Memoiren 1945 - 1987
ein kleines Zimmer, in dem wir uns auf einer Heizplatte etwas kochen konnten. Wir lebten hierbilliger als in München, vor allem gesünder. Meine Wohnung hatte ich wieder vermieten können.
Noch ehe ich mich von meinen Sorgen etwas erholen konnte, erhielt ich neue Hiobsbotschaften. Mein Pariser Anwalt teilte mir mit, Alexandrov habe in seinem Berufungsverfahren gewonnen. Es tröstete mich auch nicht, daß dieser «Sieg» Alexandrovs nur auf einen formalen Fehler des Gerichts erfolgte und nicht auf einen neuen Tatbestand. Das Urteil besagte, eine Verurteilung Alexandrovs sei nur durch einen Strafprozeß möglich, nicht aber auf dem Wege einer Zivilklage, wie mein Anwalt den Prozeß geführt und auch gewonnen hatte. Für einen Strafprozeß war aber ein anderes Gericht zuständig. Eine neue Klage mußte erhoben werden.
Neuer Zündstoff für neue gehässige Kommentare. Kein Blatt erwähnte, wie das zweite Urteil zustande gekommen war. Die Leser mußten glauben, die von Alexandrov geschriebenen Ungeheuerlichkeiten seien wahr, und so blieb ich für Sensationsjournalisten ein «Nazi-Ungeheuer».
Vor keiner Dokumentenfälschung schreckte man zurück. Liebesbriefe, die Streicher mir geschrieben haben sollte, gab es in französischen Zeitungen zu lesen. Die «Humanité» und einige Gazetten in der DDR stellten mich auf eine Stufe mit perversen Verbrechern. Es gab überhaupt nichts, was man mir nicht zumutete. In anderen Zeitungen las ich, ich wäre eine «Kultursklavin der Sowjets» geworden und hätte meine Filme für Mengen von Rubeln an die «Mos-Film» in Moskau verkauft.
Ein Silberstreifen am Horizont
M ein Freund Philip, der sich mit soviel Enthusiasmus für mich eingesetzt hatte, war von dem, was er in London und Paris erlebte, so entmutigt und enttäuscht, daß er keine weiteren Versuche machte, seinen Wunschtraum, «Das blaue Licht» mit mir zu realisieren. Er blieb lange in der Südsee, wo er mit Unterstützung seiner Frau einen Film drehte.
In dieser Zeit großer Hoffnungslosigkeit kam von Dr. Ron Hubbard aus Südafrika ein Brief, der im ersten Augenblick Hoffnungen in mir erweckte. Er lud mich nach Johannisburg ein, um einen Dokumentarfilm über Südafrika zu machen, Geld sei kein Problem. Auch wollte man für moderne Film- und Tonstudios, die dort entstehen sollten, meine Mitarbeit gewinnen. Ich bekam Herzklopfen, so aufregend war der Gedanke, doch noch einmal arbeiten zu dürfen, und dazu in Afrika.
Aber in dieses Glücksgefühl fiel ein Schatten. Zuerst war es nur ein leises Unbehagen, das sich in meine Freude mischte, dann aber wußte ich, was es war. Ich erinnerte mich an «Die schwarze Fracht», bei der ich oft erlebt habe, wie unsere schwarzen Boys von einigen Engländern behandelt wurden. Für mich waren sie gleichwertige Menschen. Ich dachte auch an die stolzen Gestalten der Masai. Wie könnte ich in einem Land leben, in dem zwischen den Farbigen und mir eine Trennmauer bestünde. Ich wußte, daß ich in Südafrika nicht arbeiten kann. Man würde mich schon in den ersten Tagen des Landes verweisen. Seine Gesetze waren damals, als ich diese Einladung erhielt, noch viel extremer, als sie es heute sind. Ich dankte Dr. Hubbard für seinen großzügigen Vorschlag, verschwieg aber nicht, warum ich ihn nicht annehmen könnte.
Michi Kondo, ein junger Japaner, besuchte mich in den Bergen. Mit ihm und seinen beiden Brüdern war ich seit einigen Jahren befreundet. Ich hatte sie in Berlin, anläßlich der Wiederaufführung der Olympiafilme, im «Titania-Palast» kennengelernt. Die jungen Männer hatten nach der Vorstellung auf mich gewartet und begeistert erzählt, sie hätten als Kinder diese Filme in Tokio mindestens zehnmal gesehen. Zum Beweis summten sie mir einige Themen der Filmmusik vor, auch konnten sie mir fast genau die Schnittfolge der sportlichen Komplexe aufzählen. Aus dieser Begegnung entwickelte sich meine Sympathie für Japan.
Die Brüder Kondo hatten in West-Berlin ein gutgehendes Imund Exportgeschäft, in dem sie vor allem japanische Elektro-Geräte verkauften. Michi und sein Zwillingsbruder Joshi hatten deutsche Frauen geheiratet, der jüngste von ihnen, Yasu, hielt sich damals noch in Tokio auf. Typisch an ihnen schien ihre unglaubliche Begeisterungsfähigkeit. Sie waren überdurchschnittlich intelligent und an allem interessiert, was es in Deutschland gab. Mit Anteilnahme hatten sie mein Schicksal verfolgt und sich bemüht, mir zu helfen. Ihnen verdanke ich
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