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Menschenhafen

Menschenhafen

Titel: Menschenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Gesicht an, als versuchte er sich an etwas zu erinnern. Anders verstand seine Reaktion nicht. Sicher, Elin sah fürchterlich aus, aber Simon benahm sich regelrecht unhöflich, und das sah ihm überhaupt nicht ähnlich. Wenn man etwa einem Menschen mit schweren Verbrennungen im Gesicht begegnete, stand man ja auch nicht da und stierte ihn so an.
    Simon schien sich dessen bewusst zu werden, ließ Elins Hand los, glättete seine erstaunte Miene und fragte: »So so, sind Sie …«
    Elin blieb nicht stehen, um die Frage, wer sie war, ganz zu hören, sondern entschuldigte sich und kehrte zum Haus zurück. Simon sah ihr nach. Dann wandte er sich Anders zu. »Ist das eine Freundin von dir?«
    »Ja. Oder vielmehr … das ist eine lange Geschichte.«
    Simon nickte und wartete darauf, dass Anders weitersprechen würde. Als er stumm blieb, ließ Simon stattdessen den Blick über das Boot schweifen und meinte: »Es sieht nicht toll aus.«
    »Nee, aber ich glaube, es schwimmt.«
    »Und der Motor?«
    »Keine Ahnung. Ich habe ihn noch nicht ausprobiert.«
    »Du darfst dir natürlich mein Boot leihen, wenn du es brauchst, das weißt du.«
    »Ich möchte ein eigenes haben. Aber danke.«
    Simon flocht die Finger ineinander, ging einmal um das Boot herum und brummte dabei vor sich hin. Er blieb neben Anders stehen und rieb sich über die Wangen. Er hatte offenbar etwas auf dem Herzen. Er räusperte sich und brachte kein Wort heraus. Er räusperte sich nochmals, und diesmal klappte es besser.
    »Ich wollte dich etwas fragen.«
    »Okay.«
    Simon atmete tief durch. »Wenn es nun so wäre, dass … dass Anna-Greta und ich heiraten wollten. Was würdest du dazu sagen?«
    Simon sah tief betrübt aus. Ein Stoß ging durch Anders’ Brust, und für eine Zehntelsekunde wusste er nicht, wie ihm geschah, weil das Gefühl so ungewohnt war, aber es war tatsächlich ein Lachen. »Ihr wollt heiraten? Jetzt?«
    »Ja, wir denken darüber nach.«
    »Wie war das noch gleich, dass man einen anderen Menschen nicht kennt?«
    »Das dürfte sich wohl … erledigt haben.«
    Anders schaute zu Anna-Gretas Haus hinauf, als erwartete er, sie dort oben ängstlich und heimlich lauschend stehen zu sehen. Er begriff nicht.
    »Aber warum fragst du mich danach? Was willst du ?«
    Simon kratzte sich am Kopf und wirkte verlegen. »Nun, ich will schon, aber es geht dabei ja auch um … ich werde sie dann ja auch beerben. Falls sie vor mir stirbt. Was nicht sehr wahrscheinlich ist, aber …«
    Anders legte die Hand auf Simons Schulter. »Ich bin mir sicher, dass man da was schriftlich festlegen kann. Ein Papier, in dem steht, dass ich Smäcket behalten darf. Für den Fall der Fälle. Ansonsten interessiert mich das Erbe nicht weiter.«
    »Du findest es okay? Ganz sicher?«
    »Simon, es ist mehr als okay. Es ist die erste gute Nachricht, die ich seit langer, langer Zeit gehört habe, und du …« Anders trat einen Schritt vor und umarmte Simon. »Gratuliere. Das wurde, gelinge gesagt, auch langsam Zeit.«
    Als Simon gegangen war, blieb Anders lange mit den Händen in den Hosentaschen stehen und betrachtete das Boot, ohne an das Boot zu denken. Ausnahmsweise waren seine Eingeweide warm und leicht zu tragen, und er wollte in diesem Gefühl verweilen.
    Als er nach einiger Zeit zum Bauholzschuppen ging, entdeckte er, dass er das Gefühl mitnehmen konnte. Es blieb bei ihm, während er ein Stück imprägniertes Holz zusägte, hielt sich, während er das Brett aufbohrte und am Heck festschraubte.
    Gibt es eine Hochzeit?
    Er hatte Simon nicht gefragt, ob sie eine richtige Hochzeit in der Kirche von Nåten planten, ob sie zu Hause feiern oder sich nur standesamtlich trauen lassen wollten. Wahrscheinlich hatten sie selbst noch nicht darüber nachgedacht, weil noch nichts beschlossen war.
    Wer hat wohl um wessen Hand angehalten?
    Er konnte sich nicht vorstellen, wie es sich abgespielt oder was dazu geführt hatte. Aber es bereitete ihm Freude, daran zu denken. Das Gefühl blieb.
    Erst als er ein Brett zwischen zwei Kiefern festgenagelt hatte, den Motor darauf festgehakt und einen Drucktank angeschlossen hatte, übernahm die übliche Tristesse wieder das Kommando. Der Motor reagierte nicht auf seine Bemühungen. Er pumpte Benzin hoch, zog den Choke und riss am Seilzug, bis sein Arm taub wurde. Kein Lebenszeichen.
    Warum muss mir eigentlich alles das Leben sauer machen? Warum kann nicht mal irgendetwas einfach funktionieren?
    Er hob die Verkleidung ab und sah, dass der Motor

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