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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Reaktion.
      Mit einer wegwerfenden Handbewegung sagte Goebbels verächtlich: «Ich habe Ihnen doch gleich gesagt, daß Sie diesem Schmierfink nicht trauen können.» Ich nickte nur zustimmend. Nach dieser Be
merkung hielt ich es für unwahrscheinlich, daß Goebbels sich die Zeit nehmen würde, Jägers Geschichten noch zu lesen.
      Ich muß einen Schutzengel gehabt haben, nur ganz knapp bin ich einer großen Gefahr entgangen.

    «Penthesilea»

    V on nun an sah ich für mich nur eine Aufgabe, den «Penthesilea»Film. Für diese Produktion hatte ich nach meiner Rückkehr aus den USA die «Leni Riefenstahl Film GmbH» gegründet. Die «OlympiaFilm GmbH» war ausschließlich für die Herstellung der Olympiafilme ins Leben gerufen worden, und in meiner «Studio-Film», die ich in «Reichsparteitagfilm» umbenannt hatte, konnte ein so teures Filmprojekt wie «Penthesilea» nicht produziert werden, das Risiko wäre, da sie eine offene Handelsgesellschaft war, zu groß. Der beispiellose internationale Erfolg der Olympiafilme machte die Finanzierung meines neuen Films nicht schwierig. Die Mitteilung vom «Promi», daß «Penthesilea» unter Nr. 1087 ins Titelregister eingetragen wurde, bedeutete den Startschuß für mich.
      Ich war mir bewußt, daß die Verfilmung dieses Stoffs gewaltige Schwierigkeiten mit sich brachte. Entscheidend würde der Stil des Films sein. Das Thema stand auf des Messers Schneide zwischen Erhabenem und Lächerlichem - es gab da keine Mitte. Entweder es würde ein großes Werk oder es würde völlig mißlingen.
      Um diese Aufgabe bewältigen zu können, mußte ich soweit als möglich entlastet werden. Vor allem von organisatorischen Dingen. Ich hatte Glück. Meine Mitarbeiter hatten viel gelernt und sich in ihrem Beruf qualifiziert. Außerdem waren sie meine Freunde. Ihnen konnte ich Vertrauen schenken. Das waren vor allem meine beiden Prokuristen Waldi Traut und Walter Großkopf.
      Vor den eigentlichen Vorarbeiten mußte vor allem meine Sprache ausgebildet werden. Die Rolle verlangte viel von der Stimme. Auch sollte ich als Königin der Amazonen das Können einer Zirkusreiterin besitzen. Trotz meiner vielseitigen sportlichen Tätigkeiten hatte ich mit Ausnahme meines gescheiterten Versuchs in Kalifornien noch keine Gelegenheit gehabt, reiten zu lernen. Täglich nahm ich nun Reitstunden. Wie bei anderen Sportarten fiel es mir auch hier leicht, und es machte mir großen Spaß. Ich mußte auf ein galoppierendes Pferd springen und ohne Sattel reiten können. Mit meiner Kollegin Brigitte Horney, einer erfahrenen Reiterin, die nicht weit von mir entfernt auch in Dahlem wohnte, konnte ich schon bald Ausritte durch den Grunewald machen.
      Auch meine Figur sollte der einer Amazone ähnlich werden. Dazu mußte ich hart trainieren. Jeden Morgen kam ein Sportlehrer, der mit mir die notwendigen Übungen machte. Tagsüber befaßte ich mich vor allem mit dem Schreiben des Szenarios. Auch mußten schon die wichtigsten Mitarbeiter ausgewählt werden. Als Komponist kam für mich nur Herbert Windt in Frage. Für die Bauten verpflichtete ich Herlth und Röhricht, die begabten Filmarchitekten, die fast alle Filme von Murnau und Fritz Lang ausgestattet hatten.
      Mein Leben war so mit diesem Projekt ausgefüllt, daß mir für gesellschaftliche Verpflichtungen keine Zeit blieb. Ich vermißte sie auch nicht. Schon seit meiner Jugend hatte ich kein Interesse daran. Selbst in dem Klub «Kameradschaft der Künstler», Treffpunkt der Prominenz, den auch Goebbels und andere Minister häufig besuchten, war ich nicht ein einziges Mal. Hatte ich den Wunsch, einen Künstler näher kennenzulernen, dann lud ich ihn ein. Mir war es am liebsten, mich mit einem Menschen allein zu unterhalten.
      Zu meinen Besuchern in dieser Zeit gehörte Gertrud Eysoldt, damals die beste Penthesilea-Interpretin. Sie war eine der Lieblingsschauspielerinnen Max Reinhardts gewesen und hatte am Deutschen Theater alle großen Rollen gespielt. Von meiner Idee eines «Penthesilea»-Films war sie so fasziniert, daß sie bereit war, die Rolle mit mir zu studieren.
      Auch Emil Jannings war gern bei mir zu Gast. Ich hatte ihn durch Sternberg bei den Aufnahmen zum «Blauen Engel» kennengelernt. Unsere Unterhaltung verlief aufregend. Sein letzter Film «Der zerbrochene Krug», nach Heinrich von Kleists Lustspiel, in dem er die Rolle des Dorfrichters Adam spielte, hatte mir nicht gefallen. Nach meiner Ansicht war das verfilmtes Theater, und

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