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Memoria

Memoria

Titel: Memoria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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vorgefallen war, merkte ich, wie niedergeschlagen ich war.
    Ich hörte den anderen Sanitäter, einen kleinen, kräftigen Latino namens Luengo, sagen: «Systole ist bei achtzig», wobei er beunruhigter klang als zuvor. Dann stellte Abisaab fest: «Aus der Wunde kommt schaumiges Blut, wir müssen sie sofort verschließen», und binnen Sekunden arbeiteten sie fieberhaft daran, einen Wundverschluss mit Heftpflaster fest auf der Wunde anzubringen, wobei sie eine Seite offen ließen. Als sie fertig waren, wandte sich Luengo ab und bereitete die Trage vor.
    «Leute, ich muss wissen, wie es steht», wandte ich mich an die beiden.
    Ohne den Blick von Tattoo abzuwenden, erwiderte Abisaab: «Seine Lunge ist kollabiert, er hat starke Sauerstoff-Unterversorgung und Tachykardie. Er kann kaum atmen. Wir müssen ihn in die Notaufnahme bringen und an ein Beatmungsgerät anschließen.»
    «Was heißt das im Klartext?», wollte ich wissen.
    Sie wandte sich zu mir um und zog mit zweifelnder Miene die Augenbrauen hoch, sagte jedoch nichts – natürlich, der Verletzte war noch bei Bewusstsein und bekam möglicherweise alles mit, was gesprochen wurde.
    Ich trat etwas zurück, um den beiden nicht im Weg zu stehen, und übermittelte Villaverde, was die Sanitäterin mir zu verstehen gegeben hatte. Er stieß einen frustrierten Seufzer aus, dann sagte er: «Sie können da draußen jetzt nicht mehr viel tun. Ich schlage vor, Sie fahren zurück zum Broadway und sehen sich ein paar Fotos an.»
    Villaverde hatte recht. Selbst wenn Tattoo es schaffte, würde ich noch tagelang nicht zu ihm können, das war offensichtlich. Es machte mich unendlich wütend. Aus irgendeinem Grund, den ich noch immer nicht durchschaute, verfolgten diese Gangster mich, und es gefiel mir ganz und gar nicht, ständig auf der Hut sein zu müssen, während ich darauf wartete, dass dieser Dreckskerl seine Sprache wiederfand. Ich musste herausbekommen, wer die Typen waren.
    Ich sah zu, wie Abisaab und Luengo Tattoo auf die klappbare Fahrtrage legten und festschnallten.
    «Ich muss seine Taschen durchsuchen», sagte ich und ging auf die Trage zu.
    Abisaab entgegnete unbeirrt: «Wir müssen los.»
    «Ich beeile mich», beharrte ich, die Finger bereits in seinen Taschen.
    «Sir –»
    «Geben Sie mir nur eine Sekunde!»
    Er hatte nichts bei sich, keine Brieftasche, keinen Ausweis. Nicht dass ich damit gerechnet hätte, etwas zu finden, aber manchmal hat man Glück. Immerhin fand ich ein Handy, ein billiges Prepaid, das ich einsteckte.
    Ich trat zurück, damit die Sanitäter ihn einladen konnten. Dabei bemerkte ich etwas an Luengos Arm: den unteren Rand einer anscheinend größeren Tätowierung, die gerade unter dem Ärmelsaum hervorschaute.
    Plötzlich kam mir eine Idee.
    «Moment noch, warten Sie.» Ich lief wieder auf die Sanitäter zu und drängte mich an ihnen vorbei zu Tattoo.
    «Wir müssen ihn jetzt abtransportieren», protestierte Abisaab.
    «Ich weiß, aber –» Ich schob das zerschnittene T-Shirt nach beiden Seiten auseinander, konnte jedoch nichts sehen. Ich wandte mich an Abisaab und verlangte: «Geben Sie mir Ihre Schere.»
    «Was?»
    «Ihre Schere. Geben Sie sie mir.»
    «Wir müssen ihn jetzt abtransportieren», wiederholte sie und durchbohrte mich mit dem Blick.
    «Dann vergeuden Sie keine Zeit mehr und geben Sie mir die verdammte Schere.»
    Abisaab sah mich an und las offenbar von meinem Gesicht ab, dass es mir bitterernst war, denn sie kramte kopfschüttelnd in ihrer Ersthelfertasche und reichte mir widerwilllig die Schere. Dabei warf sie mir einen Blick zu, als hätte ich soeben ihrer Lieblingskatze den Hals umgedreht.
    Ich machte mich daran, die übrige Jacke aufzuschneiden. Dabei fing ich mit dem Ärmel an, der mir am nächsten war.
    «Was zum Teufel machen Sie da?», fragte die Sanitäterin.
    Ich ließ mich nicht beirren. «Sie vergeuden seine Zeit, nicht meine, ist Ihnen das klar? Seine Zeit.»
    Ich zog den Ärmel vorsichtig auseinander, um zuerst den Unterarm freizulegen und dann den Oberarm bis hinauf zur Schulter. Keine Tätowierung.
    Ich lief um die Trage herum und nahm mir den linken Arm vor, wobei ich sorgfältig auf die Infusionsschläuche achtete. Auch hier war am Unterarm nichts zu sehen, aber als ich den Ärmel ganz aufschnitt, entdeckte ich die Tätowierung an der Schulter.
    Ich zog den Stoff so weit auseinander, dass ich sie ganz sehen konnte. Ein Adler, der zwei gekreuzte M 16 in den Klauen hielt, wie die gekreuzten Knochen unter einem

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