Menschen wie Götter
aber beißend, Eli."
"So ist es eben."
"Ich habe dir aufmerksam zugehört, leider habe ich nichts Gescheites vernommen", erklärte Wera. "Solltest du dich halsstarrig zeigen, wird dein Widerstand befremdend und beleidigend wirken. Warum willst du denen Kummer machen, die dir vertrauen?"
Bedrückt schwieg ich. Wie als Kind, wenn sie mit mir zankte, konnte ich mich ihrer Beharrlichkeit nicht erwehren. Es war keine Freude.
Ich erinnerte mich, wie entrüstet ich über die Ruhe von Olga war, als sie zum Geschwaderkommandierenden ernannt wurde.
Meine frühere Naivität war restlos dahin - ich frohlockte nicht, sondern schreckte vor der riesigen Verantwortung zurück.
"Die Schiffskapitäne waren begeistert, als sie den Beschluß des Großen Rates erfuhren. Ist dir das zuwenig?"
Ich sah ein, daß es keinen Ausweg für mich gab "Einverstanden", sagte ich.
Etwas anderes hatte sie nicht erwartet. "Nun will ich dir die anderen Ernennungen mitteilen. Du wirst zwei Stellvertreter und drei Gehilfen haben. Dein Stellvertreter für Staatsangelegenheiten bin ich. Stellvertreter für Astronavigation ist Allan Krus. Die Gehilfen, die die drei einzelnen Geschwader befehligen, sind Leonid, Oshima und Olga. Hast du Einwände?"
"Nein, selbstverständlich nicht."
"Noch ein Punkt. Du warst einmal mein Sekretär, freilich kein besonders guter. Nun mußt du selber einen Sekretär haben. Man schlägt dir vor ... "
„Hoffentlich nicht dich!"
"Ich bin dein Stellvertreter, das ist mehr als ein Sekretär."
"Entschuldige, in Rängen bin ich nicht stark. Also wer soll mein Sekretär werden?"
"Pawel Romero. Er ist auch mit der Funktion eines Chronisten der Fahrt betraut. Doch wenn du dagegen bist, suchen wir einen anderen."
Ich überlegte. Es gab keinen anderen Menschen, der sich so kraß von mir unterschied. Aber vielleicht mußten unsere Charaktere verschieden sein, damit wir erfolgreich zusammenarbeiten konnten?
Wera wartete ruhig, zu ruhig, auf meine Entscheidung. Ich lächelte, denn ich durchschaute sie.
"Pawel wird wahrscheinlich ein besserer Sekretär als ich ein Kommandierender sein. Ich nehme ihn gern."
4
Früher hatte ich nicht die geringste Vorstellung, wie schwierig das Kommandieren ist. Hätte man mich von neuem vor die Wahl gestellt, ich hätte es vorgezogen, mich unterzuordnen. Für alles war ich verantwortlich und doch nur von einem winzigen Teil dieses "alles" informiert. Ein erfahrener Militär hätte über meine Organisationsversuche gelacht. Vor der Schande bewahrte mich allein der Umstand, daß es schon lange keine echten Militärs mehr gab.
Eins war mir bald klar: Die Flotte war noch nicht soweit, um sich auf die weite Fahrt zu begeben.
Das berichteten wir der Erde durch die Überlichtkanäle. Wir brauchten mindestens noch ein Jahr Vorbereitung.
Einmal wandte sich Romero mit einer Bitte an mich. "Lieber Admiral", er und Oshima nannten mich nur noch so, Oshima ernsthaft, Romero nicht ohne Ironie, "ich möchte Ihnen vorschlagen, einen neuen Punkt in Ihren Tagesplan einzusetzen: Memoiren schreiben."
"Memoiren? Ich verstehe nicht, Pawel. Im Altertum gab es so was. In unserer Zeit Erinnerungen schreiben?"
Es sei notwendig, meine Erlebnisse zu fixieren, das hätten alle historischen Persönlichkeiten der Vergangenheit getan, und ich sei jetzt zweifellos auch eine historische Persönlichkeit.
"Nach der Fahrt werde ich, sofern wir gesund und munter zurückkehren, die wichtigen Ereignisse diktieren, die uns dort begegnen."
Romero ließ sich nicht beirren. Als Chronist der Fahrt werde er die wichtigen Ereignisse schildern. Ich müsse von meinem Leben erzählen. Mein Leben sei eine bedeutende historische Tatsache geworden, und wer kenne es besser als ich?
Am selben Tag begann ich mit meinen Erinnerungen.
5
Unsere Meldung, die Geschwader seien zu der weiten Reise noch nicht bereit, erzeugte Unruhe auf der Erde. Wera und ich wurden zu einer Sitzung des Großen Rates gerufen. Ich ging zu Mary, um sie zu bitten, uns zur Erde zu begleiten. Wir sahen uns jetzt wochenlang nicht. Ich verschwand auf den Schiffen, wechselte von einem zum anderen über, und Mary beschäftigte sich in den Laboratorien der Ora.
Mir kam es so vor, als sei sie krank. Selbstverständlich wußte ich, daß auf der Ora ebenso wie auf der Erde Krankheiten ausgeschlossen sind. Aber Mary sah traurig aus, ihre Augen glänzten, ihre geschwollenen Lippen waren trocken, und ich machte mir Sorgen.
"Ach was, gar nichts ist mit mir, ich bin gesund
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