Memoiren 1945 - 1987
Masai-Häuptlingen zusammenzubringen und mir dadurch das Fotografieren bei ihnen zu ermöglichen. Er machte mir ein einmaliges Angebot. Für seine Tätigkeit als Reiseführer, Fahrer und Koch und die Benutzung des Wagens verlangte er nur 50 Mark pro Tag, exclusiv der Kosten für Benzin und Lebensmittel. Der Grund dieser bescheidenen Forderung war unsere gemeinsame Sympathie für die Masai. Er erzählte, auf seiner früheren Farm in Tanganjika konnten die Masai mit ihren Herden weiden — daher die Freundschaft.
Und doch konnte ich auf diesen Vorschlag nicht eingehen. Ich hatte kein Geld. Es war zum Heulen. Da entschloß ich mich, von einem meiner vermögenden Bekannten ein Darlehen zu erbitten. Telegrafisch bat ich Ady Vogel, den Besitzer von Schloß Fuschl, den «Salzbaron», mir 3000 Mark zu überweisen.
Tatsächlich wurde mir schon in wenigen Tagen diese Summe ausbezahlt. Glücklich umarmte ich meinen «Prinzen». Jetzt konnten wir die Masai besuchen.
Die Masai
N och vor Ende Mai 1963 verließen wir Nairobi. Der Himmel war bedeckt, und es war ziemlich kühl. Vorher hatten wir uns in der Markthalle für einige Wochen mit Lebensmitteln eingedeckt, das Angebot von Früchten und Gemüse war enorm. Bis in die letzten Ecken war der Wagen vollgestopft.
Ich hatte einen lebhaften Reisebegleiter, der auch ein hervorragender Fahrer war, nur bedauerlicherweise als Koch ein Versager. Als er sich an die Zubereitung der Abendmahlzeit machte, sah ich, daß er noch nicht einmal eine Kartoffel schälen konnte. Ich war noch ungeschickter als er, und so entschlossen wir uns zu einem Obstsalat.
Wir hatten Pech mit dem Wetter. Es wurde immer unfreundlicher und kälter. Regenschauer machten die Wege unbefahrbar und zwangen uns zu Ruhepausen. Dennoch wurde mir die Zeit nicht lang, Isenburg war mit seinen Erzählungen über die Masai unerschöpflich. Er informierte mich auch über ihr kriegerisches Wesen. Nach historischen Quellen sollen sie schon vor viertausend Jahren als Elitetruppe unter den Ägyptern gekämpft haben und für ihre Unerschrockenheit und ihren ungewöhnlichen Mut berühmt geworden sein. Damals wurden sie «Mosai» genannt. Über die Jahrtausende waren sie unbesiegbar, bis sie vor den modernen Waffen, die die Engländer Anfang dieses Jahrhunderts gegen sie einsetzten, kapitulieren mußten. Aber ihren Hochmut und Stolz haben sie behalten. Nach ihrer Niederlage weigerten sie sich, mit den englischen Militärführern zu verhandeln, sie hatten erfahren, die höchste Autorität der Engländer sei die Königin Victoria. Tatsächlich wurde eine Abordnung der wichtigsten Masaihäuptlinge in London von der englischen Königin empfangen und ein Friedensvertrag dort unterzeichnet.
Höchst bemerkenswert ist, daß sie als einziger afrikanischer Stamm keine Musikinstrumente benutzen, nicht einmal eine Trommel. Der Grund ist ihre harte soldatische Erziehung, die keine Gefühle erlaubt. Von Jugend an müssen sie härteste Mutproben bestehen, dürfen keinen Schmerz zeigen und keinen Schritt zurückweichen, wenn sie von einem Löwen oder anderen gefährlichen Tieren angegriffen werden. So gesehen, verhalten sie sich völlig entgegengesetzt den Nuba. Diese extremen Gegensätze werden auch an der Rolle sichtbar, die Mädchen und Frauen bei diesen beiden Stämmen spielen. Die Nuba achten die Frau sehr hoch, sie darf sogar die Wahl des Partners allein bestimmen — die Frauen der Masai haben einen geringeren Wert als ein Lieblingsrind. Sie sind Sklavinnen der Männer.
Denke ich an die Totenfeste der Nuba, so sind die Masai auch darin andere Menschen. Stirbt hier Vater, Mutter oder irgendein Verwandter, so wird er an einen schattigen Platz gebracht und bleibt bis zur Todesstunde sich allein überlassen, lediglich einige Kalebassen mit Wasser und etwas Nahrung stellt man ihnen hin. Die Toten werden von den Geiern gefressen, die Überreste nicht einmal verscharrt. Diese für uns kaum faßbare Gefühlskälte gilt bei den Masai als Bestandteil ihrer Religion.
Endlich schien die Sonne, und die Pisten trockneten schnell. Unser erster Besuch galt einem Masai-Kraal im Süden Kenias, in Loitokitok, nahe der Grenze nach Tanganjika, er war unser erstes Ziel. Bevor ich den Kraal betreten durfte, ging ein langes Palaver zwischen den Ältesten des Kraals und dem Prinzen von Isenburg voraus, in dessen Verlauf der Prinz dem Häuptling seinen ganzen Stammbaum aufzählte, auf Grund dessen er mit jedem europäischen
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