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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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in
    geheimer schriftlicher Abstimmung und ergab ein einstimmiges Ergebnis, die
    Olympischen Winterspiele wieder nach Garmisch-Partenkirchen zu vergeben.
    Wenn noch drei Jahre nach den Olympischen Spielen in Berlin und nur zwei
    Monate vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die heutige, von den Medien
    verbreitete Ansicht, daß die Spiele in Berlin politisch mißbraucht wurden,
    zutreffen würde, dann hätte sich doch wenigstens das eine oder andere Mitglied
    aus den 52 Nationen der Stimme enthalten oder sogar gegen eine erneute
    Übertragung der Spiele an Deutschland gestimmt. Zu den Aufgaben des
    Organisations-Komitees gehörte auch die Berichterstattung in jeder Form, die
    dem Propagandaministerium nicht unterstellt worden war. In dieser Zuständigkeit
    ist Frau Leni Riefenstahl mit dem Dokumentarfilm beauftragt worden. Das
    Propagandaministerium hatte mit dieser Entscheidung nichts zu tun und auch
    sein späterer Widerspruch blieb unberücksichtigt.
    Auf Antrag des jetzigen Präsidenten Brundage, USA, und des französischen
    Ministers a. D. Pietri, also nicht etwa auf deutsche Anregung, wurde Leni
    Riefenstahl auf der Sitzung des IOC am 8. Juni 1939 vom Internationalen
    Olympischen Komitee für die künstlerische Gestaltung der Olympia-Filme die
    Olympische Goldmedaille verliehen. Dies wäre völlig unmöglich gewesen, wenn
    in dem Film nur wenige Meter nationalsozialistische Propaganda enthalten
    gewesen wären. Die gesamte Auslandspresse hat einmütig 1938/39 trotz des
    damals noch sehr stark bestehenden Boykotts gegen Deutschland die neutrale und
    unpolitische Gestaltung des Olympiafilms gerühmt, und in den USA wurde der
    Film 1956 von einem Gremium bekannter Filmregisseure unter die zehn besten
    Filme der Weltproduktion eingestuft ...
    gez. Diem»
      Aus diesen Gründen wagte ich, die Einladung der Filmklubs anzunehmen. In allen drei Städten war der Erfolg überwältigend, nicht nur beim Publikum, auch in der Presse. Im Berliner «Titania-Palast», der 1900 Zuschauer faßte und beinahe ausverkauft war, mußte ich mich immer wieder dem begeisterten Publikum zeigen. Mit mir auf der Bühne stand auch Herbert Windt, dessen Musik wesentlich zu den Erfolgen des Olympiafilms beigetragen hat.
      Wieder einmal war es anders gekommen, als alle es sich vorgestellt hatten. Ich war vor meinem Auftreten in Berlin gewarnt worden, und ich gestehe, ich wäre nicht nach Berlin gegangen, hätte ich nicht erfahren, daß die Besitzer des «Titania-Palasts» Berlin fluchtartig verlassen hatten. Die Angst der anderen gab mir meine Courage zurück. Ich dachte mir, schlimmer als mit Eiern und Tomaten beworfen zu werden, kann es kaum werden. Man hatte von Demonstrationen und organisierten Krawallen gesprochen. Nichts dergleichen geschah. Ich erfuhr nur spontane Begeisterung. Sogar die Presse war, anders als später 1972, hervorragend. Der Sender «Freies Berlin» äußerte sich so:

    «Es war mehr als nur ein gewöhnliches Wiedersehen, als dieser Filmstreifen in
    seinen zwei abendfüllenden Teilen über die Leinwand lief. Deutlicher noch als
    einst zeigte sich, wie gut der Versuch gelungen ist, die Idee der Olympischen
    Spiele in die Form eines Filmkunstwerks zu gießen. Wir haben den Film erneut
    gesehen und sind erneut von ihm gepackt worden.»

      Das war keine Einzelstimme. Ich habe ein Bündel nicht weniger enthusiastischer Berichte. Überall wurde der Wunsch laut, den Film in weiteren Vorführungen zu zeigen.
      Das war nicht so ohne weiteres möglich, da diese Vorführungen von Filmklubs veranstaltet waren, gewissermaßen vor geschlossener Gesellschaft. Bei öffentlichen Vorführungen mußte der Film erst durch die deutsche Zensur freigegeben werden.
      Anfang Januar 1958 fuhr ich mit den Kopien der zwei Olympiafilme nach Wiesbaden zur «Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft». Klopfenden Herzens erfuhr ich, daß nur der II. Teil freigegeben wurde. Die Verweigerung der FSK verstand ich nicht. Mein Olympiafilm ist ohne Einschränkung völlig unpolitisch. Krimis und Sex passierten im allgemeinen mühelos die Zensur. Ich hatte mich bemüht, einen fairen Sportfilm zu machen, habe nicht einmal erwähnt, daß Deutschland die meisten Medaillen gewann, damals eine sportliche Sensation, und hatte darauf verzichtet, die im Rahmen der Olympischen Spiele vom Dritten Reich veranstalteten Festlichkeiten in meinen Film einzubeziehen, was mir von Minister Dr. Goebbels sehr verübelt wurde.
      Verzweifelt versuchte ich die

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