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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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ein Einzelzimmer, obwohl ich ein Patient der dritten Klasse war.
      Als ich nach einem Monat entlassen wurde, hatte auch meine Mutter ihre Krise überwunden. Unsere Wohnung war noch vermietet, und so reiste ich mit ihr wie in fast jedem Winter in die Berge. Wir bewohnten gemeinsam ein bescheidenes Zimmer, fühlten uns aber doch sehr viel wohler als in der Großstadt.

    Ein letzter Versuch

    A llerdings war dieses bißchen Glück nicht von langer Dauer. Weder meine Mutter noch ich bezogen eine Rente, und der einzige Vermögenswert, den meine Mutter noch besaß, ihr Haus und Grundstück in Zernsdorf, befand sich in der DDR. Auf mehrfache Anfragen bei dem Bürgermeister dieses Ortes, der, wie uns Verwandte aus der DDR mitteilten, das Haus meiner Mutter bewohnt, haben wir nie eine Antwort erhalten. Unsere Kasse reichte auch bei größter Sparsamkeit nur noch für wenige Monate. Was dann kommen würde, stand in den Sternen.
      Als erstes versuchte ich zu verkaufen, was wir noch besaßen, nur von meinen zwei Leica-Kameras wollte ich mich nicht trennen. Dabei besaß ich noch große Werte — die Urheberrechte, die Negative und Kopien meiner Filme, die aber wegen des systematisch betriebenen Rufmords kaum jemand mehr zu spielen wagte. Trotzdem wollte ich es noch einmal versuchen. Ich schrieb an die Programmdirektoren fast aller deutscher Fernseh-Gesellschaften und bot ihnen die Filme «Das blaue Licht», «Olympia» Teil I, «Fest der Völker» und «Olympia» Teil II, «Fest der Schönheit» sowie «Tiefland» an. Beigelegt hatte ich eine kleine Broschüre, in der die Auszeichnungen, die diese Filme erhalten hatten, aufgeführt waren sowie in- und ausländische Kritiken, Inhaltsangaben, Zensurkarten etc. Ich erhielt nur Absagen. Die Arbeit meiner Feinde war perfekt. Mein Name war in Deutschland ausgelöscht. Was nützte es mir, daß fast alle ausländischen Filmmuseen Kopien meiner Filme besitzen. Hier wollte niemand mehr etwas von mir wissen. Im Gegensatz dazu erhielt ich eine Einladung der Universität Los Angeles, Vorträge über meine Filmarbeiten zu halten, und man versicherte mir gleichzeitig, ich hätte keine Proteste zu befürchten. Es war nicht die erste Einladung, die ich von einer Universität aus den USA erhielt, hatte aber bisher nie den Mut aufgebracht, ihnen zu folgen, um nicht möglichen Demonstrationen ausgesetzt zu sein. Aber jetzt, da es in Deutschland keine Chance mehr für mich gab, dachte ich ernsthaft an eine Zusage.
      Ein Besuch ließ mich diese USA-Reise schnell wieder vergessen. Vielleicht gab es doch noch eine Chance, nach Afrika zu kommen. Sollte dies Realität werden, würde ich nicht nur auf Vorträge in den USA verzichten, sondern auf jede andere Arbeit, selbst wenn sie finanziell noch so verlockend wäre. Afrika hatte etwas in mir ausgelöst, ein Feuer, das mich verzehrte.
      Mein Besucher war Herr Luz, Leiter der «Deutschen NansenGesellschaft» in Tübingen. Wir hatten schon miteinander korrespondiert, kannten uns aber persönlich noch nicht. Oskar Luz hatte mit Dr. Sorge, der mit uns in Grönland war, eine schwierige Durchquerung von Spitzbergen gemacht. Er berichtete mir auch von seinen abenteuerlichen Expeditionen durch Guinea und Westafrika. Durch eine kleine Zeitungsnotiz hatte ich erfahren, daß er eine neue
Expedition vorbereitete, die durch den Sudan führen sollte. Das hatte mich elektrisiert und veranlaßt, ihm sofort zu schreiben.
      Nun saß er mir mit seiner Frau, seiner Tochter und seinem Sohn gegenüber. Es wurde ein langes Beisammensein. Nicht nur ich, auch Herr Luz war vom Afrika-Fieber befallen. Wir besprachen die Möglichkeit einer Zusammenarbeit, in der Tat verbanden uns gemeinsame Interessen.
      Die «Deutsche Nansen-Gesellschaft» war eine gemeinnützige anerkannte Institution. Seit Jahren unternahm sie Forschungsreisen mit völkerkundlichen Zielsetzungen. Ihre Ergebnisse waren bisher nur wissenschaftlich ausgewertet worden. Von der neuen Expedition wollten sie einen Dokumentarfilm herstellen. Herr Luz war der Überzeugung, unter meiner Regie und bei meiner Afrika-Begeisterung könnte ein wertvoller Film geschaffen werden.
      Für mich stand fest, daß ich die Expedition mitmachen würde, ob mit oder ohne Film. Auch die Strapazen der Reise, die Herr Luz mir beschrieb, konnten mich nicht abschrecken. Er sagte, die Reise sei mit Jagd- und Fotosafaris nicht vergleichbar, an Hotel und Rasthäuser könne wegen der hohen Kosten nicht gedacht werden. Weder

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