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Menschen wie Götter

Menschen wie Götter

Titel: Menschen wie Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Snegow
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transformierten. Wir haben eine geborstene, bröcklige Zeit, sie läßt sich schlecht benutzen. Doch ein Kollapsar hat eine komprimierte Zeit, sie ist eine Feder, kein Lumpen. Gelänge es, sich ihrer zu bemächtigen, könnte man beliebige Planeten und ganze Sternbilder, die in einer erschlafften Zeit untergehen, in die Zukunft, in die Vergangenheit, ins seitliche ,Jetzt’ verlagern.“
    Da begriff ich, daß ich ihn ertappt hatte. Ich blickte zu Ellon hinüber. Der hob kaum merklich die Hand, er war bereit. Oan erkannte, daß er entdeckt war. Die beiden unteren Augen leuchteten wie vorher freundlich und gutmütig, beinahe servil. Das stechende jedoch verriet uns Oans Zustand. Das war ein wahrhaft böses Auge!
    „Früher sagtest du, daß ihr, du und deine Kameraden, Flüchtlinge wäret“, konstatierte ich gelassen.
    „Nun stellt sich heraus, daß ihr Experimentatoren wart. Es ging euch weniger um Flucht als vielmehr darum, jene Krümmung des Zeitstromes, durch die man fliehen kann, im Prinzip in eure Gewalt zu bekommen. Schätze ich eure Aktionen richtig ein, Oan?“
    Er versuchte sein Gesicht zu wahren. „Richtig.
    Man gelangt in die Zukunft, wenn man den natürlichen Zeitverlauf umgeht. Wir prüften, ob man auch in die Vergangenheit gleiten könne. Im geraden Zeitverlauf ist sie unerreichbar, weil sie unwiederbringlich ist. Die Zukunft ist wie durch eine sehr niedrige Decke begrenzt, die reale Gegenwart. Die Vergangenheit durch einen undurchdringlichen Fußboden, ebenfalls die reale Gegenwart. Ihr entschlüpft man nur, wenn man die Zeit umgeht, nicht, wenn man ihrem geraden Lauf folgt. Da bleiben wir immer im Jetzt’. Eben diese ,Umleitungen’ aus der Gegenwart in die Zukunft und die Vergangenheit suchten wir. Nur in den Kollapsaren verwirklichen sie sich. Sie sind die besten natürlichen Öfen zur Aufheizung und Krümmung der Zeit.“
    „Und nach allem, was du uns erzählt hast, Oan“, sagte ich langsam, „willst du weiterhin behaupten, ihr wäret Aranen, deine umgekommenen Kameraden und du?“
    Er antwortete nicht. Mit ihm vollzog sich eine verblüffende Veränderung. Er verging. Er blieb noch und entschwand schon. Er war und hörte auf zu sein. Er wurde durchsichtig, verwandelte sich aus einem Körper in einen Schatten. Er stürzte in ein verteufeltes Anderssein und hinterließ uns nur seine Silhouette.
    „Ellon! Ellon!“ schrie ich verzweifelt.
    Ellon wollte die Stärke der Schutzfelder nicht an uns erproben, aber zögern durfte er nicht, und so wurden wir alle umhergeschleudert, als er seine Apparate in Gang setzte. Ich sprang auf, um zu dem vergehenden Oan zu rennen, stieß mit Romero zusammen und fiel erneut hin, Romero verlor den Spazierstock und fluchte. Oshima und Oleg wälzten sich auf dem Fußboden, Grazi und Orlan waren in eine Ecke gewirbelt worden. Aber Oan blieb. In dem Moment, als er schon zu drei Vierteln verschwunden war, hatten ihn unsichtbare Klammern gepackt.
    Nun schwebte er über uns, die zwölf Beine gestreckt, die schwarzen Armhaare zerrauft. Die beiden unteren, weit geöffneten Augen sahen uns nicht mehr, das obere hatte den stechenden Ausdruck verloren und wirkte wie halb erblindet. Ein Funke, der zwischen den Haaren gesprungen war, verharrte bei halber Entladung. Die Flucht aus unserer Zeit war Oan mißglückt, in der letzten Sekunde seines Hierseins war er festgehalten, fixiert worden, für ewig und unverrückbar.
    „Wunderbar, Ellon!“ Ich trat rasch auf den erstarrten Feind zu, prallte gegen ein unsichtbares Hindernis und wich zurück.
    „Du hast wohl vergessen, Admiral, daß du einst in einem Käfig wie diesem throntest und dich dort gewiß nicht sonderlich amüsiertest“, sagte Ellon.
    Ich kann nicht behaupten, daß mir die scherzhafte Erinnerung daran angenehm wäre. Und in jeder anderen Situation hätte ich Ellon zu verstehen gegeben, daß er ein Demiurg sei, kein Zerstörer, und er sich taktvoller zu benehmen habe. Aber jetzt hätte ich ihm auch größere Vergehen verziehen. Ich fuhr mit der Hand über den Kraftkäfig.
    „In meinem durchsichtigen Kerker lebte ich, Ellon.
    Ich spazierte umher, sprach, hörte, schlief, träumte prophetische Träume und lachte im Traum über euch ... Lebt Oan? Ist die Kraftmauer fest genug, wenn er plötzlich erwacht?“
    „Er darf nicht erwachen, Eli. Zu unserem Glück entglitt er langsam, nicht schlagartig. Er schleuderte nur seine Lebensenergie aus dem Diesseits, kam jedoch nicht dazu, das träge körperliche Knochengerüst

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