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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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wurden in Wiesbaden in der Spezialabteilung der Kriminalpolizei untersucht, und der Fall war rasch geklärt: Ulli hatte die erste Sendung entwickeln lassen und die Filme meiner Mutter übergeben. Die zweite und dritte Sendung, in der sich die Aufnahmen aus dem Südsudan, die Reise durch die «Upper Nile Province» und die bei den Masai befanden, hatte Ulli, bevor er sie entwickeln ließ, aus den Kapseln gezogen. Durch den Lichteinfall wurden sie zerstört. Danach soll er die Filme erst einen Tag vor meiner Rückkehr Agfa, Perutz und Kodak zum Entwickeln gegeben haben. Zur Überraschung der Leute in den Labors kamen sie als Blankfilm heraus. Nach dieser Feststellung untersuchte die Polizei seine Wohnung und fand in einer Schublade vier vergessene, noch nicht entwickelte Filme. Nach der Entwicklung waren sie einwandfrei und erbrachten den Beweis, was geschehen war. Es sind die einzigen Aufnahmen, die ich von den Dinka, Anuak und Murle besitze. Nun erinnerte ich mich an einen Vorfall, der mich hätte vorsichtiger werden lassen. Kurz vor meinem Abflug rief mich die Polizei an und fragte: «Ist bei Ihnen ein Ulli E. angestellt?»
      «Nur aushilfsweise.»
      «Haben Sie ihm Farbfilme von Kodak geschenkt?»
      «Ja», sagte ich, über diese Frage verwundert.
      «Ach so», sagte der Kriminalbeamte, «dann ist der Fall klar.» Er wollte das Gespräch schon beenden, dann fragte er noch: «Wie viele Filme haben Sie ihm denn geschenkt?»
      «Zehn.»
      Der Beamte wiederholte: «Zehn? Aber Ihr Mitarbeiter hat heute morgen in Solln in einem Fotogeschäft dreißig Kodakfilme verkauft.»
      Dieses Gespräch fand buchstäblich wenige Minuten vor dem Aufbruch zum Flughafen statt, und ich konnte in dieser Sache nichts mehr unternehmen. Schließlich nahm ich es auch nicht so tragisch. Die Versuchung, entschuldigte ich den jungen Mann, war zu groß für ihn. Ich hätte ihm nicht mehr vertrauen dürfen, das war mein Fehler.
      Ich begann, mir mein Material anzusehen. Gottlob waren die Nuba-Aufnahmen gerettet. Nacht für Nacht sah ich sie mir an und begann sie zu sortieren. Dabei überfiel mich eine fast schmerzhafte Sehnsucht, meine Nuba wiederzusehen. Alles andere erschien mir unwichtig. Aber wie sollte ich das, mittellos wie ich war, verwirkli chen? Freunde, von den Aufnahmen beeindruckt, gaben mir den Rat, Vorträge zu halten.
      Bald folgte ein weiterer Schock. Frau Sandner, eine gute Bekannte, die während meiner Abwesenheit freundlicherweise meine geschäftlichen Angelegenheiten besorgte, teilte mir mit, der Westdeutsche Rundfunk habe die Bezahlung der von ihm gekauften Ausschnitte aus meinen Olympiafilmen gestoppt, mit der Begründung, daß das Bundesarchiv Koblenz dem WDR mitgeteilt habe, die Urheberrechte an den Olympiafilmen gehörten nicht mir, sondern ausschließlich dem «Deutschen Reich», und die Filmrechte des ehemaligen «Deutschen Reiches» würden von der «Transit-Film GmbH» verwaltet.
      Das war völlig absurd, aber im Augenblick für mich eine Katastrophe. Die 7000 DM, die der WDR zu zahlen hatte, brauchte ich dringend. Was waren das für Leute, die mir nach fast 30 Jahren die Urheberrechte an meinen Olympiafilmen absprechen wollten! Ich mußte den Fall meinem Anwalt übergeben, und glücklicherweise konnte diese unheilvolle Bedrohung abgewendet und aufgeklärt werden. Meine beiden Prokuristen, Waldi Traut und Walter Großkopf, der Steuerberater meiner Firma, Herr Dorlöchter, und Syndikus Dr. Schwerin waren noch am Leben. Sie hatten die Verträge mit dem «Promi» ausgearbeitet. Es konnte geklärt werden, daß die Unterlagen, auf die sich das Bundesarchiv und die «Transit-Film» beriefen, unvollständig waren. Mein Anwalt konnte beweisen, daß die seinerzeitigen Vereinbarungen nur aus steuerlichen Gründen in dieser Form verfaßt worden sind. Auch Dr. Max Winkler, der ehemalige Treuhänder des «Deutschen Reiches» für das gesamte Filmschaffen, und weitere Persönlichkeiten des ehemaligen «Promi» konnten das bestätigen.
      Trotzdem zogen sich Dr. Webers Verhandlungen über Monate hin. Meine Situation wurde immer kritischer. Die einzigen Einnahmen, die ich von verschiedenen deutschen Fernsehgesellschaften zu erwarten hatte, waren gesperrt. Meine finanzielle Lage wurde unerträglich. Um diesen Zustand zu beenden und einen Rechtsstreit zu vermeiden, riet mir Dr. Weber, einen Kompromiß zu schließen. Ich mußte auf einen Vertragsvorschlag eingehen, der besagt, daß ich zu Lebzeiten 30

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