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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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brauche, aus Büchern. Ich habe da viel nachzuholen. In meiner Jugend hatte ich nicht die Mittel und die Möglichkeit, mir eine ausreichende Bildung zu verschaffen. Jede Nacht lese ich ein bis zwei Bücher, auch dann, wenn ich sehr spät schlafen gehe.»
      Ich fragte: «Und was ist Ihre Lieblingslektüre?»
      Er antwortete spontan: «Schopenhauer - er war mein Lehrer.»
      «Nicht Nietzsche?» warf ich ein.
      Er lächelte und sagte: «Nein, mit Nietzsche kann ich nicht viel anfangen, er ist mehr Künstler als Philosoph, er hat nicht den glasklaren Verstand wie Schopenhauer.» Das überraschte mich, denn es hieß allgemein, Hitler sei Nietzsche-Anhänger.
      Er fügte hinzu: «Natürlich schätze ich Nietzsche als Genie, er schreibt vielleicht die schönste Sprache, die die deutsche Literatur
    heute aufzuweisen hat, aber er ist nicht mein Leitbild.»
      Um auf ein anderes Thema zu kommen, fragte ich Hitler: «Wie haben Sie den Heiligabend verbracht?»
      Hitler beinahe schwermütig: «Ich bin mit meinem Fahrer ziellos im Auto herumgefahren, über Landstraßen und durch Ortschaften, bis ich müde wurde.»
      Erstaunt sah ich ihn an.
      Er fuhr fort: «Das mache ich jedes Jahr am Heiligen Abend», und nach einer Pause: «Ich habe keine Familie und bin einsam.»
      «Warum heiraten Sie nicht?»
      Hitler: «Es wäre von mir verantwortungslos, wenn ich eine Frau an mich binden würde. Was hätte sie von mir? Sie müßte fast immer allein sein. Meine ganze Liebe gehört nur meinem Volk - und wenn ich Kinder hätte, was würde aus ihnen, wenn einmal das Glück von meiner Seite weichen würde? Ich hätte dann keinen einzigen Freund mehr, und meine Kinder müßten Demütigungen ertragen und vielleicht sogar verhungern.» Er sprach verbittert und erregt, beruhigte sich aber bald und sagte: «Ich versuche, mich dankbar zu erweisen, wo ich nur kann, denn Dankbarkeit ist eine Tugend, die nicht genug gepflegt werden kann. Ich habe an meiner Seite Leute, die mir in schlechten Jahren geholfen haben, denen werde ich die Treue halten, auch wenn sie nicht immer die Fähigkeiten haben, die ihre Stellung erfordert.» Dann sah er mich prüfend an und sagte ganz unvermittelt. «Und was machen Sie, was sind Ihre Pläne?»
      Ich bekam Herzklopfen. «Hat Dr. Goebbels Ihnen nicht berichtet?»
      Hitler verneinte. Erleichtert erzählte ich, daß ich mich nach langem Widerstreben entschlossen hätte, einen Film über die Olympischen Spiele in Berlin zu machen.
      Überrascht sah mich Hitler an. «Das ist eine interessante Aufgabe für Sie. Aber ich dachte, Sie wollten keine Dokumentarfilme mehr machen, sondern nur noch als Schauspielerin arbeiten?»
      «Das stimmt», sagte ich, «und ich mache mit Sicherheit das letzte Mal einen Dokumentarfilm. Ich habe es mir lange überlegt, aber die große Chance, die mir das IOC bot, und ein großartiger Vertrag mit der ‹Tobis› und nicht zuletzt auch der Gedanke, daß wir in Deutschland auf lange Zeit keine Olympiade mehr erleben werden, haben mich schließlich dazu gebracht, ja zu sagen.» Dann erzählte ich Hitler von den Schwierigkeiten des Projekts und von der großen Verantwortung, die mich beunruhige.
      «Das ist falsch, Sie müssen viel mehr Vertrauen zu sich haben was Sie machen werden, wird wertvoll sein, auch, wenn es in Ihren Augen unvollständig sein sollte. Wer, außer Ihnen, sollte einen Olym piafilm machen können? Sie werden dieses Mal auch keine Probleme mit Dr. Goebbels haben, wenn das IOC der Veranstalter der Spiele ist und wir nur die Gastgeber sind.» Zu meiner Überraschung sagte er: «Ich selbst bin an den Spielen nicht sehr interessiert, am liebsten würde ich ihnen fernbleiben...»
      «Wieso das?» fragte ich.
      Hitler zögerte. Dann sagte er: «Wir haben keine Chance, Medaillen zu gewinnen, die Amerikaner werden die meisten Siege erringen, und die Schwarzen werden ihre Stars sein. Das anzusehen, macht mir keine Freude. Und dann werden viele Ausländer kommen, die den Nationalsozialismus ablehnen. Da könnte es Ärger geben.» Auch erwähnte er, daß ihm das Olympiastadion nicht gefalle, die Säulen seien zu schmächtig, der Bau nicht imposant genug.
      «Aber lassen Sie sich dadurch nicht entmutigen, Sie werden sicher einen schönen Film machen.» Dann kam er auf Goebbels zu sprechen und sagte: «Kann ein Mann, der so herzlich lachen kann wie der Doktor, schlecht sein?» Noch ehe ich mich dazu äußern konnte, beantwortete er seine

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