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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Wau lag, und zu der von uns aus keine Pisten hinführten. Es gab aber keine Wahl, es mußte versucht werden. Das Aufregendste war die Benzinfrage — wie weit würden wir kommen?
      Wir hatten Glück. Nach 14stündigen Irrfahrten erreichten wir mit dem vorletzten Tropfen Benzin die kleine Bahnstation Barbanussa, und — was für ein Zufall — Minuten später rollte auch schon der Zug ein, der nur einmal in der Woche hier vorbeikommt. Da weigerte sich plötzlich der Deutsche, mich nach Juba mitzunehmen, nur wenn ich ihm 300 Mark gäbe — mein letztes Geld. Was blieb mir übrig. Ich mußte mich dieser Erpressung fügen.
      Die Fahrt nach Wau kam mir endlos vor, der Zug hielt dauernd, was die Eingeborenen dazu benutzten, außerhalb des Zuges, auf der Erde hockend, ihre Mahlzeiten zu kochen. Die Eisenbahn war so überfüllt, daß Hunderte von Mitfahrenden auf den Dächern der Waggons und auf den Trittbrettern saßen, danach richtete sich das Tempo der Bahn. Noch vor Wau verließen wir in Awiel den Zug, es gab dort Benzin.

      Während der Fahrt nach Wau erlebte ich etwas Eindrucksvolles. Als wir in einem Laubwald, den ersten, den ich im Sudan sah, eine Rast machten, schaute ich mich im Wald etwas um, suchte nach Pilzen und Beeren. Plötzlich, nicht weit von mir, sah ich vier bis fünf riesengroße Vögel herumspazieren. Noch nie hatte ich so große Vögel gesehen, weder im Film noch in einem Zoo. Ich wagte kaum zu atmen. Als mich die Vögel bemerkten, wurden sie unruhig und eilten in schnellen Laufschritten wie Strauße davon.
      In Wau erwartete mich eine Überraschung. Nachdem wir uns dort bei der Polizei gemeldet hatten, wurde ich zu dem zuständigen Militärgouverneur gebeten. Er kannte mich von Khartum und lud mich ein, für einige Tage sein Gast zu sein. Sofort war ich einverstanden, froh, meine unfreundlichen Begleiter nicht mehr um mich zu haben. Irgendwie, dachte ich, werde ich schon weiterkommen.
      Man quartierte mich im Rasthaus von Wau ein — ein hübsch eingerichtetes Haus, inmitten grüner Bäume und an einem Flußufer stehend. Die Gastfreundschaft der Sudanesen, nicht nur die des Gouverneurs, war überwältigend.
      Alles, was in Wau interessant war, bekam ich zu sehen: Bazare, Moscheen und eine christliche Kirche, deren Größe mich überraschte. Die Messe war gut besucht, und in einem längeren Gespräch mit dem Priester erfuhr ich, daß auf ihn und seine christliche Gemeinde kein Druck ausgeübt wurde, wie ich es in Zeitungen gelesen hatte. Auch durfte ich während des Gottesdienstes fotografieren.
      Osman Nasr Osman hatte von meiner Anwesenheit in Wau erfahren, telefonisch wiederholte er die Einladung, ihn bei seiner Inspektionsreise durch die Upper Nile Province zu begleiten. So peinlich es mir auch war, mußte ich meinem Gastgeber eingestehen, daß ich keinen Groschen mehr besaß. Am nächsten Morgen erhielt ich einen Briefumschlag mit einem Flugticket nach Malakal und einige sudanesische Geldscheine.

    Durch die Upper Nile Province

    A m 1. April 1963 frühmorgens verließ die Wagenkolonne von Osman Nasr Osman Malakal. An der Spitze fuhr in einem Landrover der Militärgouverneur mit dem Polizeichef und anderen Offizieren. Ich zählte vierzehn schwere Lastwagen. Außer den Offizieren begleiteten uns noch vierzig sudanesische Soldaten — und ich die einzige Frau in dieser Männer-Gesellschaft. Ich saß neben dem Fahrer einer Lorre. Vierzehn Tage waren für diese Fahrt vorgesehen.
      Es wurde eine außergewöhnliche Reise, und ich erhielt Gelegenheit, einmalige Aufnahmen zu machen. Die Route führte in die schönsten unerforschtesten Gegenden des Sudan. Wegen der monatelangen schweren Regenfälle kann diese Strecke nur selten befahren werden, alle paar Jahre einmal, und dann auch nur während der kurzen Zeitspanne von drei bis vier Wochen.
      Die Reise war aber nicht nur interessant, sie war auch extrem strapaziös. Zwölf Stunden wurde täglich fast pausenlos gefahren. Mit meinem arabischen Fahrer konnte ich kein Wort sprechen. Der Staub und die Schüttelei der Lorre war unerträglich. Aber was ich zu sehen bekam, ließ mich alles ertragen. Es waren vor allem die Tiere, die immer zahlreicher wurden, je weiter wir kamen. Gazellen, Zebras, Impalas, die so wenig scheu waren, daß sie in Riesensätzen unsere Fahrzeuge übersprangen. Auch trafen wir auf eine Unmenge Giraffen, Gnus und Elefantenherden von mehreren hundert Tieren. Ich kannte die Tierreservate Ostafrikas, aber was ich

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