Memoiren 1945 - 1987
in dem sie sich häuslich einrichteten. Es war ihnen anzumerken, wie wenig wohl sie sich hier fühlten.
Jabor und Dr. Sadig, der sudanesische Arzt in Kau, berichteten, James Faris, der amerikanische Anthropologe, sei nach langjähriger Abwesenheit zum ersten Mal wieder hier gewesen und habe einen Film machen wollen. Er mußte aber abreisen, da er keine Aufenthaltsgenehmigung erhielt. Ärgerlich war, was uns Jabor noch von Faris berichtete: Er solle den Nuba in Nyaro erzählt haben, ich hätte in Kau 80 Pfund für einen Tanz der Mädchen gezahlt, und ebenso in Kau: ich hätte in Nyaro 80 Pfund für einen NyertunTanz bezahlt. Solche Behauptungen machten mich sprachlos. Gerade ich hatte erfahren, wie sehr man sich alles verdirbt, wenn Eingeborene für ihre Bereitschaft, sich fotografieren zu lassen, Geld bekommen. Abgesehen davon, daß solche Aufnahmen meist gestellt aussehen, wollen alle, auch wenn sie sich nicht im Bild befinden, bezahlt werden und verlangen für weitere Aufnahmen immer mehr. Darum mußten wir oft wochenlang warten, bis wir zu unseren Bildern kamen. Anstelle von Geld schenkten wir den Nuba Öl, das in Kau nicht billig war. Ebenso hatten wir durch die Behandlung ihrer Kranken im Laufe der Zeit Freunde gewonnen, die uns das Fotografieren und Filmen erlaubten. Nur in seltenen Ausnahmefällen, wenn wir kein Öl mehr hatten, haben wir auch etwas gezahlt, aber nie mehr als maximal ein Pfund. Sollte es wahr sein, was Jabor uns von Faris erzählte, und es gab kaum einen Grund, daran zu zweifeln, weil Dr. Sadig es bestätigte, so entsprang das einem Vergeltungsdrang von James Faris, der den sensationellen Erfolg meiner Nuba-Bildbände in Amerika miterlebt hatte, während seine hervorragende wissenschaftliche Arbeit über die Südost-Nuba, die in England in einem kleinen Buch mit dem Titel «Nuba Personal-Art» herauskam, nicht so bekannt wurde, obwohl sie es verdient hätte. Daß er mir nicht freundlich gesinnt war, hatte ich schon seiner Kritik meines Bildbandes aus der «Newsweek» entnommen. Als ich vor zwei Jahren in Kau war, hatte ich James Faris eine Freude bereiten wollen, ich fotografierte «seine» Nuba, mit denen er früher gearbeitet hatte, wie sie in seinem Buch ihre Aufnahmen betrachten. Diese Fotos wollte ich ihm schicken. Als ich seine Meinung über meine Arbeit kennengelernt hatte, unterließ ich es.
Ich erfuhr auch, daß ein Schweizer, den sie «Woswos» nannten, sich in Fungor aufhielt und oft mit Faris zusammen gesehen wurde. Das konnte nur Oswald Iten sein. Noch konnte ich nicht ahnen, was für Lügen dieser junge Student über mich verbreiten würde. Als wir ihn in Fungor besuchen wollten, um in einem Gespräch eventuelle Mißverständnisse aufzuklären, sagte uns der Omda, «Woswos» sei von der Polizei abgeholt worden. Das klang alles nicht sehr gut. Ich war froh, daß ich die Genehmigungen von höchster Stelle in Händen hatte.
Inzwischen bemühten sich Peter, Horst und Wulf, das Lager so praktisch wie möglich einzurichten. Peter Schule bewährte sich als ausgezeichneter Koch, während sich Horst und Wulf mehr mit den handwerklichen Arbeiten beschäftigten und Film- und Foto-Kameras zusammenbauten.
Aber bevor wir noch mit unserer Arbeit beginnen konnten, versetzte uns die Ankunft von zwei Bussen, mit Touristen beladen, in Schrecken. Die Veränderungen bei den Nuba waren allerdings am wenigsten durch Touristen, sondern vor allem durch die Islamisierung entstanden, auch nicht durch Missionare, die es hier nie gab. Der Vorwurf, meine Fotos trügen an diesen Veränderungen Schuld, ist töricht. Denn was sich nun bei den Kau-Nuba vollzog, war schon vor neun Jahren bei den Masakin-Nuba eingetreten, bevor auch nur eine einzige Reisegruppe Tadoro und die benachbarten Siedlungen besucht hatte.
Mit Recht erregten die Touristen, die meist ohne Genehmigung hierherkamen, das Mißfallen der sudanesischen Behörden, während sie selbst sich geprellt fühlten, da es verboten war, hier zu fotografieren. Also bestachen sie den Omda oder andere maßgebliche Scheichs mit Geld oder Whisky. Jabor wußte, Touristen zahlten bis zu 350 Mark, um einen Tanz zu sehen und ihn heimlich fotografieren zu können. In der Folge kamen Nuba mit den großen Geldscheinen zu uns, mit der Bitte, sie in Kleingeld zu wechseln.
Bei der Abreise der Touristen atmeten wir auf. Als der Omda uns erzählte, «Woswos» sei wieder in Fungor, entschlossen wir uns, ihn zu besuchen. In der Tür eines
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