Memoiren 1945 - 1987
in der sudanesischen Hauptstadt aufhielten, sah Horst in der Nähe des Präsidenten-Palastes das rote Auto unseres Freundes. Bald erfuhren wir von Inge Koebke, unserer Gastgeberin, ein Schweizer, der jetzt von den Nuba zurückkam, habe im Deutschen Klub erzählt, die «Riefenstahl» sei offiziell veranlaßt worden, sofort Kau zu verlassen. Der Grund: Es habe sich herumgesprochen, daß sie sich mit besonders großen und «kräftigen» NubaMännern ab und zu in ihr Zelt zurückgezogen hätte. Das war der Gipfel. Schmutziger konnten die Verleumdungen nicht mehr werden — sie widerten mich an. Iten setzte diese Kampagne jahrelang fort, in Zeitungsartikeln und sogar in einem Buch. Abgesehen von den Verunglimpfungen meiner Person warf er mir sogar die Zerstörung der traditionellen Sitten der Nuba vor, die ich durch viel Geld und Whisky, welche ich beide dort «fließen» ließ, erreichte. So sei ich es gewesen, die ihren Untergang herbeigeführt hätte. Ich besaß aber weder eine «Kriegskasse» mit Kisten voller Geld, wie er schrieb — wir hatten nur ein bescheidenes Budget —, noch brachten wir eine einzige Flasche Whisky mit. Nie hätte ich dem Omda oder einem anderen Nuba Alkohol geschenkt, in meinen Augen wäre dies verantwortungslos gewesen. Auch sein Vorwurf, die Veränderungen bei den
Nuba und die Zerstörung ihrer Werte wären durch meine Bilder ausgelöst worden, ist eine Lüge. Vielmehr hatte Iten schon 1974, ein ganzes Jahr bevor auch nur ein einziges meiner Kau-Fotos veröffentlicht wurde, seinen mit Bildern groß aufgemachten Bericht über die Nuba von Kau oder, wie die Wissenschaftler sie nennen, die SüdostNuba, in der «Zürcher Zeitung» herausgebracht. Schon damals wurden Reiseveranstalter durch seine Aufnahmen auf die Nuba von Kau aufmerksam — meine «Kau-Bilder» wurden erst ein Jahr danach veröffentlicht.
Aber auch durch das Faris-Buch «Nuba Personal-Art», das viele Farbfotos von den Südost-Nuba enthält und das Jahre, bevor ich in Kau war, herauskam, wurde der Stamm bekannt. Es lag lange, bevor mein Buch erschien, in den Buchläden von Khartum aus und hatte zur Folge, daß Angehörige der Botschaften und Fluggesellschaften nach Nyaro und Fungor reisten und dort heimlich fotografierten. Mitglieder der belgischen Botschaft erzählten es mir und zeigten mir auch ihre Fotos aus Nyaro und Kau. Deshalb ist es grotesk, wenn ausgerechnet Iten und Faris behaupten, daß die sudanesischen Behörden erst durch mich auf die Nuba aufmerksam wurden und daraufhin anfingen, sie zu islamisieren. Gerade diese beiden, die sich als Fremde dort unten so ungeschickt benommen haben, daß sie in Konflikt mit der Polizei verwickelt wurden, sollten still sein. James Faris, als er sich vor Jahren in Nyaro und Kau aufhielt, mußte sogar von den Nuba versteckt werden, damit er nicht verhaftet oder ausgewiesen wurde.
Ich habe nie behauptet, die Südost-Nuba «entdeckt» zu haben, und ebenso absurd ist der Vorwurf, ich hätte die Nuba als «Wilde» entwürdigt. Meine Bücher beweisen das Gegenteil. Ethnologen des Frobenius-lnstituts und der Havard University haben mir bestätigt, daß ich den Nuba ein Denkmal gesetzt habe.
Auf Sanganeb
V or unserem Rückflug wollten wir wieder im Roten Meer tauchen. Es sollte die Premiere für unsere eigene neue 16-mm-UnterwasserFilmkamera sein. Da wir im voraus nicht wußten, wann unsere Arbeit in Kau beendet sein würde, war diese Tauchreise ein gewisses Risiko, denn in Port Sudan gab es keine Tauchbasis, wo man sich Flaschen, Kompressoren oder Boote mieten konnte. Wie schon sooft fuhren wir auf gut Glück los.
In Port Sudan trafen wir eine Gruppe von fünf Tauchern, alle aus Bayern. Sie waren bereit, uns bis nach Sanganeb, einem der schönsten Riffe im Roten Meer, auf dem nur ein Leuchtturm steht, mitzunehmen, doch wir konnten nicht auf dem viel zu kleinen Boot bleiben. Der uralte Kahn hatte kaum Platz für die Männer. Nachdem es nun gelang, zwei Preßluftflaschen und einen kleinen Kompressor aufzutreiben, waren wir froh, wenigstens bis nach Sanganeb zu kommen.
Nachdem wir den Hafen verlassen hatten, hörte ich, daß die Taucher nur über Haie sprachen, was mir überhaupt nicht behagte. Sie schienen «Hai»-besessen zu sein. Sie träumten von vierzig Hammerhaien, aber bald verflog die Begeisterung, als das Boot wie eine Nußschale zu schaukeln anfing. Bald waren wir ganz durchnäßt. Der Wind war nach drei Stunden Fahrt so stark, daß wir am Außenriff nicht
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