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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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tauchte plötzlich bei uns auf. Er war ein Sonderling, verschlossen und äußerst sensibel. Seine Liebe galt seinen Katzen, von denen er in seiner New Yorker Wohnung über zwanzig besaß. Für sie opferte er sein ganzes Geld, denn einige waren immer krank. Er hatte uns einen Koffer voll von Geschenken mitgebracht und bat mich eindringlich, auszuspannen, irgendwo Urlaub zu machen, in den Bergen oder am Meer, wo ich, von allem abgeschirmt, zur Ruhe kommen sollte. Er gab mir dafür 300 Dollar — damals ein kleines Vermögen.
      Noch ehe ich einen Entschluß faßte, wohin ich gehen könnte, entschied dies ein Brief aus Italien. Paul Müller, mein bewährter Freund, bat mich, wenn irgendwie möglich, nach Rom zu kommen. Einige italienische Produzenten wollten mit mir ernsthaft wegen der ‹Roten Teufel› verhandeln. Ich überlegte nicht lange. Schon am nächsten Tag saß ich im Zug nach Rom.

    Wieder in Rom

    A ls ich Ende Juni in Rom eintraf, war es unerträglich heiß — über
    40 Grad im Schatten. Mein kleines Zimmer im Hotel «Boston» war ein Brutkasten. Obgleich die Ferien noch nicht angefangen hatten, floh schon jetzt, wer konnte, nach Ostia ans Meer.
      Paul Müller kümmerte sich um mich. Er brachte mich zur «Minerva»-Film, eine der damals großen italienischen Firmen. Das Resultat unserer Verhandlung: Die «Minerva» war bereit, die Hälfte der Produktionskosten, einen Betrag von 750 000 DM, als CoPartner zu übernehmen. Bedingung: Die Besetzung der Hauptrollen mußte gemeinsam abgestimmt werden. Man bat mich, nach einigen Tagen wiederzukommen, man wollte zwischenzeitlich einen Kostenvoranschlag ausarbeiten. Alle Herren, die an den Verhandlungen teilgenommen hatten, waren von diesem Filmstoff begeistert. Paul brachte mich mit vielen interessanten Menschen zusammen. So lernte ich Tennessee Williams kennen, den trinkfreudigen, verrückten, aber genialen Dramatiker von «Endstation Sehnsucht» und «Die Katze auf dem heißen Blechdach». Da er im gleichen Haus wie Paul wohnte, in der Nähe der Via Veneto, traf ich ihn öfters, und wir verlebten mit ihm amüsante Stunden.
      Auch konnte ich Gina Lollobrigida bei den Außenaufnahmen zu ihrem Film «Liebe, Brot und Fantasia» beobachten. Sie war hervorragend in dieser Rolle. Ihr Partner Vittorio de Sica versicherte mir wieder, er würde mit Freuden die Rolle des «Mr. Harris» in den «Roten Teufeln» übernehmen.
      Dann begegnete ich Anna Magnani, einer einzigartigen Schauspielerin, die ich sehr bewunderte. Sie beklagte sich, es gebe keine guten Stoffe für sie, und bat mich, geeignete Rollen zu suchen. Später schrieb ich für sie, gemeinsam mit Hermann Mostar, ein Film-Treatment mit dem Titel «Drei Sterne am Mantel der Madonna», das eine hinreißende Rolle für sie enthielt, die einer spanischen Mutter. Anna Magnani lehnte den Stoff mit folgender Begründung ab: «Für die Rolle der Mutter bin ich noch zu jung, die Rolle muß sexy sein.» Bei ihrem ungewöhnlichen Temperament wunderte mich das nicht.
      Zu den alten Bekannten, die ich in Rom traf, gehörte auch G. W. Pabst. Wir hatten uns vor zehn Jahren zum letzten Mal in Berlin
Neubabelsberg gesehen und waren damals in Krach auseinandergegangen. Aber Pabst trug mir nichts mehr nach. Er war wieder der alte gute Freund, wie in den Zeiten vor «Tiefland». Für die «Cines» drehte er einen aufwendigen Millionen-Film. Ich durfte des öfteren ihm bei seiner Regietätigkeit in den Ateliers von «Cinecitta» zuschauen und erlebte, daß er zu seiner früheren Souveränität zurückgefunden hatte. Unvergeßlich die Abende, die ich an den Wochenenden mit ihm, seiner Frau und seinem Sohn in Trastevere verbrachte. Es war die Atmosphäre, die Fellini in «Roma-Roma» so meisterhaft wiedergegeben hatte.
      Pabst machte mich mit Jean Marais bekannt, der eine ideale Besetzung für einen der «Roten Teufel» war: Neben seinem Können und seiner Jugend war er auch ein guter Skifahrer.
      Als die Hitze in Rom noch unerträglicher wurde, flüchtete ich für einige Tage nach Capri. In diese kleine Insel bin ich verliebt. Wer Capri zum ersten Mal sieht, dann sein Leben lang auf dieser Insel bleiben möchte, den verstehe ich gut. Dort traf ich Henri Nannen. Er war mit seiner Frau aus Positano gekommen, nur für ein paar Stunden. Auf der Piazza tranken wir einen Cappuccino. Ich erzählte ihm, daß ein englischer Verleger meine Memoiren möchte, und fragte ihn um Rat. Er meinte, ich sollte unbedingt mit ihm

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