Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
Politiker, dem eine ihm unwürdig erscheinende Frage gestellt wurde, seine Nase hob, auf den Reporter herabblickte und ihm ein »Darauf antworte ich nicht« entgegenschmetterte. Hochnäsig kommunizierte der Politiker seinen Status und seine verächtliche Haltung gegenüber dem Journalisten. Charles de Gaulle, der frühere Präsident Frankreichs, war eine sehr komplexe Persönlichkeit und übrigens berühmt für diese überhebliche Geste.
Abbildung 86: Bei einer positiven Grundhaltung wird das Kinn nach vorn gestreckt und die Nase hoch erhoben getragen. Beide Zeichen weisen auf Wohlbefinden und Selbstvertrauen hin.
Gemischte Gefühle
Manchmal sagt man etwas anderes, als man in Wahrheit denkt, aber das Gesicht verrät die eigentlichen Gedanken. Wenn jemand zum Beispiel wiederholt auf seine Uhr blickt oder auf den nächsten Ausgang, bringt er damit zum Ausdruck, dass ihm entweder langsam die Zeit ausgeht, er eine andere, wichtigere Verabredung hat - oder ganz grundsätzlich lieber woanders wäre. Ein solcher Blick ist ein Hinweis auf die wirkliche Absicht der Person.
Um die Interpretation von Gefühlen und/oder Worten zu erleichtern, möchte ich eine allgemeingültige Regel aufstellen. Wenn das Gesicht zweideutige Signale sendet (etwa zur Schau gestellte Freude gemischt mit Nervosität oder Missfallen) oder wenn sich die verbalen und die nonverbalen mimischen Botschaften nicht decken, sollte man grundsätzlich immer davon ausgehen, dass die negativen Signale die ehrlicheren sind. Wenn jemand zum Beispiel einen Satz wie »Schön, dich zu sehen« äußert und dabei seine Kiefermuskulatur anspannt, ist die Aussage mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch. Die Anspannung im Gesicht bringt das wahre Gefühl zum Ausdruck. In der Regel ist unsere erste Reaktion auf eine unangenehme Situation unverfälscht; erst danach realisieren wir, dass andere uns vielleicht beobachten, und setzen schnell ein Gesicht auf, das als sozial akzeptabel gilt. Wenn man also mit beiden - sprich gemischten - Gefühlen beziehungsweise widersprüchlicher
Mimik konfrontiert wird, sollte man sich immer für die zuerst beobachtete entscheiden, vor allem wenn es sich dabei um eine negative Emotion handelt.
Abschließende Gedanken zur Mimik
Weil das Gesicht so viele verschiedene Regungen zeigen kann und weil uns schon in sehr jungen Jahren beigebracht wird, unsere Mimik zu kontrollieren, sollte jedes Mienenspiel mit Vorsicht betrachtet werden. Beziehen Sie weitere nonverbale beziehungsweise körpersprachliche Verhaltensweisen in Ihre Deutung mit ein. Da Gesichtsausdrücke so komplex sind, kann es außerdem schwierig sein, zu deuten, ob sie Behagen oder Unbehagen widerspiegeln. Wenn Sie angesichts der Bedeutung eines Gesichtsausdrucks unsicher sind, sollten Sie diesen vielleicht selbst einmal ausprobieren. Hören Sie dabei in sich hinein und versuchen Sie herauszufinden, wie Sie sich dabei fühlen. Sie werden feststellen, dass Sie mit diesem kleinen Trick viel besser einschätzen können, was Sie gerade beobachtet haben. Das Gesicht kann eine Menge Informationen preisgeben, aber uns auch völlig in die Irre führen. Halten Sie daher nach Verhaltensclustern Ausschau, berücksichtigen Sie stets den Kontext und achten Sie darauf, ob die Mimik mit anderen körpersprachlichen Signalen übereinstimmt oder von ihnen abweicht. Nur wenn Sie all diese Beobachtungen anstellen, können Sie sich Ihrer Beurteilung der Gefühle und Absichten einer Person sicher sein.
8. Der Täuschung auf der Spur - Bitte sorgfältig lesen!
Im Verlauf dieses Buches habe ich Ihnen zahlreiche Beispiele für nonverbales Verhalten vorgestellt. Ich hoffe, Sie inzwischen davon überzeugt zu haben, dass man mithilfe von Körpersignalen darauf schließen kann, was in einem Menschen vorgeht - und zwar in jedem Menschen und unabhängig von der Umgebung, in der man sich gerade befindet. Es gibt jedoch eine Form von menschlichem Verhalten, die nur schwer zu ergründen ist. Und das ist die vorsätzliche Täuschung. Man könnte annehmen, dass es einem erfahrenen FBI-Ermittler wie mir, der zuweilen auch schon als »menschlicher Lügendetektor« bezeichnet wurde, relativ leichtfallen sollte, eine Täuschung als solche zu entlarven. Vielleicht erwarten Sie auch, dass ich Ihnen im Schnellverfahren beibringen kann, wie Sie sich zu einem ebensolchen Lügendetektor mausern. Aber so einfach ist das nicht, ganz im Gegenteil! In Wirklichkeit ist es extrem schwer, eine Täuschung oder
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