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Menetekel

Menetekel

Titel: Menetekel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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Gracie ihn an.
    Der Fahrer nickte widerstrebend, knallte den Rückwärtsgang rein und lenkte den Wagen, die Hand immer noch auf der Hupe, langsam nach hinten. Die Menge wich überrascht zurück, die Lücke wurde größer.
    «Nicht anhalten.» Gracie sah sich in alle Richtungen um. «Bringen Sie uns zurück zum Tor.»
    Der Previa beschleunigte, als die Menge dünner wurde und sich eine Gasse bildete. Eine Schlägerei brach aus, als die Anhänger von Pater Hieronymus versuchten, die Gefolgsleute der islamischen Hassprediger daran zu hindern, an den Wagen zu gelangen. Endlich erreichte der Previa das Tor, das prompt aufschwang. Yusuf lenkte den Wagen geschickt durch die schmale Öffnung, dann wurden die Torflügel der wild gewordenen Menge vor der Nase zugeschlagen.
    Verwirrt stiegen sie aus, mit rasendem Puls, Adrenalin in den Adern. Dalton filmte noch immer, hielt jeden Moment ihrer Flucht fest.
    «Gehen wir nach oben», rief Gracie ihren beiden Kollegen zu und zeigte zur Festung. Finch nickte und holte die transportable Satellitenschüssel aus dem Auto. «Die Kollegen draußen kriegen das live.»
    Gracie wandte sich an Pater Hieronymus. «Bitte gehen Sie nach drinnen, Vater. Hier am Tor ist es zu gefährlich für Sie.» Sie sah zum Abt, der ernst nickte.
    Aber Pater Hieronymus reagierte nicht auf ihre Worte, sondern wirkte abwesend, gedankenverloren. Sein Blick ging an ihr vorbei zum Tor – wahrscheinlich sah er die Leute draußen vor sich, die es blockierten und seinen Namen riefen. Er wirkte merkwürdig ruhig.
    «Ich muss zu ihnen sprechen», sagte er schließlich mit fester Stimme.
    Er sah noch einmal Gracie und den Abt an, dann ging er zur Festung hinüber.
    «Warten Sie, Pater.» Gracie eilte ihm nach, dicht gefolgt vom Abt und von Bruder Amin.
    «Ich muss zu ihnen sprechen», wiederholte Pater Hieronymus, als er bei der schmalen Treppe ankam und die Steinstufen hinaufstieg.
    Sie folgten ihm über die Zugbrücke in den ersten Stock und dann hinauf ins oberste Stockwerk. Die klapperige Holzleiter stand nach wie vor unter der kleinen Dachluke. Wenig später waren sie alle oben auf dem Dach.
    Gracie, Finch und Dalton traten vorsichtig an den Rand und sahen hinunter.
    Der Anblick war entmutigend. Hunderte von Menschen drängten sich um das Tor. Sie skandierten, brüllten, winkten, drohten mit den Fäusten, sie gierten nach einer Reaktion, sahen sich nervös um, denn hinter ihnen eskalierte die Gewalt, wurden immer mehr Leute in die Auseinandersetzungen verwickelt, die sich über die gesamte Ebene auszuweiten drohten.
    Dalton baute die Liveschaltung auf, während Finch über das Satellitentelefon mit der Redaktion Kontakt aufnahm.Gracie kümmerte sich um die Ohrhörer und das Mikrophon und legte sich die Sätze zurecht, die sie gleich den Zuschauern in aller Welt sagen würde. Dabei beobachtete sie den alten Priester, der neben der Dachluke stand und zur sechs, sieben Meter entfernten Dachkante sah, die ihn noch von dem lärmenden Mob abschirmte. Der Abt und der junge Mönch redeten auf ihn ein, flehten ihn an, sich nicht auf diese Weise zu zeigen, da man von unten auf ihn schießen könnte. Pater Hieronymus wollte davon nichts hören und schüttelte langsam den Kopf. Er strahlte eine merkwürdige Mischung aus Ruhe und Furcht aus. Seine Arme hingen locker an den Seiten, seine Finger waren entspannt, seine Füße in den Sandalen reglos. Er wandte den Kopf und sah Gracie an, dann nickte er knapp, gelassen und ging auf die Dachkante zu.
    Gracie drehte sich alarmiert zu Finch und Dalton um. Sie kauerten bei der kleinen, mit einem Kreuz besetzten Kuppel, die eine Ecke des ansonsten flachen Daches einnahm. Dalton nahm seine Kamera hoch und folgte dem Priester geduckt. Finch gab Gracie das Zeichen, dass sie live auf Sendung waren. Gracie nahm das Mikro hoch, wusste aber nicht, was sie sagen sollte, während sie langsam mit dem alten Priester mitging, der rasch das Ende des Daches erreichte.
    Dort blieb er stehen und sah hinab, und aus der Menge stiegen Jubelschreie und Drohrufe auf. Ganz vorn standen seine Anhänger, die nun herandrängten, seinen Namen riefen und winkten, was den Zorn seiner Gegner nur weiter anfachte. Die Auseinandersetzungen im Hintergrund wurden heftiger.
«Kuffar»,
riefen sie und
«La ilaha illa ’llah»
, es gibt keinen Gott außer Gott. Steine flogen.
    Pater Hieronymus starrte mit schweißüberströmtem Gesicht auf das Chaos hinunter. Langsam hob er die Hände, breitete die Arme in einer

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