Memoiren 1945 - 1987
nach Jahrzehnten plötzlich behauptet wurde, hätte sie dies dem Gericht keinesfalls verschwiegen. Außerdem ist in den Akten des Salzburger Landesarchivs (SLA) der Name des Herrn, der seinerzeit in Maxglan verhandelt hat, festgehalten. Über mich kein Wort. Wäre ich als Produzentin, Regisseurin und Hauptdarstellerin eines Millionenfilms, an dem ich seit langem arbeitete, ebenfalls dort gewesen, hätte das zweifellos Eingang in diesen Vermerk gefunden. Und die Salzburger Presse hätte darüber berichtet. Im übrigen war ich zu jener Zeit nicht in Deutschland. Ich war in Italien, auf Motivsuche in den Dolomiten.
Im März 1987 wurde durch das Oberlandesgericht Karlsruhe das endgültige Urteil verkündet, gegen das keine Revision zugelassen wurde. Es entspricht dem der Ersten Instanz. Es wird der Beklagten Gladitz untersagt, ihren Film vorzuführen, wenn nicht die mit
mir in Verbindung gebrachten Auschwitz-Behauptungen herausgeschnitten werden. Sie darf jedoch weiterhin verbreiten, daß die Zigeuner «zwangsverpflichtet» und nicht entlohnt wurden, und daß ich sie selbst in Maxglan ausgewählt habe. Obwohl gerade diese letztgenannte Behauptung im Prozeß nicht bewiesen werden konnte, entschieden die Richter dennoch zugunsten der Beklagten Gladitz. Sie sahen nämlich in ihrer Unterstellung keine üble Nachrede, die mich in den Augen der Öffentlichkeit herabsetzen könnte.
Ein unfaßbares Urteil. So wurde es der Presse leichtgemacht, ihre Berichte mit Überschriften wie solchen zu versehen: «Leni Riefenstahls Filmsklaven — Statisten aus Auschwitz», «Riefenstahls Komparsen aus NaziKZ», «Riefenstahl suchte im KZ persönlich Komparsen aus» und «Vom Konzentrationslager zum Film — und zurück», einen Bericht Erwin Leisers in der «Weltwoche».
Bezeichnend für das Freiburger Klima war, daß mein dortiger Anwalt, Dr. Bernt Waldmann, der politisch der SPD nahesteht, in der Presse in zwei Glossen dafür zur Rede gestellt wurde, daß er bereit war, meine Klage zu vertreten.
Vier Jahre meines neunten Lebensjahrzehnts hat mich dieses Verfahren und die quälende Frage, ob ich auch diesmal gerechte Richter finden würde, gekostet — während ich meine Kräfte noch einmal auf eine große Aufgabe konzentrierte. Die gutgemeinten Zusicherungen vieler Freunde, das Recht werde siegen, habe ich nach dem Urteil der Ersten Instanz bezweifelt.
Bis an mein Lebensende werde ich demnach im Lager Maxglan gewesen sein, von dem ich nicht einen Grashalm gesehen habe.
Das Leben gebt weiter
W egen der Zusammengehörigkeit beider Zigeuner-Prozesse habe ich hier die Chronologie meiner Lebensgeschichte unterbrochen. Auch nach den Auseinandersetzungen mit der «Revue» ging das Leben weiter — trotz Verzweiflung, Depression und Krankheit. Die Presseberichte über das «Eva Braun-Tagebuch», meine «Entnazifizierung» und der «Revue-Prozeß» hatten auch positive Auswirkungen. Freunde meldeten sich, von denen ich jahrelang nichts gehört hatte. Von Tag zu Tag bekam ich mehr Briefe, unter ihnen auch solche, die mir mein Leben leichter machten. So erhielt ich über den Bayerischen Architekten Hans Ostler, der mein Haus in Berlin-Dahlem gebaut hatte, eine kleine Wohnung in Garmisch. Dort wohnte ich in Untermiete mit meiner Mutter.
Tag für Tag beschäftigte ich mich weiterhin damit, durch immer neue Bittgesuche um die Freigabe meines Eigentums zu kämpfen. Die größte Hilfe erhielt ich durch Otto Mayer, den Kanzler des Internationalen Olympischen Komitees. Er schickte mir nicht nur Lebensmittel und Medikamente, er setzte sich auch für die Freigabe meiner Filme in Paris ein, indem er das französische Olympische Komitee einschaltete. Obgleich sich immer mehr Persönlichkeiten für die Rückgabe meiner Filme bei den Franzosen einsetzten, unter ihnen auch Avery Brundage, der Präsident des amerikanischen Olympischen Komitees, blieben alle Bemühungen ohne Erfolg. Es war nicht einmal festzustellen, wo die Negative der Filme lagerten und ob sie überhaupt noch vorhanden waren. Mein Anwalt in Paris, Professor Dalsace, hatte Klage beim französischen Staatsgerichtshof gegen die französischen Dienststellen eingereicht, mir aber mitgeteilt, daß mit einem Urteil erst in ein bis zwei Jahren zu rechnen sei.
Während dieser Zeit besuchten mich französische Produzenten, die an «Tiefland» interessiert waren. Auch Monsieur Desmarais, der sich in Canada niedergelassen hatte, meldete sich wieder. Er hatte sich mit
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