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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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den Veranstaltungen oftmals verwehrt. Es war so aufreibend, daß ich einige Male alles hinschmeißen wollte. Während dieser Tage war es jedoch hoffnungslos, an Hitler heranzukommen, um ihm diese unmöglichen Zustände zu melden.
      Trotzdem habe ich bei dieser Arbeit wichtige Erfahrungen gemacht. Ich entdeckte in mir eine gewisse Begabung für Dokumentarfilme, was ich nicht gewußt hatte. Ich erlebte den Reiz, den man verspürt, wenn man reale Geschehnisse, ohne sie zu verfälschen, filmisch gestalten kann. Dieses Gefühl war ein Ansporn, den ganzen Ärger durchzustehen. Manchmal standen wir vor beinahe unlösbaren technischen Problemen. So konnten wir die ausländischen Diplomaten, die in einem auf dem Nürnberger Hauptbahnhof abgestellten Sonderzug wohnten, nicht filmen: Auf dem Bahnhof war es auch tagsüber zu dunkel. Damals hatte man noch nicht das hochempfindliche Filmmaterial, wie es für die Aufnahmen notwendig gewesen wäre. Ich nahm an, die Diplomaten würden sich gern im Film sehen, und so fragte ich sie, ob es ihnen etwas ausmachte, wenn der Zug ins Freie hinausführe. Ohne Ausnahme waren sie damit einverstanden, und, was ja die Hauptsache war, ebenso der Lokomotivführer. Der Zug wurde langsam aus der Bahnhofshalle herausgezogen, und wir konnten bei Sonnenlicht filmen. Den Diplomaten machte die Sache offensichtlich Spaß, da sie sich wahrscheinlich sehr langweilten.
      Nicht immer lief es mit den Diplomaten so gut ab. Für die Aufnahmen des nächtlichen Zapfenstreichs zum Abschluß des Parteitags, der vor Hitlers Hotel, dem «Deutschen Hof», stattfand, ließen wir in aller Eile Scheinwerfer holen, ohne uns das von irgend jemand genehmigen zu lassen, und plötzlich standen Kapelle und Diplomaten in grellem Licht - aber nur für zwei Minuten, dann mußten die Scheinwerfer abgeschaltet werden. Ich wußte nicht, daß dies auf einen Befehl Görings geschehen war, und ließ sie wieder einschalten, was zu lautem Protest führte. Nun wurden sie endgültig abgeschaltet. Was war zu tun? Einem der Mitarbeiter fiel ein, daß wir Magnesiumfackeln mitgenommen hatten, die ließ ich holen und anzünden - aber ich hatte nicht mit dem verheerenden Rauch gerechnet, den sie entwickelten. Im Nu war alles in Qualm gehüllt, die Diplomaten, die neben der Kapelle standen, fingen zu husten an, einige ergriffen sogar die Flucht. Zu spät erkannte ich, was wir angerichtet haben, aber wir hatten einige stimmungsvolle Aufnahmen bekommen. Das tröstete mich. Ohne das über mich hereinbrechende Gewitter abzuwarten, verließ ich so schnell wie möglich den Platz und fuhr mit dem nächsten Zug nach Berlin.
      Ehe ich zum Sichten des Materials kam, hatte ich noch eine unangenehme und aufregende Unterredung mit Herrn Klitzsch, dem Generaldirektor der UFA. Es ging um eine Prestige-Angelegenheit der UFA. Wie ich schon erwähnte, hatte sie mit meiner Firma einen Verleihvertrag abgeschlossen; darin war nicht festgehalten, daß die Kopien in der AFIFA, einer zur UFA gehörenden Kopieranstalt, hergestellt werden müßten. Für alle im «UFA-Verleih» erscheinenden Filme war dies selbstverständlich, für mich aber lag der Fall anders. Ich war mit Herrn Geyer so eng verbunden, daß ich ihm diesen Auftrag zugesagt hatte. Ihm fühlte ich mich seit dem «Blauen Licht» zu Dank verpflichtet. Er hatte mich immer großzügig unterstützt und mir eigens für den «Parteitagfilm» auf seinem Gelände ein Haus mit modernen Schneideräumen gebaut.
      Ich hatte die Bedeutung der Frage der Kopieranstalt weit unterschätzt. Das spürte ich, als ich nun vor dem Filmgewaltigen der UFA stand. «Wie können Sie sich überhaupt nur vorstellen», donnerte er mich an, «daß von einem Film, den die UFA vorfinanziert, die Kopien bei Geyer hergestellt werden?»
      «Ich verstehe», sagte ich, «daß dies für die UFA nicht angenehm ist, aber bitte, verstehen Sie, ich bin Herrn Geyer zu tiefstem Dank verpflichtet - er hat mir in meiner Notzeit geholfen und mir jetzt ein wunderbares Schneidehaus gebaut.»
      Klitzsch unterbrach mich mit heftigen Worten: «Wir bauen Ihnen ein noch schöneres, wir sind sogar bereit, der Firma Geyer den Gewinn aus der Herstellung der Kopien zu zahlen, aber wir können nicht zulassen, daß dort die Kopien entstehen.»
      Ihm lief der Schweiß über das Gesicht und mir auch. Ich befand mich in einer unerträglichen Lage. Natürlich begriff ich das Verlangen von Herrn Klitzsch, andererseits fühlte ich mich außerstande, mein

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