Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
(siehe Abbildung 84). Es war nur ein kurzer und flüchtiger Ausdruck, der, wäre er von längerer Dauer gewesen, aber wie ein Knurren ausgesehen hätte. Mir wurde sofort klar, dass ihr nicht unbedingt gefiel, was ich gesagt hatte, und nur wenige Sekunden später erfand sie eine Ausrede, um mich stehen zu lassen und sich ein neues Opfer zu suchen. Verkaufsgespräch beendet.
Das war weder das erste noch das letzte Mal, dass ich ein solches Verhalten beobachten durfte. Ich habe es sogar schon oft bei geschäftlichen Verhandlungen ganz anderer Größenordnung gesehen, wenn ein Angebot unterbreitet wurde, das einem der Teilnehmer gar nicht gefiel, woraufhin dieser plötzlich und völlig unbewusst für einen kurzen Moment das Gesicht verzog. Wenn Sie allerdings in Südamerika eine dargebotene Speise ablehnen, ist es keineswegs unüblich, dass man Ihr Verhalten mit einem solchen Ausdruck quittiert. Der Gastgeber schüttelt dabei gleichzeitig wortlos mit dem Kopf. Was also in einem Umfeld oder Land als unhöflich gilt, kann interessanterweise andernorts völlig akzeptabel sein. Der Schlüssel für eine gelungene Reise liegt deshalb unter anderem auch darin, sich im Voraus mit den Gepflogenheiten vor Ort vertraut zu machen, damit man weiß, was man zu tun und zu erwarten hat.
sich über Mimik zu verständigen. Zum Beispiel, wenn es darum ging, verdorbene Nahrung oder andere potenziell schädliche Dinge abzulehnen. Die Ausdrucksformen können subtil, aber auch überdeutlich sein, die Aussage ist jedoch immer ähnlich: »Ich mag das nicht, geh weg damit.« Ganz gleich, wie unscheinbar die Grimasse oder der angewiderte beziehungsweise verdrießliche Blick auch ist, wir können uns sicher sein, dass der Ausdruck authentisch ist, weil er vom limbischen Gehirn gesteuert wird (siehe Kasten 56).
Abbildung 84: Das Kräuseln der Nase signalisiert Abneigung oder Abscheu. Das ist zwar ein sehr zuverlässiger, manchmal aber auch extrem flüchtiger Tell. In manchen Kulturen ist dieser Gesichtsausdruck besonders ausgeprägt.
Kasten 56
EIN SUBTILER GESICHTSAUSDRUCK KANN VIEL ÜBER UNSERE WAHREN GEFÜHLE VERRATEN
Wie zuverlässig ist ein Ausdruck von Abneigung, wenn es darum geht, unsere innersten Gedanken und Absichten zu offenbaren? Hier ein
Beispiel aus eigener Erfahrung: Als ich einen Freund und seine Verlobte besuchte, berichtete er mir über ihre bevorstehende Hochzeit und ihre Pläne für die Flitterwochen. Mir fiel auf, wie beim Wort »Hochzeit« ein kaum wahrzunehmender Ausdruck im Gesicht der Verlobten meines Freundes aufblitzte, der für mich eindeutig Ablehnung signalisierte - anscheinend ohne dass dieser es registrierte. Es war ein extrem flüchtiger Ausdruck, der mir seltsam vorkam, da das Thema Heirat für beide schließlich mit positiven Gefühlen in Verbindung stehen sollte. Einige Monate später rief mich mein Freund an und teilte mir mit, dass seine Verlobte es sich anders überlegt habe. Angesichts meiner Beobachtung kam diese Nachricht für mich keineswegs überraschend.
»Kopf hoch!«
Mit dieser alten Redewendung trösten wir jemanden, dem ein Missgeschick oder ein Unglück widerfahren ist (siehe Abbildungen 85 und 86). Und tatsächlich bezieht sich dieser feststehende Ausdruck ziemlich genau auf die Reaktion unseres limbischen Gehirns auf Kummer und Traurigkeit. Ein gesenkter Kopf wird praktisch immer mit mangelndem Selbstvertrauen und Niedergeschlagenheit assoziiert, während man jemandem, der mit selbstbewusst erhobenem Kinn durch die Welt geht, eine positive Geisteshaltung unterstellt. Die Kopfhaltung wird dabei nicht nur durch das Kinn bestimmt, sondern auch durch die Nase. Eine nach oben (entgegen der Schwerkraft) gerichtete Nase ist ein nonverbaler Ausdruck von großem Selbstvertrauen, während eine nach unten weisende Nase das Gegenteil zum Ausdruck bringt. Bei Stress oder emotionaler Erregung ist in der Regel eher Letzteres der Fall. Das Kinn einzuziehen ist eine Form von Rückzug oder Distanzierung und kann ein sehr genauer Hinweis darauf sein, dass jemand gerade Trübsal bläst.
Abbildung 85: Bei geringem Selbstvertrauen oder Sorge wird das Kinn zur Brust gezogen, wodurch sich die Nase senkt.
Vor allem in Europa trifft man häufig sprichwörtlich »hochnäsige« Zeitgenossen an, die auf sozial unterprivilegierte Mitmenschen herabblicken oder auf diese Weise jemanden zurechtweisen. Als ich einmal im Ausland unterwegs war, verfolgte ich ein französisches Fernsehprogramm und bemerkte, wie ein
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