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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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blaue Licht». Der Mädchengestalt gab ich den Namen Junta. Woher mir dieser Name zuflog, wußte ich nicht, ich hatte ihn vorher noch nie bewußt gehört.
      Das Exposé zeigte ich meinen Freunden. Es gefiel ihnen. Dann übergab ich es einigen Filmproduzenten, denen es nicht gefiel. Sie fanden die Geschichte langweilig. Schließlich gab ich es meinem Regisseur. Gespannt wartete ich auf sein Urteil. Er meinte, die Handlung sei nicht so schlecht, erfordere aber große Geldmittel.
      «Wieso große Geldmittel?» fragte ich überrascht, «fast alle Aufnahmen können in der Natur gemacht werden, und außerdem benötigt man doch nur ein paar Darsteller.»
      Fanck: «Du stellst dir den Film doch in Form einer Legende oder eines Märchens vor. Um das zu verwirklichen, müßten alle Naturaufnahmen stilisiert sein, wie es Fritz Lang in seinen «Nibelungen» gemacht hat. Er baute den Wald und die anderen Naturmotive für enormes Geld im Atelier, und nur dadurch konnte er eine unrealistisch wirkende Natur schaffen.»
      Ich widersprach. «Gerade das möchte ich vermeiden, nichts soll an Atelier und Pappe erinnern. Ich sehe die Motive in der Natur auch stilisiert, aber nicht durch künstliche Bauten, sondern durch die Art der Bildausschnitte, vor allem aber durch den Einsatz der Lichtquellen. Mit Licht kann man mit der Kamera zaubern und, wenn man dann zusätzlich noch mit Farbfiltern arbeitet, durch die man die Tonwerte verändern kann, muß es gelingen, die Natur zu verfremden und so die Stilisierung zu erreichen.»
      Fanck, der bei meinen Worten nachsichtig und ironisch lächelte, sagte dann: «Wie willst du denn die Felswände, in denen du in deiner Rolle zu klettern hast, unrealistisch fotografieren? Fels wird immer wie Fels aussehen.»
      Ein gewichtiges und überzeugendes Gegenargument, das mich tief bestürzte.
      Fanck triumphierend: «Schlag dir dieses Projekt aus dem Kopf, es ist die reine Spinnerei.»
      War mein Traum denn wirklich unerfüllbar? Tagelang, nächtelang grübelte ich und dachte darüber nach, wie ich die realistischen Felswände in meine Märchenwelt so einbeziehen konnte, daß sie zu meinen anderen Bildvisionen paßten.
      Und tatsächlich fand ich schon nach wenigen Tagen die Lösung eine sehr einfache. Ich würde die Felswände durch Nebelschwaden verschleiern, so könnten sie nicht mehr realistisch, sondern geheimnisvoll wirken. Dieser Einfall verjagte meine depressive Stimmung blitzartig. In die Idee meines Projekts war ich schlechthin vernarrt, aber ich wollte sie unbedingt nur so ausführen lassen, wie sie mir vorschwebte. Wie war das aber zu bewerkstelligen? Ich hatte mir zwar einiges gespart, doch bei weitem nicht die Summe, die ich benötigte. Auf das teure Atelier konnte ich verzichten. Schon beim Verfassen des Exposés hatte ich fast alle Spielszenen ins Freie verlegt. Die wenigen Szenen in den Innenräumen wollte ich mit Hilfe eines Lichtwagens an den Originalplätzen drehen. Die Gage für die weibliche Hauptrolle würde entfallen, da ich sie an mich selber auszahlen müßte.
      Das finanzielle Hauptproblem war das Honorar für den Regisseur. Würde ich einen finden, der mit einer Bezahlung auf Kredit, wenn der Film Gewinn bringen sollte, einverstanden wäre? Daß ich selbst die Regie übernehmen würde, daran hatte ich zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht gedacht. Die wenigen Rollen wollte ich, mit Ausnahme der männlichen Hauptrolle, mit Laien besetzen, was in der damaligen Zeit - es war das Jahr 1931- noch üblich war. Die ideale Besetzung für die Rolle des «Vigo» war für mich Mathias Wieman. Damals war er im Film noch fast unbekannt, hatte sich aber auf der Bühne schon einen Namen gemacht. Er war kein Schönling, sondern ein junger, herber, romantischer Typ mit einer überzeugenden Ausstrahlung. Aber es war noch zu früh, mit ihm Kontakt aufzunehmen.
      Am wichtigsten erschien es mir, einen guten Mitarbeiter für das Drehbuch zu finden. Ich wandte mich an Bela Balazs, der zu den besten Filmautoren der damaligen Zeit zählte, aber auch Opernlibretti geschrieben hatte wie für Bertons «Herzog Blaubarts Burg». Zu meiner freudigen Überraschung war Balazs von dem Stoff so begeistert, daß er sich bereit erklärte, auch ohne Gage das Drehbuch mit mir zu schreiben. Als Kameramann wäre Hans Schneeberger der Beste. Würde ich eine so enge Zusammenarbeit mit ihm ertragen können? Zwei Jahre waren erst vergangen, seitdem wir uns getrennt hatten. Trotz der

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