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Menetekel

Menetekel

Titel: Menetekel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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Ave-Marias beten, undin jeder Kleinstadt gibt es ein Museum über die Schöpfungsgeschichte. Wenn das der Preis ist, den wir zahlen müssen, ist mir die Klimaerwärmung deutlich lieber.»
    «Aber das ist doch gar nicht gesagt. Sie vergessen da nämlich etwas.» Drucker beugte sich vor. «Wir kontrollieren den Überbringer der Botschaft. Lassen Sie sich das mal durch den Kopf gehen, Larry. Wir haben die Chance, uns einen eigenen Propheten zu erschaffen. Einen Messias, der uns gehört. Stellen Sie sich nur mal vor, was für Möglichkeiten das birgt. Wozu wir die Menschen bringen können.»
    Drucker musterte Rydell mit kalten, berechnenden Augen.
    «Sie wissen, dass es richtig war», fuhr er fort, «dass es der einzig gangbare Weg war. Diese Leute lesen keine Zeitungen. Sie recherchieren nicht im Internet. Sie hören ihren Predigern zu – und glauben ihnen. Blind. Sie stellen keines ihrer Worte in Frage. Sie machen sich nicht die Mühe, die Fakten zu überprüfen. Sie schlucken den Mist, den sie in ihren Megakirchen zu hören bekommen, ganz egal, wie lächerlich er ist. Nicht einmal eine Armee von Pulitzerpreis- und Nobelpreisträgern könnte sie davon abbringen, mit noch so viel analytischer Schärfe und wissenschaftlicher Nachweisbarkeit nicht. Sie würden sagen, der Teufel habe sie geschickt, Satan, der ihren Geist zu verwirren versucht. Wir brauchen die Prediger. Wir brauchen diese Schaumschläger, um ihnen unsere Botschaft zu übermitteln. Und welchen besseren Weg gäbe es, sie auf unsere Seite zu bringen, als ihnen einen neuen Propheten zu präsentieren, einen, der nur ihnen gehört, damit sie ihn ihren Schäfchen verkaufen können?»
    Seine Worte schlugen eine Saite in Rydell an. «Und was ist mit der übrigen Welt? Sie tun so, als gäbe es nur Amerika.»
    «Amerika ist der weltgrößte Umweltverschmutzer, richtig? Also fangen wir hier an. Der Rest der Welt wird schon folgen.» Er schien zu überlegen. «Unsere Stoßrichtung hat sich nicht geändert. Was unsere Motivation angeht, stimmen wir immer noch überein. Hier geht es nach wie vor ums Überleben. Um die außergewöhnliche Bedrohung, der sich dieser Planet gegenübersieht. Darum, die Menschen von dem gefährlichen Weg abzubringen, an dem sie festhalten.»
    «Indem wir sie zurück ins Mittelalter befördern? Indem wir diesen armen Irren da draußen einen handfesten Grund liefern, an ihrem steinzeitlichen Aberglauben festzuhalten?»
    «Sehen Sie?» Drucker lächelte. «Jetzt entgeht Ihnen die Ironie der Sache nicht mehr.» Er wurde wieder ernst, sah Rydell nachdenklich an und fuhr fort: «Das Ganze hat ohnehin religiöse Züge angenommen, Larry. Das wissen Sie. Es ist dieselbe alte Geschichte, derselbe zeitlose Mythos, der in unseren Köpfen verankert ist, und in diesem Falle passt er wie angegossen. Es ist schließlich eine Heilsgeschichte, richtig? Wir sind Sünder. Wir alle sind Sünder. Wir haben diesen makellosen Garten Eden von Gott bekommen und ihn mit unserem maßlosen Konsum entweiht. Und nun müssen wir dafür bezahlen. Wir müssen große Opfer bringen und uns selbst geißeln, indem wir kleinere Autos fahren und Energie sparen und auf Flugreisen und sonstigen Luxus verzichten, den wir für selbstverständlich gehalten haben, müssen die Wirtschaft drosseln, um alles wieder inOrdnung zu bringen. Wir müssen den Antichrist namens Umweltverschmutzung besiegen, das Heil der Nachhaltigkeit suchen und uns retten, bevor der Tag des Jüngsten Gerichts kommt und uns die Klimakatastrophe auslöscht. So läuft das inzwischen, Larry. Und das liegt allein daran, dass die Leute religiöse Mythen mögen. Sie brauchen das. Früher oder später machen sie aus allem einen Kreuzzug. Und dieser hier erfordert nicht bloß ein Zeichen, sondern einen Propheten, der die Botschaft übermittelt. Damit die Sache klappt.»
    Rydell wandte den Blick ab und schüttelte den Kopf. Er konnte immer noch nicht fassen, dass sie gerade dieses Gespräch führten. Dass diese Herangehensweise, die sie – wie er geglaubt hatte – schon vor Monaten diskutiert und verworfen hatten, plötzlich doch wieder auf dem Tisch war, in all ihrer katastrophalen Pracht. «Und die anderen, sind die alle der gleichen Ansicht wie Sie?»
    «Rückhaltlos.»
    «Und wo soll das alles hinführen? Glauben Sie allen Ernstes, Sie können Pater Hieronymus unbemerkt am Gängelband führen? Diese Lüge für alle Zeiten aufrechterhalten? Früher oder später wird jemand dahinterkommen. Oder jemand macht einen Fehler

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