Men in Black II
Untertreibung.
»Ihre Dienstwaffe«, verkündete Jay, als er Kay die Grille überreichte. Kay nahm sie entgegen, nur um die zierliche Waffe sogleich geringschätzig zwischen Daumen und Zeigefinger zu halten, als wäre sie ein Kätzchen, das sich ungehöriger Handlungen auf dem guten Aubussonteppich schuldig gemacht hatte.
»Es kommt nicht auf die Größe an«, belehrte ihn Jay. »Sondern darauf, was man mit dem Ding anstellen kann.«
»Dienstwaffe«, wiederholte Kay, offensichtlich nicht überzeugt.
Jay schaltete seinen Charme ein. »Würde Ihr vorgesetzter Offizier Sie belügen?«
»Ich habe mal Anweisungen von Ihnen befolgt?« Kays Stimme klang zweifelnd, zynisch und ungläubig.
»Ich habe Ihnen alles beigebracht, was Sie wissen, Sportsfreund«, sagte Jay mit einem strahlenden Lächeln. Schön, das entsprach nicht ganz der Wahrheit; na und? Das hier war seine ganz persönliche Revanche dafür, dass er durch Kays Rückkehr draußen in der Haupthalle anscheinend unsichtbar geworden war. Kleinlich, sicher, doch es war harmlos, und es tat verdammt gut!
»Können wir jetzt endlich weiter?«, fragte Kay gereizt.
»Nicht in dieser Jungpfadfinderuniform«, entgegnete Jay mit einem langen Blick auf Kays Postbeamten-Dienstkleidung. Mann, hatte der Kerl komische Knie!
Wird schön sein, dich wieder in deinen üblichen Klamotten zu sehen, Kay, dachte er. Und noch besser, wenn du erst deneuralisiert bist.
Laut sagte er: »Kommen Sie mit.«
Ein großer Teil der Haupthalle der MIB-Zentrale war der Zollabfertigung vorbehalten. Sie unterschied sich kaum von ihren Schwesterbehörden der Regierung, deren Zollabfertigungen auf jedem Internationalen Flughafen und an sämtlichen Grenzen und Überseehäfen zu finden waren. Hier mussten sich alle ankommenden Aliens dem gleichen Brimborium unterziehen wie jeder Erdling, der die Landesgrenze überschreiten wollte, ob er nun eine Geschäfts- oder Vergnügungsreise unternahm, um Asyl bitten wollte oder schlicht auf ein besseres Leben im Land der unbegrenzten Möglichkeiten hoffte.
Die Ankunftshalle war jedoch ganz sicher kein kahles, hallendes Lagerhaus für die Massenabfertigung von Immigranten im Stil von Ellis Island. Die Zeiten ändern sich, auch wenn die Bürokratie dabei nicht mitmacht.
Die Bedürfnisse der neuen Erdenbesucher wurden nicht ignoriert, ob es nun um Nahrung, Kleidung oder ein schickes neues Mobiltelefon ging. Auf der Seite der Halle, die dem Abfertigungsbereich gegenüberlag, gab es einen Burger King, einen Duty Free-Shop und einen ›INew York‹-Laden. Warum auch nicht? Schließlich konnten die Men in Black die Neulinge genauso gut gleich vor Ort an die wundervolle Welt der Konsumgesellschaft gewöhnen. Außerdem hatten einige der anreisenden Aliens Kinder bei sich, und es ist eine universal anerkannte Wahrheit, dass man wimmernden Nachwuchs am besten dazu bringen kann, still sitzen zu bleiben und die Klappe zu halten, indem man ihm etwas zu essen oder zum Spielen gab.
Ob der Besuch auf der Erde ganz ungezwungene Gründe hatte oder hohen Idealen diente, eines blieb immer gleich: Warteschlange aussuchen, ruhig stehen bleiben und warten, bis man an der Reihe ist. Ach ja, und beten, dass was-oder-wer-auch-immer hinter einem steht, nicht (a) ein Feind, (b) ungeduldig und/oder (c) hungrig ist.
Sollte Möglichkeit (c) sowohl wahrscheinlich als auch bedrohlich real erscheinen, so war es das Beste, die Kreatur, die vor einem in der Schlange stand, zu bitten, einem den Platz freizuhalten. Derweil konnte man losgehen und allen ein paar Whopper spendieren, mit Extra-Käse, versteht sich.
Die Agenten, die in der Zollabfertigung arbeiteten, waren das unbesungene Fußvolk der Men in Black, die pflichtversessenen, emsigen Datenfresser der Organisation. Wenn sie Glück hatten, lief alles mehr oder weniger nach den Richtlinien ab: nächste Kreatur aufrufen, ihm/ihr/ihnen ein paar Fragen stellen, Dokumente prüfen – Pass, Arbeitserlaubnis, die ganze Palette –, und schon war alles erledigt.
Diese Agenten hörten sich an, wie Kreaturen, die aussahen wie das Resultats eines One-Night-Stands von David Bowie mit einem gigantischen Wellensittich, sich darüber beklagten, dass sie auf ihrem neuen Passfoto irgendwie katzenartig aussähen. Sie versicherten aufgebrachten Immigranten, die sich beschwerten, der Geldautomat hätte ihre Karte gefressen, dass es schlimmer hätte kommen können: Der Typ, der den Geldautomaten reparierte, hätte sie fressen können. Sie befriedeten
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