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Menschenfänger

Menschenfänger

Titel: Menschenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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unsere Telefonhotline 0180…«
    »Shit!«, fluchte Nachtigall, »Wie ist das denn passiert!«
    Mit dem Telefon in der Hand kehrte er in den Garten zurück, steckte Casanova im Vorbeigehen ein Stückchen Käse zu und rief die Kollegen an.
    »Er hatte alles perfekt vorbereitet: Köfferchen, Anzug, Ausweis, Schlüssel. Auf den Videobändern ist nichts Verdächtiges zu erkennen. Und du weißt doch selbst, wie das ist: Keiner guckt sich die Leute, die gehen, genauer an. Man nickt sich nur zu und gut. Er konnte alle Türen öffnen, an der Pforte wurde er für einen Anwalt gehalten und weg war er.«
    »Aber das kann er unmöglich ohne Hilfe geschafft haben – oder arbeitete er in der Schlosserei?«
    »Nee,«, gackerte der Kollege, »in der Wäscherei. Die Ermittlungen laufen, die Leute sind informiert, Radio und Fernsehen warnen. Wir kriegen ihn schon wieder«, behauptete er dann fest überzeugt.
    »Na, wenn du meinst!«
    Peter Nachtigall konnte die Zuversicht des Kollegen nicht teilen. Wenn dieser Klaus Windisch alles so gut vorbereitet hatte, war auch für ein sicheres Versteck gesorgt oder für eine Möglichkeit, von Cottbus aus weiter zu kommen.
    »Hoffentlich ist das nicht bald mein Fall!«, murmelte er träge und biss in eine saftige Nektarine. Nur kurze Zeit später störte sein Telefon die spätnachmittägliche Ruhe.
    »Albrecht hier. Wir haben eine Tote. Der Kollege meinte, sie sähe sehr unappetitlich aus. Bei dir war besetzt, da haben sie mich informiert.«
    »Hast du schon gehört, dass der Klaus Windisch aus der JVA geflohen ist? Kam gerade im Radio.«
    »Was! Ausgerechnet der! War zwar nicht unser Fall, aber das war ein Ding damals. Hoffentlich kriegen sie ihn bald. – Ich hol dich ab, und dann fahren wir zu der angegebenen Adresse in Sachsendorf. Der Kollege meint, die Frau liege schon eine ganze Weile tot in ihrer Wohnung. Ein Hauswart hat die Polizei verständigt und bei der Wohnungsöffnung …«
    »Wieso rufen die dann uns?«, unterbrach ihn Nachtigall. »Eine alte Dame ist unbemerkt verstorben – wahrscheinlich ein Kreislaufversagen oder so etwas wegen der überraschenden Wärme in den letzten Tagen. Das ist ein Fall für den Hausarzt.«
    »Nein, nein. Eine junge Frau. Evelyn Knabe, Jahrgang 1973, wohnhaft in der Gelsenkirchener Allee. Mord oder Selbsttötung, das ist die Frage, die wir klären sollen.«
     
    Entsetzt starrte Peter Nachtigall auf den Madenteppich, unter dem sich der Körper einer Frau erahnen ließ. Vermutlich war das die Leiche der Wohnungsinhaberin Evelyn Knabe, was aber im Moment noch niemand bestätigen konnte. Übelkeit packte ihn, und er versuchte, sie hinter einem Taschentuch zu verbergen, das er vor seinen Mund presste. Der intensive Verwesungsgeruch zog derweil durchs ganze Haus und hatte die meisten Schaulustigen zurück in ihre Wohnungen getrieben. Außer einem leisen Rascheln, das den Flur erfüllte, war kaum ein Geräusch zu hören.
    »Das kommt von den Maden. Es entsteht, wenn sie übereinander kriechen – also dann, wenn ziemlich viele von ihnen übereinander kriechen«, erläuterte der herbeigerufene Arzt unbeeindruckt. Als er den seltsamen Blick Nachtigalls bemerkte, setzte er hinzu: »Ich bin Notarzt. Sie würden nicht für möglich halten, was man so finden kann, wenn man zu verwahrlosten Menschen gerufen wird, die sich selbst nicht mehr helfen können. Aber so etwas wie dies hier habe ich auch noch nie gesehen.«
    »Achten Sie darauf, dass möglichst viele von den Tieren mit in die Pathologie kommen. Vielleicht kann der Rechtsmediziner damit etwas anfangen: Todeszeitpunkt bestimmen oder so etwas.«, wies Nachtigall die beiden grau gekleideten Herren an, die gekommen waren, um die Tote abzutransportieren. Als er zum Sprechen das Taschentuch vom Mund nehmen musste, wurde er von einer neuen Welle Übelkeit überrollt – der Schweiß brach ihm aus und er kämpfte den aufsteigenden Mageninhalt nieder.
    Hilfe suchend sah er sich nach Albrecht Skorubski um, der schon weiter in die Wohnung vorgedrungen war. Zwei Zimmer, Küche, Bad – offensichtlich nur für eine Person konzipiert. Vor dem Wohnzimmer war ein schmaler Balkon.
    »Habt ihr die Fenster geöffnet oder waren die schon auf?«, wollte Nachtigall von einem der Kollegen der Spurensicherung wissen, die in ihren weißen Schutzanzügen wie Wesen von einem fremden Stern aussahen.
    »Die standen sperrangelweit offen. Im Flur sind wir schon fertig, hier auch – aber ins Schlafzimmer können Sie noch nicht, da sind

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