Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
Linie. Aber sicherheitshalber würde er sich am Hauptbahnhof einen Plan besorgen. Die Adresse war Musseronvägen 5, das hatte er überprüft.
Es würde dunkel sein, wenn er ankam. Nicht vor Mitternacht, besser noch später, wollte er sich dem Haus nähern. Erst eine Weile in der Gegend herumlaufen und alles überprüfen. Sichergehen, dass niemand draußen war und dass Kristina und ihre Familie zu Hause waren. Vielleicht, wenn er sich traute, hatte er schon früher am Abend Jakob Willnius angerufen. Den Hörer aufgelegt, nachdem dieser rangegangen wäre. Oder, falls Kristina sich gemeldet hätte, die Stimme verstellt und gebeten, mit ihrem Mann sprechen zu dürfen.
Aber nur wenn er sich traute, sonst sollte es andere Möglichkeiten geben, sich zu vergewissern, dass das Opfer zu Hause war. Vielleicht konnte er ihn ganz einfach durchs Fenster sehen. Das schien ihm kein größeres Problem darzustellen.
Überhaupt erschien ihm nichts besonders problematisch, während er in dem großen, stillen Zimmer lag, das Essen verdaute und versuchte, in die Zukunft zu schauen. Das Gefühl, er wäre dabei, einen Auftrag auszuführen, und er würde einem Muster folgen, dem er gehorchen musste, hing ihm noch nach. Es hatte ihn den ganzen Tag beschäftigt, es gab keinen Platz für Zögern oder Feigheit in ihm. Er würde tatsächlich nach Stockholm fahren, sich hinaus zu den reichen, alten Holzvillen in Gamla Enskede begeben, und dort, im Musseronvägen 5, da würde er Jakob Willnius erschießen. Er würde den Mörder seines Bruders ermorden, das war ganz einfach seine Pflicht. Eine Art Ehrenmord.
Und da es sich um so eine Form der Pflicht handelte, musste er ihr auch Genüge tun. Wie es genau ablaufen würde, ließ sich nicht vorhersagen, nicht im Detail. Er würde gezwungen sein, seiner Urteilskraft zu folgen und seiner … wie hieß das? … seiner Intuition? Er musste es wie einen Einbruch aussehen lassen, das war schon einmal klar. Musste wahrscheinlich eine Fensterscheibe einwerfen, um reinzukommen. Er würde noch einige Zeit verstreichen lassen, nachdem es im Haus dunkel geworden war, ihnen viel Zeit geben, um einzuschlafen, aber vielleicht war es auch unvermeidlich, dass er viel Lärm machte, um hineinzukommen. Vielleicht würde er Jakob Willnius bereits im Erdgeschoss begegnen. Er musste die ganze Zeit mit seiner Waffe bereit sein. Sobald er im Haus war, musste er sie schussbereit halten. Er wusste, dass sie ihr Schlafzimmer im ersten Stock hatten, es war nicht auszuschließen, dass Jakob die Treppe heruntergelaufen kam – oder geschlichen. Er würde ihm keine Sekunde Zeit geben. Wenn er oben auftauchte, würde er sofort schießen. Zwei Schüsse direkt in die Brust, so dass er umfiel. Dann ein weiterer Schuss in den Kopf, damit er sicher sein konnte, dass Jakob tot war.
Und dann fort von dort. Vielleicht, wenn noch Zeit war, konnte er das eine oder andere mitgehen lassen, damit es wie ein Einbruch aussah. Ein Einbrecher, der erwischt worden und geflohen war.
Wenn Jakob nicht die Treppe herunterkam, würde Kristoffer sich ins Schlafzimmer begeben und ihn dort erschießen. Im Bett. Das war fast noch reizvoller, denn schließlich hatte Jakob Henrik auch im Bett getötet. Wenn er Kristina richtig verstanden hatte.
Aber Kristina musste natürlich irgendwie erst aus dem Spiel sein. Er wollte sich nicht von ihr hindern lassen, auf keinen Fall. Obwohl er eigentlich nicht glaubte, dass sie das tun würde. Sie würde nicht versuchen, ihn aufzuhalten. Sie wollte Jakob Willnius ebenfalls tot sehen, daran gab es kaum einen Zweifel. Vielleicht war sie geschockt, dass Kristoffer auftauchte, doch das spielte keine Rolle. Er würde sich auf keinerlei Diskussionen einlassen, es war wichtig, daran zu denken, weder mit Kristina noch mit Jakob. Nur nicht anfangen zu reden.
Ihn nur ganz einfach erschießen. Kein Pardon, nicht eine einzige Sekunde des Zögerns.
Und zum Schluss, wenn das erledigt war: mit schnellem Schritt aus dem Haus und fort von Gamla Enskede.
Keine U-Bahn. Langsam und auf Umwegen würde er sich wieder Richtung Innenstadt bewegen. Sich der Pistole entledigen, indem er sie irgendwo ins Wasser warf. Stockholm hatte so viele Wasserläufe, es war kein Problem, die Waffe irgendwo von einer Brücke oder irgendeinem Kai ins Wasser fallen zu lassen. Das Einzige, worauf er achten musste, war, nicht in eine Polizeikontrolle zu geraten. Ein einsamer Fünfzehnjähriger, der um drei, vier Uhr nachts draußen unterwegs war, konnte
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