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Menetekel

Menetekel

Titel: Menetekel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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In einem Erkerfenster im Erdgeschoss blinkte ein einsamer Weihnachtsbaum, ansonsten lag das Gebäude im Dunkeln. Auch auf der Straße regte sich nichts.
    Matt bog in eine enge Gasse ein, die das Gebäude von seinem Nachbarhaus trennte. Er machte den kehligen Achtzylinder aus – nicht gerade der ideale Motor für geheime Missionen. Einen Moment lang wartete er, um noch einmal sicherzugehen, dass er allein war, dann öffnete er die Tür. Alles um ihn herum war gespenstisch ruhig. Die Luft war kalt und windstill. Es schneite nicht mehr, und der Mond schien jetzt wieder heller. Matt wühlte im Handschuhfach nach seinem altbewährten Multifunktionswerkzeug von Leatherman und einem kleinen Stück Draht. Er steckte die Sachen ein, stieg aus, stellte den Mantelkragen hoch und ging rasch zur Eingangstür des Hauses.
    Es gab drei Klingelschilder – also je eine Wohnung pro Stockwerk. Bellingers Name stand ganz oben, er wohnte also vermutlich im zweiten Stock. Das Schloss an der Haustür stellte keine große Herausforderung dar. Es handelte sich um ein handelsübliches Zylinderschloss mit fünf Stiftsäulen, das sogar ohne seinen liebsten Türöffner, ein paar Büroklammern, leicht zu knacken war. Das Schloss an Bellingers Wohnungstür oben im zweiten Stock zu überwinden, war ebenfalls ein Kinderspiel für ihn.
    Leise zog er die Tür hinter sich zu und wartete, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Dann ging er in die Wohnung hinein und wünschte sich, er hätte eine Stablampe mitgenommen. Der kleine Flur öffnete sich zuzwei miteinander verbundenen Räumen, auf der einen Seite das Wohnzimmer, auf der anderen das Esszimmer, getrennt durch einen gasbetriebenen Kamin, der zu beiden Seiten hin offen war. Auf dem Kaminsims standen ein Dutzend Weihnachtskarten aufgereiht. Das großzügige Erkerzimmer schimmerte silbrig im Mondlicht. Matts Sinne waren aufs äußerste gespannt, als er es betrat. In einer Ecke neben einer großen Ledercouch vor den Erkerfenstern stand eine Halogenlampe mit Dimmer. Wenn er sie nur ganz schwach anmachte, war das Licht von draußen vielleicht nicht zu sehen. Er beschloss, es zu riskieren. Der Dimmer begann zu brummen; ein schwaches gelbliches Glühen verbreitete sich im Raum.
    Alles war makellos aufgeräumt. Matt trat an den eleganten Schreibtisch aus Glas und Chrom, der an einer Wandseite stand. Auf der Tischplatte lagen ordentliche Stapel von Zeitungen, Büchern, Zeitschriften, Ausdrucken und ungeöffneten Briefen. Der Papierkram eines vielbeschäftigten, wissbegierigen Spezialisten. Matt entdeckte eine kleine Schachtel mit Bellingers Visitenkarten und steckte eine ein. Etwas fehlte auf dem Schreibtisch. Ein Computer. Ein großer Flachbildschirm war noch da, ebenso die verwaiste Ladestation für einen Laptop und eine kabellose Maus. Aber der Laptop fehlte.
    Hatten sie die Wohnung schon durchsucht?
    Angespannt sah Matt sich noch einmal im Raum um, lauschte auf das kleinste Geräusch. Sie hatten Bellinger, also auch seine Anschrift und seine Schlüssel. Wenn sie hier gewesen waren, dann waren sie inzwischen wahrscheinlichlängst wieder weg. Es war jetzt etwa drei Stunden her, dass sich ihre Wege getrennt hatten.
    Trotzdem.
    So leise es nur ging, schlich er durch den Flur und überprüfte die hinteren Räume der Wohnung. Es waren zwei. Ein großes Schlafzimmer mit Fenstern zur Gasse und nach hinten sowie ein kleines, spartanisch eingerichtetes Gästezimmer. Beide waren leer. Matt überprüfte Badezimmer und Toilette, auch dort war niemand. Er atmete tief durch und ging wieder zurück ins Wohnzimmer, wo ihm auf einem Beistelltisch ein blinkendes Licht auffiel. Es kam von der Basis eines schnurlosen Telefons mit Anrufbeantworter – auf der LE D-Anzeige leuchtete eine Eins.
    Matt drückte die Nachrichtentaste. Eine neutrale Computerstimme informierte ihn, dass die Nachricht um 0   :   47 eingegangen war, was ihn aufhorchen ließ. Normalerweise rief man um diese Uhrzeit niemanden an.
    «Hey, Mann, wo zum Teufel steckst du?», fragte eine aufgekratzte Stimme. «Was ist los? Du gehst nicht ans Handy, und zu Hause bist du auch nicht. Jetzt geh schon ran, verdammt. Die Sache nimmt enorm an Fahrt auf. Die Blogs sind randvoll davon, das musst du gesehen haben. Die drehen richtig durch. Also ruf mich zurück. Ich bleib vor der Glotze, falls dieses Ding nochmal auftaucht. Ruf mich an, ansonsten   … ach, was weiß ich. Wir sehen uns morgen in der Firma.» Der Mann klang enttäuscht.
    Matt

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