Menschen und Maechte
selber liegen, während die Parteiorgane der Betriebe zwar noch gewisse Kontrollfunktionen haben, aber nur für die ideologische Lenkung und die Parteiarbeit zuständig sind. Es wird nicht so bleiben, daß der Fabrikdirektor seine Verantwortung lediglich unter der Führung der Parteiorganisation wahrnehmen kann. Natürlich wird diese Reform viele Probleme aufwerfen, aber die Probleme werden lösbar sein.«
»Lassen Sie mich auf das eben erwähnte Wertgesetz zurückkommen«, warf ich ein. »Ich rede einmal etwas einfacher vom Marktpreis. In dem Maße, in dem der Preismechanismus der Märkte an Wirksamkeit zunimmt, werden indirekte Steuerungselemente zusehends wichtiger. Das gilt für die staatliche Budgetpolitik, für die Geld- und Kreditversorgungspolitik, es gilt für die
Steuerung der Handelsbilanz und der Zahlungsbilanz insgesamt. Das läuft auf die Frage hinaus: Wie stellen Sie sich die Globalsteuerung der chinesischen Wirtschaft vor?
Mir ist zum Beispiel aufgefallen, daß Ihre Statistiken die Ansammlung erheblicher Devisenreserven bei ständigen Handelsüberschüssen ausweisen. Vermutlich hängt das damit zusammen, daß Ihre Zentralbank gleichzeitig auch private außenwirtschaftliche Bankgeschäfte betreibt und deshalb einen Hang zum Gewinn entfaltet hat.«
Das mit der Zentralbank stimme, bestätigte Zhao, gerade deswegen habe man beschlossen, beide Funktionen auf zwei verschiedene Banken zu verteilen. »Geld- und Kreditmenge müssen natürlich durch die Zentralbank gesteuert werden, alle Kreditgeschäfte dagegen sollen den Geschäftsbanken, den Industrie- und Handelsbanken überlassen bleiben. Wir werden gezwungen sein, die Devisenreserven zu schonen. Deshalb müssen wir die bisherige Zunahme der Importe verhindern. Es wird vor allem Importe geben, die zur technischen Modernisierung unserer Betriebe nützlich sind.«
Auch der erste Teil meiner Analyse sei richtig. »Die Reform des Preissystems wird zum Schlüssel der Strukturreform unserer Wirtschaft und damit des Erfolges der Reform werden. Anders gesagt: Das neue Preissystem wird zum wichtigsten Merkmal. Früher war der Plan beherrschend. Für die Betriebe kam es nur darauf an, den Plan zu erfüllen. Jetzt wird als Regulativ der Gewinn eingeführt; aber der Gewinn hängt von den erzielten Preisen ab. Als ersten Schritt werden wir die Preise für nicht lebensnotwendige Güter freigeben und sie ausschließlich dem Ausgleich von Angebot und Nachfrage überlassen. Natürlich werden die erzielten Gewinne nicht unbedingt mit unseren makroökonomischen Zielsetzungen übereinstimmen.«
In diesem Zusammenhang fragte Zhao nach tendenziellen Einflüssen der Weltwirtschaft, worauf ich antwortete: »Ihre binnenwirtschaftlichen Reformabsichten leuchten mir ein; Sie haben wohl im wesentlichen eine Erhöhung der Produktivität im Auge. Man muß Ihren bisherigen Steuerungsmethoden auch bescheinigen,
daß es mit ihrer Hilfe gelungen ist, zu verhindern, was allgemein erwartet worden war, nämlich daß China in die Auswirkungen der Weltwirtschaftsrezession hineingerät. In dem Maße aber, in dem Sie Ihr Land öffnen und sowohl Importe wie Exporte steigern, werden Sie natürlich anfälliger für das Auf und Ab der Weltkonjunkturen, für Fehlentwicklungen auf den finanziellen und güterwirtschaftlichen Märkten der Welt.«
Dann kamen wir auf die Ölpreisexplosionen zu sprechen, auf die lateinamerikanische Schuldenkrise, die Hochzinsen und so weiter. Wir diskutierten diese Aspekte ausführlich, und Zhao zeigte sich erstaunlich gut informiert. Zum Schluß kam er noch einmal auf die Gefahr zurück, daß China in wachsende Abhängigkeit von der Weltwirtschaft geraten könne: »Sehen Sie, auch in der Sowjetunion stagniert die Wirtschaft. Aber ich frage mich doch, ob dieser Umstand wirklich auf die Rezession der Weltwirtschaft zurückgeht oder ob nicht vielmehr die Hauptgründe in den übermäßig hohen Rüstungsausgaben und der Starrheit des sowjetischen Planungssystems zu suchen sind. Schließlich ist ja das Außenhandelsvolumen der Sowjetunion nicht sehr groß, und die sowjetischen Preise sind vom Weltmarkt vollständig abgekoppelt.
Für China jedenfalls gilt: Wir wollen unser Land öffnen, aber wir wollen dabei die Fehler so vieler anderer Entwicklungsländer vermeiden. Viele Entwicklungsländer haben große Auslandskredite zur Entfaltung ihrer verarbeitenden Industrie aufgenommen in der Hoffnung, sie durch den Export von deren Produkten zurückzahlen zu können. Jetzt haben
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