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Menschen und Maschinen

Menschen und Maschinen

Titel: Menschen und Maschinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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hatte. Der Senator war gefährlich. Wenn es ihm schon gelungen war, seine Finger in die Roboterzentrale des Taxiflugverkehrs zu stecken, dann ließ sich nicht abschätzen, wie weit seine Kontrolle ging.
    Er hätte weder die Maschine anhalten noch sich in den Sprechverkehr einschalten dürfen. Aber vor ihm schien nichts sicher zu sein.
    Nur ein paar Meilen vor mir lag die Jagdhütte, wahrscheinlich das am schärfsten bewachte Haus in der ganzen Welt.
    Ich wußte natürlich, daß ich vielleicht nicht eindringen konnte. Senator Anthony Rowley war alles andere als ein Schwachkopf. Er setzte sein Vertrauen auf Roboter. Maschinen konnten vielleicht versagen, aber sie würden ihn niemals verraten.
    Ich konnte die Mauern der Jagdhütte vor mir sehen, als die Maschine tieferging. Fast spürte ich die aufmerksamen Radarblicke, die dem Flugzeug auf seinem Weg nach unten folgten, und das Wissen, daß ein Satz von Schwenk-Kanonen auf die Anweisungen dieser Radarstrahlen reagierte, machte mich nervös.
    Und ganz allein in diesem Riesenwohnsitz – oder dieser Festung – befand sich Senator Rowley wie eine Spinne in einem unantastbaren Netz.
     
    *
     
    Das Flugtaxi saß wie eine Fliege auf dem Dach des Hauses. Ich holte tief Atem und stieg aus. Die zahlreichen Augen der Verteidigungsroboter beobachteten mich genau, als ich in den wartenden Lift trat.
    Der harte Kunststoff der kleinen Ärmelpistole war angeblich strahlendurchlässig, aber ich stieß trotzdem ein Stoßgebet aus. Plötzlich spürte ich ein Prickeln am Arm. Ich wußte, was es war: ein Strahl, der die Tantalumstruktur meiner Ausweisplatte überprüfte.
    Ausweisplatten wurden nur von der Regierung ausgegeben, aber es hieß, daß auch nur die Regierung mit Analysiergeräten ausgerüstet war. Der Senator hätte sie nicht besitzen dürfen.
    Um sicherzugehen, rieb ich mir geistesabwesend über den Arm. Ich wußte nicht, ob Gifford je zuvor das Prickeln gespürt hatte oder nicht. Wenn ja, dann hatte er es vielleicht ignoriert. Aber ganz bestimmt hatte er sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wenn nein, dann würde er sich zwar auch nicht aufregen, aber den Schmerz doch wenigstens registrieren. Das Reiben erschien mir am sichersten.
    Mir ging nun folgende Frage im Kopf herum: Inwieweit vertraute Rowley der Psychobelehrung?
    Er hatte Gifford zum letztenmal vor vier Tagen gesehen, und zu diesem Zeitpunkt hätte Gifford ihn ebensowenig wie einer der Roboter hintergehen können. Denn, psychologisch gesprochen, war Gifford nichts anderes als ein Roboter. Theoretisch ist es unmöglich, eine gute Psychobelehrung in weniger als sechs Wochen gleichmäßiger Therapie aufzuheben. Man könnte es etwas früher schaffen, aber dann war der Patient nicht in der Lage, sich von seinem Bett zu erheben. Und unter keinerlei Umständen schaffte man es in vier Tagen.
    Wenn Senator Rowley fest davon überzeugt war, daß er Gifford vor sich hatte, und wenn er der Psychobelehrung vertraute, dann hatte ich leichtes Spiel.
    Ich sah wieder auf meine Uhr. 22 Uhr 50. Genau eine Stunde war seit meinem Aufbruch vergangen. Der Zeitzonensprung war irgendwann während des Fluges erfolgt, und die Zeiger hatten sich selbsttätig zurückgestellt.
    Es schien lange zu dauern, bis der Lift unten ankam; ich konnte die Bewegung kaum spüren. Die Roboter untersuchten mich offenbar sehr gründlich.
    Schließlich glitt die Tür auf, und ich trat in den Salon. Zum erstenmal im Leben sah ich Senator Anthony Rowley direkt vor mir.
    Die Filter in seinem Videoschirm hatten einiges beschönigt. Sie verwischten die feinen Runzeln, die sein Gesicht wie ein Stück altes Leder aussehen ließen. Sie gaben seiner grauen Haut Farbe. Sie verbargen die gelblichen Flecken in seinen Augen. Kurz gesagt, die Filter zogen zweihundert Jahre ab.
    Die Langlebigkeitsdrogen können nicht alles erreichen, dachte ich. Aber ich wußte, was man mit ihrer Hilfe schaffte, wenn man klug war und genug Zeit hatte. Und diejenigen, die viel Zeit hatten, waren automatisch die Klugen.
     
    *
     
    Der Seantor streckte die Hand aus. »Geben Sie mir die Aktenmappe, Gifford.«
    »Jawohl, Sir.« Während ich ihm die kleine blaue Mappe entgegenstreckte, warf ich einen Blick auf meine Uhr. 22 Uhr 55. Und im gleichen Moment schnellte der Zeiger auf 56.
    Noch vier Minuten.
    »Setzen Sie sich, Gifford.« Der Senator deutete auf einen Sessel. Ich nahm Platz und beobachtete ihn, während er die vermeintlich geheimen Papiere durchblätterte.
    Oh, sie waren

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