Memoiren 1945 - 1987
Zelte noch Betten würden mitgenommen, nur Matratzen und Schlafsäcke.
Durch Ballett-Training, Bergsteigen und Skilaufen gut trainiert, traute ich mir trotz meiner sechzig Jahre noch allerhand Strapazen zu. Daß ich die einzige Frau unter fünf Männern sein würde, war ich von meinen Bergfilmen gewohnt. Außer Herrn Luz sollte sein Sohn Horst als Kameramann mitkommen, sein Schwiegersohn als Arzt und Expeditionshelfer sowie zwei junge Wissenschaftler, einer von ihnen vom Max-Planck-Institut.
Wir verabschiedeten uns als gute Freunde. Da die Expedition schon in zwei Monaten starten wollte, wurde vereinbart, daß ich eventuell nach Khartum mit dem Flugzeug nachkomme, um mehr Zeit für die Filmvorbereitungen zu haben.
Vorbereitungen für die Expedition
N ach dieser Zusammenkunft fühlte ich mich wie neu geboren. Ich sah wieder eine Aufgabe, ein Ziel. Alle Probleme erschienen mir lösbar, selbst meine körperlichen Beschwerden verschwanden. Mit großem Elan ging ich an die Vorbereitungen. Noch nie waren die Möglichkeiten so ideal, mit so geringen Mitteln einen guten Dokumentarfilm in Afrika zu machen. Allein die Erlaubnis der sudanesischen Regierung, die ich in Khartum von Abu Bakr erhalten hatte, war unbezahlbar. Wäre ich in Deutschland nicht so diffamiert worden, hätte jede Fernseh- oder Filmgesellschaft diesen Film finanziert. Von Ron Hubbard hatte ich seit meiner Absage der südafrikanischen Projekte nichts mehr gehört, Philip Hudsmith befand sich immer noch in der Südsee, und meine japanischen Freunde, die Brüder Kondo, waren seit dem Bau der Berliner Mauer nach Tokio zurückgekehrt. Aber ich war überzeugt, es irgendwie doch zu schaffen.
Dieser Expeditionsfilm konnte nicht nach einem festgelegten Manuskript gedreht werden. Er mußte improvisiert werden — ich wollte ihn «Afrikanisches Tagebuch» nennen. Außer einem Kameramann und Assistenten würde nur ein Geländewagen benötigt werden. Heinz Hölscher, mein Kameramann bei der «Schwarzen Fracht», war von dieser Aufgabe so fasziniert, daß er bereit war, sein Honorar für die neun Monate dauernde Expedition zurückzustellen. Das gleiche Entgegenkommen zeigte auch sein Assistent.
Die Herstellungskosten wurden durch weitere Rückstellungen von Filmmaterial, Kopieranstaltsleistungen und Kameraleihmiete so stark reduziert, daß wir nur 95 000 DM benötigten. Diese für einen Farbfilm über eine Afrikaexpedition geringe Summe mußte doch, so hoffte ich, mühelos aufzutreiben sein.
Ich erinnerte mich an ein Gespräch mit Abu Bakr in Khartum, in dem er mir den Rat gab, mich mit Alfried Krupp von Bohlen und Halbach in Verbindung zu setzen. Er hätte im vergangenen Jahr mit einer Jagdgesellschaft den Südsudan besucht und wäre von der Expedition begeistert gewesen.
Bisher hatte mir der Mut gefehlt, mich an Herrn von Krupp zu wenden — aber nun wollte ich es versuchen. Zu meiner Überraschung erhielt ich postwendend Antwort. Allerdings hatte ich in meinem Brief nichts von einer Finanzierung erwähnt, sondern nur um Informationen über seine Erfahrungen im südlichen Sudan gebeten. Wir trafen uns in München im «Continental». Im Hotel wurde ich schon erwartet. Der Empfangschef führte mich in einen kleinen Salon, wo Herr von Krupp mich etwas gehemmt, aber freundlich begrüßte. Aus Zeitschriften war er mir bekannt. Er war groß und schlank, eine fast hager wirkende Erscheinung, von der Noblesse und Distanz ausging.
Es wurde eine lange Unterhaltung. Von meiner Begeisterung angesteckt, berichtete er über seine Abenteuer im Südsudan. Im Gegensatz zu seinen Gästen hatte er wenig Interesse an der Jagd. Sein Hobby war filmen und fotografieren. Dieser in der Welt so bekannte Industriemann, der nach der Verurteilung seines schwerkranken Vaters im Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozeß an dessen Stelle fünf Jahre im Gefängnis verbracht hatte, wirkte bescheiden und scheu, nicht wie der führende Mann eines riesigen Industriekonzerns.
Kurz nach dieser Zusammenkunft bekam ich von Herrn von Krupp ein Paket mit seinen Film- und Fotoaufnahmen. Er hatte die Filme selbst geschnitten und besprochen und bat um Nachsicht, aber auch um Kritik und Ratschläge.
Ich war überrascht, daß er mir dieses wertvolle Material mit der Post sandte. Die Filme und das Farbmaterial, fast 1000 Dias, waren keine Duplikate, sondern ausschließlich Originale. Zum Teil handelte es sich um sehr gute Aufnahmen, für mich von besonderem Wert. Sie
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