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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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ich ernsthaft daran, es zu realisieren. In Berlin-Dahlem fand ich ein geeignetes Grundstück, es hatte eine günstige Lage, nur zehn Minuten vom Kurfürstendamm entfernt, und befand sich doch mitten im Wald.
      Ich zeichnete die Grundrisse und begab mich auf eine Reise durch Deutschland, ich wollte mir Häuser ansehen. Da ich ein Bergfan bin, gefielen mir die Bauten des Garmischer Architekten Hans Ostler besonders gut. Ich ließ mir von ihm Entwürfe anfertigen, die mich so beeindruckten, daß ich ihn und seinen Partner, Architekt Max Ott, beauftragte, mein Haus in Dahlem zu bauen. Noch während der Bauzeit begann ich mit den Vorbereitungsarbeiten für den Olympiafilm. Vorher wollte ich noch einmal beim Klettern richtig ausspannen. Als Begleitung wählte ich den Schweizer Bergführer Hermann Steuri. Er lebte in Grindelwald. Wir trafen uns in Bozen und beschlossen als erste Tour die Überschreitung der Vajolettürme. Bei dieser Kletterei gibt es eine schwierige Stelle, den Winklerriß, der schon neun Tote gefordert hatte. Ausgerechnet in diesem Riß kugelte sich Steuri seinen rechten Arm aus. Eine kritische Situation. Wie er es an dieser so exponierten Stelle schaffte, sich den Arm wieder einzurenken, verstehe ich noch heute nicht - aber es gelang ihm, und er konnte mich auch noch beim Nachklettern sichern. Nach Überquerung der drei Türme seilten wir etwas bedrückt an der Delagokante ab.
      Die nächsten Klettertouren konnte Steuri wegen zu starker Schmerzen nicht mehr führen. Als dritter Mann machte er aber noch alle weiteren Klettereien mit, für die ich den italienischen Bergführer Marino engagieren konnte.
      Jeden Tag unternahmen wir eine andere Tour, die meisten im Rosengartengebiet. Ich genoß diese Tage und war glücklich, weil es mir immer leichter fiel, auch schwierige Routen zu durchsteigen.
      Oft wurde ich gefragt, warum mich Klettern so begeistert, da ich doch als Berlinerin ein «Stadtmensch» sei. Das hat verschiedene Gründe: Die Berge haben auf mich immer große Anziehungskraft ausgeübt, insbesondere die Dolomiten, für mich ein Zaubergarten. Inmitten einer Berglandschaft fühle ich mich freier und gesünder. Bei keinem anderen Sport - ausgenommen das Tauchen - kann ich mich so gut erholen. Besonders bei schwierigen Klettereien, wenn man sich vollständig auf Griffe und Tritte konzentrieren muß, werden alle anderen Gedanken ausgeschaltet. Klettern ist das Beste für strapa
zierte Nerven, anders als Skilaufen, bei dem man von Skirowdies umgefahren und auch ohne eigenes Verschulden verletzt werden kann. Für mich wurde Klettern eine wahre Leidenschaft.

    «Tag der Freiheit»

    N ach der Rückkehr aus den Dolomiten mußte ich für zwei Tage nach Nürnberg, um mein Versprechen einzulösen, dort einen Kurzfilm über die Wehrmachtsübungen auf dem Reichsparteitag 1935 zu drehen. Es war der Komplex, den ich im «Triumph des Willen» zum Ärger der Generäle nicht eingeschnitten hatte.
      Für diese Arbeit wurden fünf Kameraleute verpflichtet, unter ihnen der geniale Zielke, Ertl, Frentz, Lantschner und Kling. Außer den Wehrmachtsübungen, die an einem Tag stattfanden, brauchten wir keine weiteren Aufnahmen zu machen.
      So entstand ein Kurzfilm mit einer Laufzeit von ungefähr 25 Minuten, für den Peter Kreuder eine sehr schmissige Musik komponierte. Er erhielt den Titel «Tag der Freiheit», entsprechend dem Namen des Parteitages.
      Meine Firma, die sich seit 1934 «Reichsparteitagfilm» nannte, verkaufte den Film an die UFA, die ihn im Beiprogramm als «Lokomotive» für einen ihrer schwächeren Spielfilme einsetzte.
      Die Kameraleute hatten hervorragend gearbeitet. Die Mitarbeit von Zielke, der besonders bei der Tonuntermalung der Aufnahmen, in Zusammenarbeit mit Guzzi Lantschner, neuartige Effekte erzielte, verschaffte dem Film künstlerisches Format.
      Als er fertiggestellt war, wurde ich gebeten, ihn in der Reichskanzlei vorzuführen. Um eine Versöhnung mit der Wehrmacht herbeizuführen, hatte Hitler eine kleine Premiere arrangiert und viele Generäle mit ihren Damen eingeladen. Abends um acht Uhr sollte die Vorführung beginnen.
      Noch zehn Minuten vor acht kämpfte ich bei mir zu Hause mit meinen wilden Haaren und bekam keine vernünftige Frisur zusammen. Wie eine Irre raste ich mit meinem Wagen durch Berlin. Nur der damals noch schwache Autoverkehr bewahrte mich vor einem Unfall. Als ich gehetzt und mit wirren Locken in der Reichskanzlei ankam, hatte ich mich um

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