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Mensch, Martha!: Kriminalroman

Mensch, Martha!: Kriminalroman

Titel: Mensch, Martha!: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klöck
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klebt
fest. »Das behaupten Sie!«
    »Ja, das behaupte ich. Sie kam
gestern Abend in meine Sprechstunde und jammerte mir was vor.
Ich schickte sie wieder weg. Es steckte nichts dahinter. Nichts
Physisches.«
    »Kann das jemand bestätigen?«
Martha fühlt wieder Boden unter den Füßen.
    »Nein, meine Mitarbeiterinnen
waren schon weg. Als letzte ging Angelika. Sie geht freitags immer
Viertel vor sechs, weil sie die Praxiswäsche noch in die
Wäscherei bringt.«
    »Wenn das Mädchen nicht krank
ist und – wie Sie behaupten – von Ihnen durchschaut wird, warum
kommt Sie dann zu Ihnen?«
    Er kratzt sich am Hals. »Was
weiß denn ich! Vielleicht sucht sie einen Vaterersatz. Vielleicht
hat sie sich in mich verliebt.«
    Jetzt lacht Martha auf.
Straßenberger würde sie rügen.
    Radspieler legt den Kopf zur
Seite und sieht Martha ruhig an. Er sagt nichts. Sein stummer Blick
treibt Martha in die Enge. Wie weit kann der Blutdruck steigen,
bis der Mensch tot umfällt?
    »Sie sagen also, das Mädchen
sei in sie verliebt?«
    »Es ist doch zumindest nicht
ganz auszuschließen, oder?«
    Arschloch. Selbstgefälliges
Arschloch.
    »Was Nicole Scherbaum
berichtet, hört sich aber nicht nach Verliebtheit an.«
    »Vielleicht nach unglücklich
verliebt?« sagt er im Tonfall eines Lehrers, der darauf hofft, dass
der minderbegabte Schüler endlich begreift. »Sie kommt
regelmäßig daher. Täuscht Wehwehchen vor. Das letzte Mal vor vier
Wochen. Sie zog sich die Jeans aus, um mir einen blauen Fleck am
Oberschenkel zu zeigen. Sie hatte keine Unterhose an.«
    »Was Sie nicht sagen!« Martha
schafft es nicht mehr, sachlich zu bleiben. Sie denkt an Nicole. Wie
sie geweint hat. An ihre Bedenken, man würde ihr nicht glauben.
Dieser Radspieler hat zweifelsohne die besseren Karten in der Hand.
Und er beherrscht das Kartenspiel besser. Jeder Staatsanwalt wird dem
integeren Kinderarzt glauben. Wahrscheinlich sogar Staatsanwältin
Noll.
    »Gestern wurde es mir einfach
zu bunt. Ich warf sie aus der Praxis. Noch ehe sie mein
Sprechzimmer betreten hatte.«
    »Na ja, nur hört sich die
Geschichte aus Nicoles Mund leider etwas anders an.«
    »Meine Version ist die
richtige.« Er beugt sich wieder nach vorne. »Es ist nicht meine
Aufgabe, Ihnen Tipps für Ihre Arbeit zu geben. Mir würde es auch
nicht gefallen, wenn mir wer Ratschläge erteilt. Trotzdem. Ich sage
Ihnen jetzt, was Sie tun werden ...« Er legt eine Kunstpause ein und
Martha schafft es nicht, diese Sekunde für sich zu nutzen und ihm
das Wort abzuschneiden. Sie fühlt sich provoziert wie nie zuvor in
ihrem Berufsleben. So hat noch nie einer mit ihr geredet. Sie hatte
mit Zuhältern, Dealern, Neonazis zu tun. Aber das ganze Sortiment
zusammen hat sie nicht so aus dem Gleichgewicht gebracht
wie dieser Lackaffe.
    »Sie werden Nicole Scherbaum
nochmals befragen. Wenn Sie es klug anstellen, wird sie sich in
Widersprüche verstricken. Sie ist nicht intelligent genug, diese
Geschichte wasserdicht zu halten. Dann werden Sie wissen, was sie
wollte. Nämlich nichts weiter, als mich hereinzulegen.«
    »Ich werde versuchen, einen
Haftbefehl gegen Sie zu erwirken«, sagt Martha in ihrer
Hilflosigkeit und weiß in dem Augenblick, dass sie diesen Stich
nicht machen wird.
    Er blickt sie unverwandt an.
Sie hält seinen Blick aus, allerdings kostet es Mühe. »Haftbefehl?
Gute Frau, wie kommen Sie mir vor?« In Marthas Ohren rauscht das
Blut. »Die ganze Geschichte ist erstunken und erlogen. Und
wenn Sie über so wenig Menschenkenntnis verfügen, und auf
einen derartigen Kokolores hereinfallen, frage ich mich, wie Sie es
bis hierher geschafft haben, Frau Morgenstern.«
    Martha spürt ihre roten Wangen
und glühenden Ohren. Ich habe verloren. Wie konnte es passieren,
dass dieses Arschloch so Fahrt aufnimmt?
    Radspieler lacht. Als könnte
er ihre Gedanken lesen, tritt er nach: »Da holt man mich am
Samstagmorgen aus dem Bett, weil die eifrige Kommissarin
Morgenstern sich hinters Licht hat führen lassen!«
    In Martha brennt eine Sicherung
durch. »Du kommst dran! Du denkst wohl, bloß weil du redegewandt
bist und ein bisschen mehr Geld und Ansehen hast als ein Mädchen aus
dem Heim, glaubt man automatisch dir und nicht ihr!«
    Schlagartig verliert sich der
Spott aus seinem Gesicht. »Sie hören bitte augenblicklich auf, mich
zu duzen!« sagt er scharf. Sein Blick ist auf Martha geheftet. »Und
drohen Sie nicht noch einmal, dass ich dran komme .«
    Martha fühlt den Boden nicht
mehr unter den Füßen.

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