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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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schwarzen Gestalten bildeten. Auch Männer sah ich, die mit federnden Schritten in Richtung der Felder gingen. Sie trugen eine Axt über der Schulter und als einziges Kleidungsstück einen breiten schwarzen Ledergürtel, der rückwärts eine glänzende Messingschnalle hatte. Die auf die Felder zugehenden Männer und Frauen nahmen kaum Notiz von uns, einige winkten uns zu.
      Ich lieh mir von unseren Leuten, die die Wagen ausräumten, eine unserer zwei Waschschüsseln aus. Da wir mit Wasser sehr sparsam umgehen mußten und ich mich hier im Freien keinem Blick entziehen konnte, wurde diese morgendliche Reinigung mehr zu einer Katzenwäsche.
      Um die Mittagszeit kamen die Nuba von ihrer Feldarbeit zurück. Einige blieben an unserem Lager stehen. Die Frauen stellten ihre schweren Körbe auf den Boden und ruhten sich, im Schatten sitzend, aus. Die Körbe waren mit roten, gelben und weißen Getreidekolben vollgepackt, ein Getreide, das wir nicht kannten. Die Kinder näherten sich schon langsam unserem Lagerplatz. Der Wind hatte nachgelassen, es wurde ganz windstill.
      Während die Männer sich mit ihren Angelegenheiten beschäftigten, versuchte ich, erste Verbindungen zu den Nuba herzustellen. Ich setzte mich zu den Frauen auf einen Stein und lachte sie an. Das Ergebnis war, daß sie darauf so lachten, daß es gar kein Ende mehr nahm. Dann kam eine ältere Frau auf mich zu und streckte mir ihre Hand entgegen, die ich ergriff. Sie ließ ihre Hand langsam aus meiner herausgleiten und schnalzte dabei mit ihrem Mittelfinger, was die Frauen wieder zu lautem Gelächter hinriß. Nun kamen auch die anderen Frauen und streckten mir ihre Hände entgegen. Alle begrüßten mich mit dem gleichen Schnalzen des Mittelfingers, so daß ich annahm, dies sei der hier übliche Nuba-Gruß. Da sie dabei immer «monnatu» sagten, lernte ich gleich ein wichtiges Begrüßungswort kennen. Ich wendete es bei jeder Gelegenheit, wenn ich mit einem Nuba später in ein Gespräch kommen wollte, mit Erfolg an.
      Sie spürten die Sympathie, die ich ihnen entgegenbrachte, und wurden zutraulicher. Sie berührten meine Arme, deren helle Hautfarbe sie verwunderte. Auch mein blondes Haar betasteten sie zaghaft, wobei sie «jorri» (hübsch) sagten. Wo ich hinging, begleiteten sie mich.
      Leider hatte sich das Verhältnis zwischen den Nansen-Leuten und mir weiter verschlechtert. Sie sprachen kaum noch mit mir und sagten nicht einmal mehr «Guten Morgen» oder «Guten Abend». Während der Fahrt hierher war es zu verschiedenen Unstimmigkeiten gekommen. Über den Werkfilm wurde überhaupt nicht mehr gesprochen.
      Oskar Luz beschloß, nachdem er feststellte, daß sich nur drei Kilometer von unserem Lager entfernt ein Brunnen befand, einige Wochen in Tadoro zu bleiben. Niemand war glücklicher darüber als ich. Einen idealeren Platz hätte er für seine wissenschaftlichen Arbeiten auch kaum finden können. Leider verließ uns Frieder, der nette Lehrer, zu dem die Nansens nicht viel freundlicher waren als zu mir. Er zog es vor, seine Studien in einer sudanesischen Schule, die es in Rheika, in der Nähe des Brunnens gab, fortzusetzen. Die unfreundliche Atmosphäre unter den Nansens behagte ihm nicht. Rolf Engel war da weniger anspruchsvoll. Ihm war keine Entbehrung zuviel, kein Essen zu schlecht. Er war der genügsamste Mensch, den ich je kennengelernt habe. Nichts konnte ihn aus der Ruhe bringen. Gut gelaunt und hilfsbereit, bildete er den ruhenden Pol der Expedition. Solange er in meiner Nähe war, fühlte ich mich beschützt.
      Mehr und mehr Nuba lernte ich kennen, die Mütter und Väter der Kinder, ihre Brüder und Schwestern. Jeder Tag schenkte mir neue Erlebnisse, und immer stärker wuchs meine Zuneigung zu meinen neuen Freunden. Ich wollte mich nicht mehr von ihnen trennen. Vom ersten Augenblick an war mir klar, daß ich ihr Wesen nur dann wirklich erfassen konnte, wenn ich ihre Sprache erlernte. Von Tag zu Tag verstand ich mehr von ihren Worten. Ich hatte immer ein Notizbuch und Bleistift bei mir. «Joka-i» war das wichtigste Wort, das ich erriet, es bedeutet, «was ist das?» Nun brauchte ich nur auf einen Gegenstand zu zeigen und «Joka-i» zu fragen, dann riefen die Kinder das richtige Wort. Schon nach kurzer Zeit war mein Wortschatz groß genug, um mich zu verständigen. Meine Beziehung zu den Nuba wurde dadurch immer besser. Wo ich auftauchte, sangen die Kinder: «Leni buna Nuba — Nuba buna Leni» (Leni hat die Nuba gern — die

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