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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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die Schilluks und die Dinka. Aus solchen Mosaiken sollte der Film gebaut werden.
      Der Nil ist einer der bedeutendsten Ströme unserer Erde. Seit Jahrtausenden hat er die Geschichte der Völker beeinflußt wie kaum ein anderer Strom. Er schuf große Kulturen, und doch wurden seine drei geheimnisvollen Quellen erst im vorigen Jahrhundert entdeckt. Allein die Erforschung dieser Quellen ist ein Drama für sich. Der Film sollte die Geschichte eines Stroms werden, der im Herzen Afrikas entspringt und dessen Lauf durch Uganda, Sudan, Abessinien und Ägypten zum Mittelmeer führt — zur Wiege der abendländischen Kultur.
      Ziemlich erschöpft, aber erfolgreich kamen Michi und Joshi von ihrer Afrikareise zurück. Sie hatten alles erreicht, was sie wollten, in Kairo sogar die Genehmigung erhalten, den Staudamm in Assuan, den die Russen bauten, zu filmen. Nur im Sudan, dem wichtigsten Land für unsere Aufnahmen, hatten sie nichts erreicht: Der hierfür zuständige Minister befand sich im Urlaub. Auf einer Blitzreise sollte ich noch wichtige Aufnahmeplätze besuchen — die Gebiete in Uganda, wo die Nilquellen entspringen, den Ruwenzori und die Murichson-Falls. Vor allem aber kam es darauf an, in Khartum die Drehgenehmigung für die im südlichen Sudan gelegenen «closed districts» zu erhalten, ohne die der Film nicht gemacht werden konnte.
      Ich hatte Glück, noch im letzten Augenblick bei der «MarcoPolo»-Reisegesellschaft einen Platz für einen 17tägigen Flug nach Ägypten, Uganda und den Sudan zu erhalten. Wie eine Lawine hatte mich die Arbeit in den letzten Wochen überrollt. Ich wachte erst auf, als wir in Luxor landeten. Es war so glühend heiß, daß ich nur den einen Wunsch hatte, in kaltes Wasser zu springen. Anders als in Luxor war es in Uganda, wo wir in Entebbe landeten, kalt und regnerisch. Dafür konnten wir uns einen Tag in einem Traumhotel ausruhen — umgeben von einem Park mit Palmen und einer Fülle herrlicher Blumen —, auch war die Sonne bald wieder da.
      Der nächste Tag war anstrengend. Zehn Stunden fuhren wir über holprige und verstaubte Straßen zum «Queen Elizabeth-Park», einem der schönsten Tierreservate Ostafrikas. Hier hatte ich vor fünf Jahren Aufnahmen für «Die schwarze Fracht» gemacht, und nun befand ich mich wieder auf dem gleichen Platz, von dem ich damals plötzlich nach München abberufen wurde. Ich wollte nicht mehr daran denken.
      Am interessantesten erschien mir die Gegend um den Ruwenzori, den höchsten Berg Ugandas, dessen Gipfel meist von Wolken umhüllt ist. Die vielen Regenfälle lassen alles in tropischer Pracht blühen und wachsen. Hier besuchten wir auch die Pygmäen. In den dichten Wäldern führten sie noch ihr natürliches Leben. Sie kannten aber schon Touristen und bettelten um Geld.
      Der wichtigste Auftrag lag noch vor mir, die Drehgenehmigung in Khartum. Hiervor hatte ich Angst, denn im Falle der Verweigerung wäre dies das Todesurteil unseres Films gewesen. Alle Personen, die den Südsudan besucht hatten — damals waren das nur wenige —, berichteten von den großen Schwierigkeiten, Eingeborene zu fotografieren. Einige, die es versuchten, wurden sogar ins Gefängnis gesteckt, oder man nahm ihnen die Kameras weg.
      Da unser Flugzeug nur einen Tag in Khartum Station machte, blieb mir wenig Zeit. Es war August, der heißeste Monat in dieser Stadt. In dem alten Gebäude, in dem die Direktion für den Tourismus untergebracht war, wurde ich schon erwartet. Die Uhrzeit war schriftlich vereinbart worden. Hier lernte ich den ersten Sudanesen kennen, und er war mir sofort sympathisch. Er war Direktor der Abteilung Tourismus und hieß Ahmed Abu Bakr. Sein Alter schätzte ich auf fünfzig Jahre, das volle Haar war graumeliert, sein Gesicht strahlte Wärme und Herzlichkeit aus. Wir hatten sofort Kontakt, und da er gut englisch sprach, konnten wir uns ohne Dolmetscher unterhalten. Wie in arabischen Ländern üblich, spricht man nicht sofort über den Zweck des Besuchs. Es wurden Kaffee und Zitronenwasser gebracht. Über unseren Köpfen drehte sich ein riesengroßer Propeller, Klimaanlagen gab es damals in Khartum nur wenige.
      Ahmed Abu Bakr erzählte, er habe im Krieg als Oberst mit den Engländern gegen Rommel gekämpft, den er sehr bewunderte. Überhaupt war er ausgesprochen deutschfreundlich, so daß ich bald das Gefühl bekam, einiges bei ihm erreichen zu können. Er zeigte mir dann verschiedene Ölbilder, die er gemalt hatte, darunter auch

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