Memoiren 1945 - 1987
nach dem «Revue»-Prozeß, noch einmal gegen neue, noch schwerere Anschuldigungen zur Wehr setzen müßte.
Obgleich ich mir geschworen hatte, keine Prozesse gegen solche Behauptungen mehr zu führen, fühlte ich mich durch den Film einer Frau Gladitz, den der WDR ausgestrahlt hatte, so getroffen, daß ich diese neuen Anschuldigungen nicht auf sich beruhen lassen durfte, ich mußte klagen. Ihre Lügen überschritten das Maß des Erträglichen. Wieder ging es um die «Tiefland»-Zigeuner. Ich war mir bewußt, was eine Klage an Aufregungen und Kosten bedeuten würde. Aber die Glaubwürdigkeit meiner Memoiren, an denen ich arbeitete, machte eine Stellungnahme unverzichtbar. Da der größte Teil dieser Unwahrheiten schon vor Jahrzehnten widerlegt worden war, nahm ich an, es würde sich um eine einfache gerichtliche Klarstellung handeln.
Ich hatte mich geirrt. Dieser neue Prozeß wurde zu einer Affäre, die erst nach vier Jahren, während ich diese Zeilen schreibe, zu Ende ging.
Neben den alten Vorwürfen waren drei neue Behauptungen aufgestellt worden:
1. Ich soll persönlich in dem Zigeunerlager gewesen sein und die Statisten selbst ausgesucht haben.
2. Ich soll von der bevorstehenden Vernichtung der Zigeuner in Auschwitz gewußt haben und darüber von dem dreizehnjährigen Zigeunerjungen Josef Reinhardt aufgeklärt worden sein.
3. Dem Zuschauer wird der Eindruck vermittelt, daß ich seinerzeit, im Wissen um die bevorstehende Vernichtung, unseren Zigeunern meine Hilfe, sie vor dem Transport nach Auschwitz zu bewahren, versprochen, sie ihnen aber nicht gegeben und die Menschen einfach ihrem Schicksal überlassen habe.
Unglaublich! Wie ich niemals in Maxglan gewesen bin, hat auch während dieser Filmaufnahmen nie jemand mit mir über Auschwitz gesprochen. Es wäre auch gar nicht möglich gewesen, weil zu dieser Zeit Auschwitz als Vernichtungslager noch nicht bekannt war. Deshalb konnte der damals dreizehnjährige Josef Reinhardt mit mir über die bevorstehende Vernichtung der Zigeuner in Auschwitz nicht gesprochen haben.
Wieder übernahm Dr. Gritschneder, der den Zigeunerprozeß so erfolgreich geführt hatte, diesen Fall. Seinem Gesuch um Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen eine Vorführung dieses aggressiv verlogenen Films wurde Mitte Juni 1983 vom Landgericht Freiburg stattgegeben.
Nachdem Frau Gladitz nicht bereit war, aus ihrem Film, den sie «Zeit des Schweigens und der Dunkelheit» nannte, die Szenen mit den unwahren Behauptungen herauszuschneiden, haben meine Anwälte in Freiburg Klage eingereicht.
Mit welchen Mitteln Frau Gladitz arbeitete, ist aus einem Brief ersichtlich, der mit dem Namen Anna Madou unterzeichnet war. Wie ich erst Jahre später erfuhr, waren beide ein und dieselbe Person. Sie schrieb:
Kirchzarten, 5 . 12. 81
Sehr verehrte gnädige Frau!
Darf ich Sie heute mit diesem Brief noch einmal an unser Gespräch erinnern, das wir an der kleinen Kaffeebar der Buchhandlung Rom bach in Freiburg führten.
Sie waren so liebenswürdig, mir einen Termin für ein Gespräch mit Ihnen zu nennen, in dem Sie sich in meinem Film über große Künstler dieses Jahrhunderts ausführlich als Künstlerin darstellen können.
Sie waren mit mir, glaube ich, auch darin einig, daß man für so ein Gespräch Zeit haben muß, da ich keinesfalls ein Interview im üblichen Stil mit Ihnen machen möchte, weil ich überzeugt davon bin, daß Ihnen diese Interview-Art nie gerecht wurde.
Sie baten mich darum, Ihnen in diesem Brief auch noch einmal zu sagen, welche Fernsehanstalten sich an der Produktion beteili gen bzw. bereits an einem Ankauf interessiert sind.
Es sind dies das 1. Deutsche Fernsehprogramm, WDR , das Eng lische Fernsehen BBC, das Schwedische Fernsehen, und Interesse haben bereits angemeldet das amerikanische Fernsehen NBC so wie möglicherweise auch das Französische Fernsehen.
Sie sehen also, daß durchaus großes Interesse daran besteht, einen Film über die Künstlerin Leni Riefenstahl zu sehen.
Als möglichen Termin für dieses Gespräch konnten Sie mir An fang April vorschlagen, und Sie haben mich darum gebeten, Ihnen in diesem Brief dies zur Erinnerung noch einmal vorzutragen. Nun hatte ich allerdings diese Woche ein Gespräch mit dem WDR, in dem mir mitgeteilt wurde, daß größtes Interesse daran besteht, den Film schon im März zu sehen bzw. zu senden. Und schlimm genug für diese Terminplanung, bekam ich ein Telegramm von
Weitere Kostenlose Bücher