Menetekel
machte ihn rasend, dass er nichts für ihn tun konnte.
Vorläufig nicht.
Er musste die Position des Peilsenders überprüfen, und er wollte sich Bellingers Wohnung ansehen. Für beides brauchte er einen Internetzugang.
Inzwischen war Mitternacht vorbei, und um diese Zeit kamen nur noch Hotels mit Business Center in Frage. Die Bedienung empfahl ihm ein Best Western ganz in der Nähe, also plünderte er einen Geldautomaten und bog eine Viertelstunde später auf den Hotelparkplatz ein.
Das Business Center neben der völlig ausgestorbenen Lobby war die ganze Nacht geöffnet, stand aber nur Hotelgästen zur Verfügung. Die Aussicht auf Schlaf und eine heiße Dusche war verlockend, also nannte er dem Mann am Empfang einen falschen Namen, nahm ein Einzelzimmer und zahlte bar. Wenig später saß er vor einem Computer mit schnellem Internetzugang.
Er loggte sich auf der Website des Peilsenders ein und überprüfte dessen Position. Als einstiger Autodieb wusste er Peilsender mehr zu schätzen als irgendjemand sonst, zumal wenn es um begehrte, hochpreisige Klassiker wie seinen Mustang Bullitt ging. Und jetzt war er erst recht froh, so ein Ding zu besitzen. Bewegte sich das Fahrzeug, übermittelte der Peilsender seine Position alle dreißig Sekunden. Wenn es stand, wechselte er in den Ruhezustand und meldete sich nur alle zwölf Stunden. Normalerweise hielt der Akku ungefährdrei Wochen; allerdings schätzte Matt, dass er gerade ziemlich weit herunter war. Wahrscheinlich reichte der Saft nur noch für ein paar Tage.
Der Chrysler hatte sich nicht bewegt. Was gut und schlecht zugleich war. Immerhin hatte er die Typen nicht im Nacken. Aber sie gaben auch nicht so rasch auf.
Als Nächstes machte er sich daran, Bellingers Adresse herauszufinden, was nicht lange dauerte. Bellinger schien nicht gerade großen Wert auf Datenschutz zu legen – überhaupt war es erschreckend, wie viel man online über eine beliebige Person herausfinden konnte. Bellinger wohnte in Inman Square, einem angesagten, schicken Viertel drüben in Cambridge. Danny hatte auch dort gewohnt, bis er verschwunden war – so nannte es Matt inzwischen lieber. Um diese nachtschlafende Zeit war man im Nu dort. Wozu also warten?
Matt notierte die Anschrift und wollte sich gerade ausloggen, da fiel ihm noch etwas ein. Er tippte
antarktis
und
himmel
und
nachrichten
in die Suchzeile, und fast sofort wurden ihm die ersten von über einer Million Treffern angezeigt. Offensichtlich ging es um das gigantische Abbrechen von Schelfeis. Matt klickte auf den ersten Link, der zum Sender Sky News führte, und las den Artikel.
Er brachte wenig Licht in die Sache. Matt lehnte sich zurück und überlegte. Er hatte keine Ahnung, was das mit Danny oder gar mit der brutalen Entführung Bellingers zu tun haben sollte. Aus einer zweiten Durchsicht des Artikels wurde er auch nicht schlauer. Er wollte schon aufgeben, da fiel ihm ein Link unter dem Artikel ins Auge. Dort wurdeeine «unerklärliche Sichtung» über dem Eiskontinent erwähnt. Matt klickte ihn an. Der entsprechende Artikel erschien auf dem Bildschirm. Ein Videoclip war darin eingebettet.
Das war schon gehaltvoller.
Matts Nackenmuskeln spannten sich an, während er las und sich das kurze Video von der Reporterin und der Erscheinung über dem Schelfeis ansah. Er nahm sich das Ganze ein zweites Mal vor. Dann startete er eine neue Suche und bekam jede Menge Treffer zu der Erscheinung. Je mehr er begriff, wie sehr dieser Fernsehbericht eingeschlagen hatte, desto mehr verknotete sich sein Magen.
Das hier war eine richtig große Sache.
Wenn Danny tatsächlich damit zu tun hatte, wenn er gezwungen worden war, daran mitzuarbeiten, wie Bellinger gesagt hatte, dann steckte hinter seinem Verschwinden weit mehr als gedacht.
Minuten später lenkte Matt den Mustang über die Longfellow Bridge. Der Broadway lag völlig verlassen da. Die schlafende Stadt besaß eine herbe Schönheit, aber während dieser Fahrt war Matt dafür blind. Ihm schossen die wildesten Theorien durch den Kopf; zugleich bekam er ein mulmiges Gefühl, das minütlich stärker wurde – als ob sich ein Netz des Bösen über ihn legte.
Er durfte sich davon nicht irremachen lassen. Vorsichtshalber fuhr er erst einmal an dem zweistöckigen Haus vorbei, in dem Bellinger wohnen musste, wendete ein paar Querstraßen später und passierte es noch einmal aus der anderen Richtung. Es waren mehrere Zentimeter Schnee gefallen,alles lag unter einer geschlossenen Schneedecke.
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