Memoiren 1945 - 1987
mit mir zu sprechen.
Aber ich hatte auch Glück. Eine deutsche Krankenschwester, die Oberin des Hospitals in Juba, holte mich aus dem abscheulichen Rasthaus und quartierte mich in ihr Haus ein. Zum ersten Mal, seitdem ich Khartum verlassen hatte, schlief ich in einem richtigen Bett, konnte ein WC benutzen und mich auf einen Stuhl mit Rükkenlehne setzen. Besonders genoß ich, daß sich das Haus in einem großen Garten voll blühender Sträucher befand.
Rolf Engel, der noch unter den Nansens war, erwies sich wieder einmal als rettender Engel. Er machte mir den überraschenden Vorschlag, mich mit seinem VW-Bus nach Nimule, der Grenzstation zwischen dem Sudan und Uganda, mitzunehmen. Am nächsten Morgen saß ich tatsächlich neben Rolf im VW-Bus. Er erzählte mir von den Schwierigkeiten, die die Nansens mit ihrem Filmvorhaben bei den Nuern gehabt hatten, wobei ihnen die Millionen Moskitos, die in diesen Sumpfgebieten existieren, das Arbeiten unerträglich machten.
Auf der Straße nach Nimule erreichten wir noch vor Dämmerung die Zollgrenze. Als die Nansens mich mit Rolf Engel erblickten, waren sie außer sich. Rolf bat Luz, mich bis Kampala mitzunehmen, konnte aber nur erreichen, daß ich nicht schon hier rausgeschmissen wurde, von hier wäre ich nie weitergekommen. Als wir Gulu in Uganda erreichten, fuhren sie mich nicht einmal bis zu einem Hotel, sondern stellten meine Gepäckstücke auf die Straße und ließen mich dort stehen.
Ich setzte mich am Straßenrand auf eine meiner Kisten und überlegte, wie es mit mir weitergehen würde. Bleiben konnte ich hier nicht, andrerseits waren Kisten und Seesack zu schwer, ich konnte sie nicht wegtragen und ebensowenig allein stehenlassen. Es war schon dunkel. Im Licht meiner Taschenlampe sah ich Passanten
vorbeigehen. Ich winkte einen jungen Burschen herbei, zeigte auf mein Gepäck und fragte: «Hotel, wo?»
Er schien zu verstehen, lief davon und kam nach wenigen Minuten mit zwei Männern, die gemeinsam mit ihm meine Sachen in das nur wenige Schritte von der Straße entfernt liegende Hotel trugen. Es war eine von den Engländern erbaute Lodge.
Bis Nairobi gab es nur noch einmal ein Problem, die Weiterfahrt von hier nach Kampala, eine weite Strecke, die man, hat man keinen eigenen Wagen, nur mit einem Bus, der von Eingeborenen benutzt wird, zurücklegen kann.
Als ich mich bei Sonnenaufgang zur Omnibus-Haltestelle begab, wartete dort schon eine Menge Menschen, alles Eingeborene, vor allem Frauen und Kinder, die Säcke, Pappkartons und große Körbe mit sich schleppten — mit Bananen, Mangofrüchten und Hühnern darin. Ich zweifelte, ob ich mit meinen Kisten und dem Seesack mitgenommen werden konnte. Der Bus hatte noch nicht gestoppt, da stürzte sich alles auf ihn. Ich blieb mit meinem Gepäck allein stehen. Da kam der Busfahrer, ein kräftiger Schwarzer, packte mein Zeug und verstaute es auf dem schon vollbeladenen Dach seines Wagens. Dann schob er mich mit sanftem Druck in das Innere, wo mich zwei vollbusige Afrikanerinnen in ihre Mitte nahmen. Ich war unter ihnen die einzige Weiße, was ihnen immer wieder Anlaß zum Kichern gab.
In Nairobi
N airobi ist die Stadt, in der ich immer leben könnte — ein Wunschtraum. Das Klima ist das ganze Jahr über angenehm, nie zu heiß, nie zu kalt. Dazu kommen die immer blühenden Gärten und die Möglichkeit, den Indischen Ozean mit seinen weißen Sandstränden in wenigen Stunden zu erreichen. Und bis an den Stadtrand von Nairobi kann man die afrikanische Tierwelt beobachten.
Seit der «Schwarzen Fracht» hatte ich hier viele Freunde, unter ihnen eine Landsmännin, Anne Elwenspoek, die seit Jahren in Nairobi lebte. Sie hatte eine hübsche Wohnung und verwöhnte mich mit ihren Kochkünsten. Die Versuchung, länger hierzubleiben und meine Heimreise zu verschieben, war groß. Ich wollte noch Aufnahmen von den Masai machen, und nun war ich in ihrer Nähe und wußte nicht, ob ich jemals wieder hierherkommen könnte. Bestärkt
wurde dieses Verlangen durch eine Begegnung mit dem Prinzen Ernst von Isenburg, einem älteren Herrn, der seit mehr als dreißig Jahren in Ostafrika lebte, seine Farm am Kilimandscharo verloren hatte und nun als Reiseleiter für die deutsche «Marco Polo»-Gesellschaft arbeitete. Er besaß einen alten VW-Bus und, was für mich das Wertvollste war, er beherrschte die Sprache der Masai und auch die anderer afrikanischer Stämme. Isenburg war bereit, mich mit einigen
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