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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Nuba-Hauses, das er bewohnte, trat er mir entgegen. In seinen Augen sah ich nur Kälte und Ablehnung. Ein vernünftiges Gespräch mit ihm kam nicht zustande. Er schleuderte mir nur Anklagen ins Gesicht, vor allem die, ich hätte die Nuba mit Geld verdorben. Vielleicht glaubte er es sogar, denn die Nuba waren schlau geworden und sagten zu jedem, der etwas von ihnen wollte, die «Allemanis», so nannten sie die Touristen, gäben ihnen viel Geld. Aber unabhängig von diesem Vorwurf war er vom Neid auf den Erfolg meiner Nuba-Bilder zerfressen. Wie Faris hatte er nicht die Erlaubnis erhalten, hier zu filmen oder zu fotografieren, und mußte deshalb seine Fotos heimlich machen, weshalb die sudanesische Polizei ihn einige Male aus Fungor mitnahm.
      Ein Glück, daß ich meine Aufnahmen, auch die für den Film, schon vor zwei Jahren machen konnte. So brauchte ich nur einige zusätzliche Szenen und die neuen Fotos für GEO. In der Zwischenzeit hatte sich hier nicht nur äußerlich im Leben der Eingeborenen viel verändert. Während damals nur selten ein Lastwagen durch Kau fuhr, kamen jetzt viel öfter Fahrzeuge mit Sudanesen, die Männer und Frauen der Nuba für Arbeiten verpflichteten. Viele ließen sich mitnehmen, um auf diese Weise Geld zu verdienen, oft waren sie monatelang nicht mehr in ihren Dörfern. Wir haben darum viele unserer Freunde nicht mehr gesehen.
      Als wir in Fungor einen Messerkampf zwischen den Nuba von Nyaro und Fungor filmen wollten und Horst seine Kamera schon aufnahmebereit auf das Stativ gestellt hatte, stellte sich ein leprakranker Nuba, von Oswald Iten veranlaßt, mit dem Rücken vor Horsts Apparat, und auch mich versuchte ein anderer am Fotografieren zu hindern. Eine Unverschämtheit, da das Geschehen am Kampfplatz optisch für uns interessant war. Aber soweit ließ sich der Schweizer in seiner Wut hinreißen.
      Uns war aufgefallen, daß wir den Omda längere Zeit nicht mehr gesehen hatten. Von Dr. Sadig und Jabor wußten wir, er war zum Gouverneur nach Kadugli bestellt worden. Was er uns nach seiner Rückkehr erzählte, verschlug uns die Sprache: Der Gouverneur hatte von ihm verlangt, er solle das «Bestechungsgeld» zurückgeben, Tausende von Pfunde, die er vor zwei Jahren von der «Riefenstahl» erhalten hätte, damit sie in Kau ungestört ihre Aufnahmen für ihr Buch machen könnte. Was für eine üble Verleumdung. Der arme Omda, der von uns nicht einen Piaster erhalten hatte, tat mir leid. Er war überzeugt zu wissen, wer diese Verleumdungen verbreitet hatte, und sich an ihm rächen wollte, da er ständig mit dem Schweizer Streit hatte, was uns Dr. Sadig, der diese Unterredung dolmetschte, bestätigte. Nicht weniger heftig war der Streit zwischen Iten und dem Scheich von Fungor verlaufen, der wiederholt vom Omda die Ausweisung des Schweizers gefordert hatte. Es war in Fungor zu einer Spaltung der Nuba in zwei feindliche Lager gekommen, und der Scheich war überzeugt, daß Iten die Nuba gegen ihn aufwiegelte, da die eine Gruppe ihm immer mehr den Gehorsam verweigerte. Er fürchtete nicht nur den Verlust seiner Autorität, sondern vor allem um die Gefährdung des Friedens in seinem Dorf.
      Diese Intrigen und die ungute Atmosphäre, die daraus entsprang, machten es mir nicht schwer, meine Arbeit schon nach vier Wo chen beenden zu können und ohne schmerzliche Gefühle Kau wieder zu verlassen. Gern hätte ich den Gouverneur in Kadugli noch über mein «Bestechungsgeld» aufgeklärt, aber Peter Schule mußte nach Deutschland zurück, und uns blieb nur wenig Zeit. Außerdem war es mir wichtiger, vor meiner Rückkehr noch einmal «meine» Nuba zu sehen.
      Nach zehn Stunden Fahrt waren wir in den Nuba-Bergen. Große Freude in Tadoro — wir sahen alle unsere Nubafreunde, Natu, Alipo, Dia und Gabicke. Hier erlebten auch Peter Schule und Wulf Kreidel den Unterschied der Masakin zu den Südost-Nuba. Trotz ihrer Lumpen waren sie liebenswert geblieben und glücklich, daß ich noch am Leben war. Man hatte ihnen erzählt, ich wäre längst gestorben.
      Wir konnten nur eine Nacht bleiben. Ich hatte eine schwere Augenentzündung bekommen und mußte so schnell wie möglich weiter nach Khartum, um dort einen Arzt aufzusuchen. Ali und Gamal, die große Sehnsucht nach ihren Frauen hatten, schafften die schwierige Strecke in nur zwölf Stunden. Erschöpft, aber froh, unser Pensum geschafft zu haben, trafen wir — was für ein Wunder — ohne eine Panne in Khartum ein.
      Noch während wir uns

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