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Memoria

Memoria

Titel: Memoria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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Vaterschaft zu beweisen. So etwas dauert seine Zeit.» Er hielt inne, als ob er das alles bereits im Geiste durchspielte, dann fragte er: «Wissen Sie von nächsten Angehörigen, die sich Ihnen in den Weg stellen könnten? Leben Michelles Eltern noch? Solche Angelegenheiten können sehr unschön verlaufen.»
    Als ich Michelle am Telefon danach fragte, hatte sie gesagt, es gebe niemanden in der Nähe. Ich versuchte mich zu erinnern, was ich über ihre Familie wusste. Wir waren nur ein paar Monate lang zusammen gewesen, und auch wenn es sehr intensive Monate waren, solche nebensächlichen Details waren inzwischen verblasst.
    «Ich bin mir nicht sicher, aber soweit ich weiß, hatte sie keine Geschwister. Ich glaube, ihr Vater ist schon länger nicht in Erscheinung getreten, und ihrer Mutter ging es damals, als wir zusammen waren, nicht gut. Ich meine, sie hatte Alzheimer, aber … so genau weiß ich es nicht.»
    «Okay, das können wir herausfinden.» Villaverdes Gesichtsausdruck wurde milder. «Hören Sie, worauf ich hinauswill: Sie haben mit diesem Kind genug zu tun. Sie müssen den Behördenkram regeln und ihn mit nach Hause nehmen, ihn kennenlernen und das Fundament für sein neues Leben legen. Das wird nicht leicht sein nach allem, was er heute durchgemacht hat. Ich meine, er hat gerade mitangesehen, wie seine Mutter gestorben ist. Großer Gott. Das wird schwer zu bewältigen sein. Sie haben eine Mammutaufgabe vor sich, mein Freund. Und auf die müssen Sie sich jetzt konzentrieren. Das andere übernehmen wir schon.»
    Ich hörte ihm kaum zu. Vor meinem geistigen Auge lief in einer Endlosschleife die Szene ab, wie Michelle sich zusammenkrümmte, als sie gerade in den Wagen steigen wollte. Ich hörte ihr Stöhnen, als die Kugel sie traf.
    «Ich will diese Kerle schnappen», sagte ich nur.
    «Hey, das will ich auch. Ich habe schon mit dem Leiter der Abteilung für Kriminalinformationen des SDPD gesprochen. Glauben Sie mir, die Sache hat für uns alle höchste Priorität. Aber Sie können hier nicht wirklich etwas beitragen. Wir sind nicht in New York. Das hier ist nicht Ihr Revier, Sie würden nur unsere Ressourcen strapazieren.» Er stieß die Luft aus, ließ die Schreibtischkante los und trat neben mich an die Glaswand. «Schauen Sie, Michelle ist tot. Ihr Freund ist tot. Ob die Täter darauf aus waren, sie zu entführen, oder nicht, spielt jetzt keine Rolle mehr. Es ist vorbei. Diese Dreckskerle werden wieder in die Kloaken kriechen, aus denen sie gekommen sind. Und wir müssen eben so lange sämtliche Spuren verfolgen, bis wir sie haben. Gehen Sie. Nehmen Sie Ihren Sohn, und gehen Sie nach Hause. Überlassen Sie diese Sache uns.»
    Ich ballte die Fäuste und spürte, wie meine Kiefermuskeln sich verkrampften, während seine Worte auf mich wirkten. Alex. Alex war jetzt meine Priorität, und sosehr ich es hasste, mir das einzugestehen, ich würde zu dieser Ermittlung nicht viel beitragen können. Hier war ich ein Außenseiter, kannte mich nicht aus, hatte keine Kontakte. Ich wäre diesen Leuten nur zur Last gefallen.
    Doch sosehr das auch stimmen mochte, es war trotzdem bitter.
    Ich warf einen Blick auf die Uhr. Es war kurz nach zehn – jeder Vierjährige hätte längst ins Bett gehört. Ich musste Alex von hier fortbringen in eine wärmere, tröstlichere Umgebung, ihn schlafen legen, damit er ein wenig Ruhe bekam. Es hieß doch immer, Kinder seien unglaublich zäh und belastbar. Alex würde die Kraft eines ganzen Lebens brauchen, wenn er das hier überwinden sollte. Und ich selbst würde einiges zu lernen haben, und zwar schnell. Zuerst musste ich mir überlegen, was ich ihm erzählen würde, wann und wie ich ihm beibringen sollte, was geschehen war. Auf so etwas war ich absolut nicht vorbereitet. Mir war klar, dass er so schnell wie möglich Hilfe brauchte, und so, wie es aussah, würde die Kinderpsychologin nicht vor morgen früh in Erscheinung treten.
    «Ich sollte ihn hier rausbringen», sagte ich.
    «Wir werden ein paar Zimmer im Hilton organisieren. Da bringen wir öfter Leute unter», bot Villaverde an. «Vielleicht wäre es gut, wenn Jules mitkäme – sie könnte Ihnen helfen, ihn ins Bett zu bringen und zu beruhigen», fügte er hinzu und wies mit einer Kopfbewegung zu der brünetten Agentin.
    «Sicher.» Ich nickte ein wenig geistesabwesend, mir war klar, dass die Hilfe, die ich wirklich brauchte, von woanders kommen musste. Vor allem aber dachte ich daran, dass ich einen wichtigen Anruf zu tätigen

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