nicht dadurch gutmachen», sagte ich, «daß ich im kommenden Jahr einen Kurzfilm von der Wehrmacht mache, damit würde man die Generäle vielleicht wieder aussöhnen.»
      Hitler stand schon in der geöffneten Tür, machte eine fast müde wirkende Handbewegung und sagte: «Das überlasse ich Ihnen.» Dann verließ er, von Frau Heß begleitet, den Raum.
      Mein Verhalten Hitler gegenüber konnte ich mir nicht verzeihen. Ich haderte mit mir, aber nach einigen Stunden hatte ich mich so weit
    gefaßt, daß ich nach Berlin zurückfuhr.
      Die

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