Mensch Hund
Grunde bleiben doch alle Sinne angespannt, und man läuft ständig zu allen Fenstern, um zu sehen, ob das arme Tier nicht vielleicht doch schon nach Hause gefunden hat. Auch spitzt man die Ohren, und bei jedem auch nur ganz entfernten Bellen rast man zur Haustüre um nachzusehen.
So war es auch diesmal, und richtig, nach drei Stunden hörte meine Frau Danny vor der Haustür bellen. Schnell hin, aufgemacht, und tatsächlich saß sie da. Doch auf die freundliche Aufforderung, doch bitte näher zu treten und sich auf dem Platz von dem anstrengenden Ausflug auszuruhen, kam nur ein wildes Bellen, und der Hund lief wieder die Straße entlang in Richtung Venn. Meine Frau in Hausschuhen, so wie sie war, hinterher, unter ständigem Rufen und Pfeifen, mal freundlich, mal streng. Doch Danny lief immer hundert Meter voran, setzte sich und bellte zum Herzzerreißen. Die Jagd hatte ein Ende, als meine Frau in ihren Hausschuhen bis zu den Knien im hohen Schnee steckte, und der Hund sich immer weiter entfernte. Unter lautem Fluchen und Schimpfen, „bekloppter Hund“, ging meine Frau nach Hause und faßte den festen Vorsatz, sich unter keinen Umständen mehr um diesen blöden Hund zu kümmern und ihm nach der Rückkehr eine ordentliche Tracht Prügel zu verpassen. Doch alle guten Vorsätze waren hin, als nach einer weiteren Stunde wieder Danny’s Gebell ertönte.
Haustür auf, liebevoll gerufen, schnell die Leine gegriffen und raus in den Schnee. Aber wieder das gleiche Spiel: Danny verschwand bellend im Wald, und meine Frau trottete, von den Nachbarn hinter der Gardine heimlich belächelt, wieder klitschenaß nach Hause.
Kurz vor dem Dunkelwerden kam ich dann zurück und machte mir doch ernstliche Sorgen über den Verbleib des Hundes. Ich nahm unseren Rüden Daffke an die Leine, kleidete mich winterfest ein und machte mich auf die Suche.
Daffke ging auch sehr schön auf Danny’s Fährte, die ich im Schnee verfolgen konnte. Nach etwa zwanzig Minuten — es war schon fast ganz dunkel — sah ich Danny wie eine Salzsäule auf etwa hundert Meter als dunklen Schatten im Schnee sitzen. Auch als ich herankam, war sie wie festgenagelt und kam mir nicht entgegen, sondern saß auf der Stelle, bis ich heran war. Ich nahm sie an die Koppel, und sie ließ es willig geschehen.
Froh, sie wieder zu haben, ging ich Richtung Heimat, jedoch kaum fünfzig Meter gegangen, zog der Hund so stark zurück und bellte derart, daß ich doch einmal nachsehen wollte, was denn an der Stelle, wo sie gesessen hatte, so Besonderes war. Ich ging also nochmal zurück und sah, was ich vorher in der Dunkelheit nicht beachtet hatte: Danny hatte einen jungen Hasen erlegt. Der Würgegriff war noch klar im Fell zu erkennen, jedoch hatte sie ihn nicht angeschnitten. Nun stürmten die Probleme auf mich ein: Lob oder Tadel? Denn irgendeinen Kommentar muße ich ja geben. Jetzt verstand ich auch, warum Danny nach Hause gelaufen war und versucht hatte, meine Frau in den Wald zu locken: sie wollte ihre Beute zeigen. Nur gut, daß Danny nie das Apportieren gelernt hat, denn sonst wäre sie am Ende noch mit dem Hasen durch das halbe Dorf gelaufen.
Einerseits ist das Jagen in fremden Revieren strengstens verboten, andererseits darf man den Hund, will man ihn weiter zur Jagd benutzen, auf Grund eines solchen Erfolgserlebnisses nicht strafen. Das würde eine heillose Verwirrung stiften. Ich habe mich mit einem Kompromiß aus der Affäre gezogen und gesagt: „Was ist denn das? Was hast du denn da gemacht?“ (blöde Frage, dachte Danny).
Nun stand ich also als Wilderer im Wald mit einem Hasen. Mitnehmen konnte ich ihn so nicht und liegenlassen oder wegwerfen wollte und konnte ich ihn auch nicht. Also brachte ich erst meine Hunde nach Hause, bewaffnete mich mit einer Plastiktüte und schlich mich zurück in den Wald, um den Hasen zu holen.
Mein erster und hoffentlich letzter gewilderter Hase hat jedenfalls gut geschmeckt, auch wenn wir ein schlechtes Gewissen dabei hatten. Danny hat beim Abnagen der Knochen jedenfalls kein schlechtes Gewissen gehabt.
Jagdliche Übungen — oder die Nasenarbeit
Hunde, die jagdlich ausgebildet oder in der jagdlichen Ausbildung stehen — wie unsere drei — nehmen, wenn richtig erzogen, jede nur mögliche Gelegenheit wahr, ihr Können und die Fähigkeit ihrer Nase zu beweisen.
Dies natürlich auch bei nichtjagdlichen „Einsätzen“.
So sind unsere Hunde zum Beispiel jederzeit genau informiert, wo sich im Hause etwas Freß- oder
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