Mensch Hund
nieder, kratzt sich ausgiebig und schüttelt verwundert die Schlappohren ob dieses Schauspiels.
Chivas aber läßt sich nicht entmutigen und vergißt völlig seine tägliche Runde um das Dorf, auf der er stets alle Exfrauen und Kinder begrüßt. Er bleibt den ganzen Tag um unser Haus und unseren Garten. Beim abendlichen Spaziergang in das Venn hält er respektvollen Abstand von vierzig Metern. Nach unseren mehr oder weniger freundlichen Aufforderungen, doch nach Hause zu gehen, beschnuppert er angelegentlich die Blümchen am Wegesrand und läßt sich auf fünfzig Meter zurückfallen, um dann nach der nächsten Wegbiegung wieder unauffällig aufzuholen.
Ab zehn Uhr abends ignorieren wir ihn einfach, genau wie Danny. Wann er nach Hause gegangen ist, wissen wir nicht, jedenfalls am nächsten Morgen, pünktlich um neun Uhr, saß er wieder vor der Haustür und nahm sehnsüchtigen Nasenkontakt mit Danny durch den Briefkastenschlitz auf. Wieder war er den ganzen Tag rund ums Haus und fing vor Kummer schon an zu jammern, zumal auch Danny schon etwas positivere Reaktionen zeigte als am Vortage.
So ging es Tag um Tag: pünktlich um neun Uhr stand Chivas vor der Haustür und sah einen bittend und bettelnd an, so daß uns schon fast das Herz weich wurde, geschweige denn unserer Hündin. Ohne Fressen, ohne Trinken harrte er den ganzen Tag aus und oft sogar die Nacht. Das erfuhren wir eines nachts, gegen drei Uhr, als ein schweres Gewitter über uns herzog, und mitten zwischen Donner, Blitz und Regengeprassel ein jämmerliches Heulen aus der Dunkelheit erschallte.
Immer auf der Hut, ob nicht einer von unseren Hunden einen nächtlichen Ausflug unternahm, schaute ich hinaus und sah ein nasses, zerknautschtes Bündel um die Ecke schleichen: Chivas! Ob solcher Ausdauer waren wir so gerührt, daß wir ihm gerne einige Tage später die größte Enttäuschung seines Lebens erspart hätten.
Der von allen Züchtern nach anderen Regeln und Rezepten ausgerechnete Tag des Eisprungs näherte sich bei Danny, und wir hatten schon einen bekannten Deckrüden mit ehrenwertem Stammbaum im Hause. Wenn man nun denkt, Chivas hätte sich dadurch in seiner Treue beeinflussen lassen, dann irrt man sich, denn er behielt nach wie vor seine vierundzwanzig Stunden Wache bei.
Eines Tages, er machte gerade seinen wohlverdienten Mittagsschlaf auf der obersten Eingangsstufe vor dem Briefkastenschlitz, schritt Copper — unser Deckrüde — zur Tat. Er suchte sich dazu genau die Stelle im Hundezwinger als Schauplatz aus, die durch ein Gitterfenster vom Eingang aus einzusehen ist. Chivas blieb die Luft weg, er zog die Behänge hoch, zitterte am ganzen Körper und regte sich furchtbar über diesen dahergelaufenen Kerl auf, der so einfach das durfte, was er sich eigentlich verdient hätte. Weinend sah er den Bemühungen des Konkurrenten zu. „Da muß man doch einen Profi ranlassen!“
Dann schüttelte er das Haupt über diese schlechte und ungerechte Hundewelt und zog von dannen.
Gott sei Dank hat er erst Monate später gemerkt, daß er ohne weitere Probleme über unseren Zaun springen kann. Aber da war es zu spät, und er hat seiner untreuen Geliebten nur ab und zu mal einen Höflichkeitsbesuch abgestattet.
Kürzlich trafen wir auf einem Spaziergang einen kurzgeschorenen, braven, kleinen, schwarzen Hund, sittsam an Herrchens Leine, der verlegen fortsah, als er uns und unsere Hunde erblickte. Es war Chivas.
In Anbetracht der wieder aufgeflammten Tollwut und des größer werdenden Ärgers der Dorfbewohner über unerwünschte Nachkommenschaft ihrer Hunde - Chivas’ letzter Wurf brachte zwölf Welpen - hatte man sich entschlossen, auch aus ihm einen „anständigen“ Haushund zu machen, und hatte ihn darüberhinaus noch kastriert. Er tat uns echt leid. Sic transit glora mundi!
Bettgeschichten — oder wie herzlos wir unsere Hunde behandeln
Nach unserer Meinung ist eine der Grundlagen konsequenter Hundeerziehung, daß der Hund von Anfang an immer seinen festen und angestammten Platz in der Wohnung hat. Dieser Platz ist seine Zuflucht, sein Bett, seine Heimat. Für ein gesundes und zufriedenes Hundeleben ist dies unerläßlich — so dachten wir.
Um so mehr hat es uns immer gewundert, wenn befreundete Hundebesitzer oder sogar Züchter uns besuchten und sehr erstaunt unseren selbst zusammengezimmerten Hundekasten im Hausflur betrachteten. Zunächst haben wir uns ob unseres handwerklichen Geschickes immer geehrt gefühlt, denn wir glauben, daß unser
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