Memoiren 1902 - 1945
Frage selbst: «Nein, wer so lacht, kann nicht schlecht sein.» Ich hatte das Gefühl, daß Hitler sich seines Urteils über Goebbels trotzdem nicht ganz sicher war.
Ich stand auf, da ich den Eindruck hatte, Hitler wollte das Gespräch beenden. Was nun geschah, habe ich nie begriffen. Hitler sah mich einen Augenblick an, zögerte ein wenig und sagte dann: «Bevor Sie mich verlassen, möchte ich Ihnen etwas anvertrauen. Bitte, kommen Sie mit.» Dann führte er mich durch den Flur und öffnete eine verschlossene Tür. In dem Zimmer stand eine mit Blumen geschmückte Mädchenbüste. «Ich erzählte Ihnen, warum ich nie heiraten werde, aber dieses Mädchen», sagte er und deutete dabei auf die Büste, «ist Geli, meine Nichte. Ich habe sie sehr geliebt - sie war die einzige Frau, die ich hätte heiraten können. Aber das Schicksal wollte es nicht.»
Ich wagte nicht zu fragen, woran sie gestorben ist. Erst viel später erfuhr ich von Frau Schaub, daß sie sich erschossen hat, hier in dieser Wohnung. Am Abend vorher hatte sie einen Liebesbrief von Eva Braun in Hitlers Manteltasche gefunden. Gelis Tod soll Hitler nie überwunden haben.
Als ich mich verwirrt verabschiedete, sagte Hitler: «Ich wünsche Ihnen Glück für Ihre Arbeit. Sie werden es schon schaffen.»
Winterolympiade in Garmisch
A m 6. Februar 1936 wurden in Garmisch-Partenkirchen die Olympischen Winterspiele eröffnet. Vierundzwanzig Stunden zuvor war es noch ungewiß, ob sie abgehalten werden konnten. Es hatte lange Zeit nicht geschneit, die Wiesen und Waldschneisen waren mehr grün als weiß. Aber in der Nacht vor Beginn der Spiele fiel der ersehnte Schnee in großen Mengen und verwandelte Garmisch-Partenkirchen in eine prächtige Winterlandschaft.
Ich hatte mich im «Garmischer Hof» einquartiert, um als Zuschauerin die Spiele zu erleben, aber auch um zu beobachten und zu lernen, wie sportliche Ereignisse am besten mit der Filmkamera einzufangen sind. Einige meiner Kameraleute probierten Apparate, Optiken und Filmmaterial aus.
Überraschend hatte Goebbels sich entschlossen, auch einen Olympiafilm zu machen. Er beauftragte damit Hans Weidemann, einen Mann von der Filmabteilung seines Ministeriums. Für mich gab es keinen Zweifel, daß er mir beweisen wollte, wie gut und wie schnell man einen Olympiafilm drehen kann. Ich wurde oftmals gefragt, warum ich nicht auch den Film über die Winterolympiade produziert habe. Das hätte mich schon gereizt, aber ich sah es als unmöglich an, zwei Filme in ein und demselben Jahr herzustellen. Deshalb hatte ich verzichtet. Die Sommerolympiade war mir wichtiger.
In Garmisch kam es zu hinreißenden Wettkämpfen. Phänomenal war wieder Sonja Henie, die nach zehn Weltmeisterschaften nun ihre dritte Olympische Goldmedaille gewann. Zu einem Erlebnis wurden auch Maxi Herber und Ernst Baier im Paarlauf. Wenn sie ihren berühmten Walzer tanzten, brachen die Zuschauer in Jubel aus. Bei den Abfahrtsläufen der Männer holte sich der deutsche Hans Pfnür vor dem kleinen, verwegen fahrenden Österreicher Guzzi Lantschner die Goldmedaille. Bei den Damen war es Christi Crantz, damals die «Königin» der Skiläuferinnen. Sie siegte unangefochten.
Die Olympiade in Garmisch wurde ein so großer Erfolg, daß auf einer Sitzung des Internationalen Olympischen Komitees am 5. Juni
1939 in London, nur wenige Monate vor Kriegsbeginn, in geheimer Wahl einstimmig und bei Stimmenthaltung der Deutschen beschlossen wurde, die nächsten Olympischen Winterspiele 1940 wieder nach Garmisch-Partenkirchen zu vergeben.
Dem Goebbels-Film war kein Erfolg beschieden, obgleich ich Herrn Weidemann einige meiner besten Kameraleute, wie Hans Ertl, zur Verfügung stellen mußte. Trotz phantastischer Aufnahmen und der
eindrucksvollen Unterstützung durch das Propagandaministerium wurde der Film im Olympischen Dorf, als er dort im Juli 1936 zum ersten Mal vor den Olympiateilnehmern gezeigt wurde, ausgepfiffen. Das zeigt, wie schwierig es ist, trotz bester Kameraleute und aller technischer Hilfsmittel, einen guten Sportfilm zu machen. Ich hatte das Problem noch vor mir.
Mussolini
D ie Winterspiele waren zu Ende, und ich reiste nach Davos. Kaum war ich angekommen, erhielt ich eine Einladung von Mussolini; sie kam von dem Kulturreferenten der italienischen Botschaft in Berlin. Vor zwei Wochen hatte ich sie schon einmal erhalten, konnte sie aber nicht annehmen, da ich mich in Garmisch befand und auf eine Teilnahme an den
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