Memoiren 1945 - 1987
Gisela Schneeberger schon mehrmals im Büro der «Sureté» angetroffen, wo sie zu Protokoll gab, meine Filmgeräte im Haus Seebichl wären persönliche Geschenke von Adolf Hitler. Daraufhin hatten die Franzosen das Ehepaar Schneeberger als Treuhänder meiner Firma und meines Vermögens eingesetzt.
Damit nicht genug: In einer französischen Zeitung, die mir zugesandt wurde, fand ich eine Fotomontage, wie ich in den Armen des General Bethouart liege. Darunter stand: «Leni Riefenstahl, die ehemalige Geliebte Adolf Hitlers, ist jetzt die Geliebte unseres Generals Bethouart.» Ich war dem General nie begegnet. So richtete diese Hetze sich nicht nur gegen mich, sondern auch gegen den General, dem ich wahrscheinlich die Entlassung aus dem Innsbrucker Gefängnis zu verdanken hatte. Die politischen Gegner des Generals, das «Deuxième Bureau», die französische Geheimpolizei, waren so mächtig, daß der General einige Zeit später vorübergehend von seinem Posten als Kommandierender Chef der französischen Militärregierung in Österreich abberufen wurde. Seine Gegner waren auch meine Feinde.
Immer mehr wurden wir isoliert. Das Telefon wurde gesperrt, unsere Bankkonten beschlagnahmt, auch die meiner Mutter und meines Mannes. Der nächste Schritt war die Beschlagnahme des Filmlagers und aller persönlicher Gegenstände, einschließlich Kleider, Wäsche, Schmuck etc. — und schließlich das ganze Haus. Wir alle mußten Haus Seebichl räumen, jeder durfte nur ein Gepäckstück von 50 Kilogramm und 120 Reichsmark mitnehmen. Dann brachte man uns ein paar Kilometer entfernt in einem Bauernhaus unter. Ein französischer Soldat wurde als Wache zurückgelassen. Erst nach Wochen fiel eine Entscheidung. Ein Mann der «Sureté» teilte uns mit, wir hätten auf Anordnung der französischen Regierung Österreich zu verlassen und würden nach Deutschland evakuiert. Meine Bitte, meine Filme und mein Geld mitnehmen zu dürfen, wurde abgeschlagen.
Auf einem offenen Lastwagen, begleitet von drei Franzosen mit Gewehr, verließen wir Tirol. Als wir durch St. Anton kamen, hörte ich, daß dort einige meiner Mitarbeiter Filmaufnahmen machten. Sie hatten, während ich in Innsbruck im Gefängnis war, eine Firma gegründet und mit Hilfe meiner Kameras und Arbeitsgeräte begonnen, einen Bergfilm zu machen. Für die Hauptrolle hatten sie meinen «Pedro» engagiert, für die Regie meinen Assistenten Dr. Harald Reinl, und die Leitung hatte mein Prokurist Waldi Traut — sie alle waren meine Schüler, und ich freute mich, daß wenigstens sie so schnell wieder arbeiten durften. Von ihnen wollte ich mich verabschieden.
Unser französischer Fahrer zeigte Verständnis und ging, um sie zu benachrichtigen, in den Gasthof zum «Schwarzen Adler», wo die Gruppe gerade beim Essen war. Da erlebte ich eine schmerzliche Enttäuschung. Von meinen langjährigen Mitarbeitern kam nur ein einziger heraus, um sich von mir zu verabschieden, der jüngste unter ihnen: Franz Eichberger, «Pedro», der Hauptdarsteller des «Tiefland»-Films. Meine besten Freunde erschienen nicht — keiner von ihnen. Jahrelang hatte ich sie gefördert und unterstützt, nun wollten sie nichts mehr mit mir zu tun haben. Als wir weiterfuhren, blickte uns «Pedro» weinend nach.
Kurz vor der Grenze blieb unser Wagen irgendwie hängen, es gab einen heftigen Stoß. Die Folge war, daß sich mein Mann ein Bein brach. Im nächstgelegenen Hospital konnte es in Gips gelegt werden. Dann ging es weiter bis zur deutschen Grenze. Die dort stationierten Franzosen waren nicht informiert, was mit uns geschehen sollte. So fragten sie, in welche Stadt ich fahren möchte.
«Nach Berlin», sagte ich.
«Impossible», sagten sie, «Stadt in der französischen Zone.»
Da nannte ich Freiburg. Mir fiel Dr. Fanck ein, der dort ein Haus besaß, aber ich wußte nicht einmal, ob er noch am Leben war.
Da in der von Bomben zerstörten Stadt Freiburg keine Unterkunft zu finden war, wurden wir in der ersten Nacht in einem Gefängnis untergebracht. Am nächsten Tag versuchte ich meinen früheren Regisseur zu sprechen, und tatsächlich erreichte ich ihn auch. Aber auch Dr. Fanck wollte nichts mehr mit mir zu tun haben. Brüsk bat er, ihn nicht mehr anzurufen. Bestürzt stand ich vor dem Telefonapparat. Immer hatte ich mich für ihn eingesetzt. Als er arbeitslos war, verschaffte ich ihm über Speer die Verfilmung der Modellbauten von Berlin, wodurch er nicht nur gut verdiente, sondern
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