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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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früher geschrieben hatte. Und niemals unter vier Augen mit Ebba. Darauf musste sie achten. Lieber auch nicht unter vier Augen mit irgendjemand anderem. Nutze die Trauer aus, hatte Jakob sie instruiert. Wenn du denn unbedingt hinfahren musst. Aber don’t fuck it up, was immer du verdammt nochmal auch tust, don’t fuck it up.
    Sie wusste, was das zu bedeuten hatte, wenn er anfing, Englisch zu sprechen.
    Es ist mein Bruder, hatte sie erwidert. Walter war mein Bruder.
    Er bekam diese falsche Nachsicht im Blick. Erklärte, dass er das wisse, genauso wie er wisse, dass Henrik ihr Neffe gewesen sei. Ja, er wusste von den engen Familiengefühlen in der Familie Hermansson. Aber er brauchte sie doch wohl nicht an ihre Lage zu erinnern?
    Nein, das brauchte er nicht. Wenn es etwas gab, an das Kristina nicht erinnert werden musste, dann war es ihre Lage.
    Wenn ich sterbe, hatte sie ihn gefragt, nachdem die Schockwellen der ersten Wochen langsam verebbt waren, ungefähr Mitte Januar, wirst du es dann den anderen auch erzählen?
    Er hatte nur wenige Sekunden Bedenkzeit gebraucht.
    Wir werden zusammenleben, bis wir beide eines natürlichen Todes sterben, du und ich, Kristina, hatte er erklärt, fast freundlich. Wenn es anders kommt, werde ich mich gezwungen sehen, es ihnen zu erzählen.
    Sie musste sich erneut übergeben. Dieses Mal kam nur Galle. Es tat weh. Sie lehnte ihre schweißnasse Stirn an den rostigen Deckel der Mülltonne, und ihr war klar, dass sie ihm glaubte. Genau so war er, Jakob Alexander Willnius, und nirgendwo auf dieser Welt war Gnade zu finden.
    Sie schaute auf ihre Uhr. Es war zehn Minuten nach eins. Sie setzte sich wieder ins Auto, kippte die Rückenlehne etwas nach hinten und schloss die Augen.
    Kristoffer Grundt war in seinem fünfzehnjährigen Leben schon einmal auf einer Beerdigung gewesen. Vor ziemlich genau einem Jahr hatte ein Junge aus der Parallelklasse sich einen Tag vor Beginn der Prüfungen des Herbsthalbjahres erhängt, und die halbe Schule hatte in der Kirche gesessen und geschluchzt. Alle wussten, dass Benny Bjurling seit der Grundschule ein Mobbingopfer war, aber jetzt war er plötzlich zu einer Art pervertiertem Held geworden.
    Wen die Götter lieben, den lassen sie früh sterben, hatte Schulleiter Hovelius deklamiert, und Kristoffer hatte gedacht, dass, falls es einen Gott gab, genau das wohl seine wichtigste Aufgabe war.
    Die zu lieben, die sonst niemand liebte. Während er da auf der steinharten Kirchenbank saß, hatte er gespürt, dass das ein großer, ein richtiger Gedanke war, etwas, aus dem man sogar ein wenig Trost schöpfen konnte – und jetzt, auf den ebenso harten Bänken der Kymlinger Kirche und vor dem geschlossenen Sarg, der da vorn auf einer kleinen Erhöhung stand und der nach allem zu urteilen den zerstückelten Körper von Onkel Walter enthielt, versuchte er das gleiche Gefühl wieder hervorzurufen.
    Aber es wollte sich nicht einstellen. Er war sich zwar ziemlich sicher, dass Walter in seinen fünfunddreißig Jahren auf Erden ziemlich wenig geliebt worden war, aber Kristoffer fiel es schwer, sich vorzustellen, dass ihn auf der anderen Seite irgendeine Form von besonderer Gnade erwartete. Benny Bjurling war ein Opfer gewesen, und das war natürlich ein Plus, aber Onkel Walter war … ja, was war er gewesen?, dachte Kristoffer. Ein richtig verdammter Loser? Man soll nicht schlecht über die Toten reden, und er persönlich hatte nie etwas gegen ihn gehabt, aber sich hinstellen und besoffen im Fernsehen zu wichsen und sich anschließend auch noch umbringen und zerstückeln lassen, ja, offensichtlich war wohl nicht besonders viel mit ihm los gewesen. Er erinnerte sich, dass er seinen Onkel Walter schon als ziemlich cool empfunden hatte, damals, zu Weihnachten, als er verschwand, aber inzwischen fand er das nicht mehr.
    Der Pfarrer, der mager und hochgeschossen war, sicher an die zwei Meter, kriegte jedenfalls irgendwie die Kurve. Es ist nicht an uns zu richten. Was wissen wir davon, was sich im Innersten eines Menschen rührt, und was in Gottes Auge? Es mag sein, dass Walter Hermansson ein Licht war, das von beiden Enden brannte, aber es sind doch viele, die jetzt zum ersten Mal sehen, welche Lücke er hinterlassen hat.
    Kristoffer konnte nicht umhin, er fand das ziemlich gut ausgedrückt. Er hörte, wie seine Mutter zu seiner Rechten schluchzte, und von seiner Großmutter zu seiner Linken kam etwas, das ein Zwischending zwischen einem Schluckauf und einem Rülpser zu sein

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