Menschenhafen
sie in der Regel in einem Abstand von fünfzig, maximal sechzig Zentimetern an. Außerdem gab es zu wenig Querbalken.
Er musterte das vorhandene Bauholz. Es war, wie er befürchtet hatte: Nicht ein Balken war noch übrig. Erik hatte am Bauholz gespart.
Das flaue Gefühl stieg ihm in die Brust, als er das Lot befragte und die Wasserwaage auslegte. Das Fundament neigte sich schwach in östliche Richtung, und die Holzkonstruktion neigte sich dafür umso kräftiger nach Westen. Vermutlich hatte Erik entdeckt, dass er das Fundament nicht ordentlich hinbekommen hatte, und dies zu kompensieren versucht, indem er dem Haus eine Neigung in die andere Richtung gab.
Torgny drehte eine Runde um das Fundament und klopfte es mit einem Stein ab. Es war zwar keine Katastrophe, aber hier und da klang es hohl. In Eriks Mörtel waren Luftblasen gewesen. Belüftungslöcher gab es auch keine. Sollte Erik ein Ziegeldach auf die schiefe Holzkonstruktion legen, lautete die Frage nur, ob der Schimmel von unten oder das Gewicht von oben das Haus zum Einsturz bringen würde.
Torgny ließ sich schwer auf die Türschwelle fallen und stellte beiläufig fest, dass die Türmaße falsch waren. Dann dachte er als Erster, was später viele andere offen aussprechen sollten: Was für eine Stümperei.
Was konnte er tun?
Hätte es in seiner Macht gestanden, er hätte das Ganze auf der Stelle abgerissen und ein neues Holzgerüst gebaut, bevor Erik nach Hause kam, und seinen Sohn auf die Art vor vollendete Tatsachen gestellt. Für einen kurzen Moment überlegte er tatsächlich, Erik unter irgendeinem irrwitzigen Vorwand eine Woche von daheim fernzuhalten, alle Männer zusammenzukratzen, die er auftreiben konnte, und genau das zu tun. Aber so einfach war das nicht. Allein das Fundament neu zu mauern …
Er balancierte über die dünn gesäten Bodenbalken und inspizierte die Raumaufteilung des Hauses, die ihm ebenfalls merkwürdig vorkam. Ein länglich schmaler Flur, der quer verlief, Schlafzimmer und Küche mit falschen Proportionen an den Rändern verteilt. Es sah aus, als hätte Erik mit dem Wohnzimmer begonnen, das immerhin normal wirkte, und anschließend die anderen Zimmer gebaut, wie es ihm gerade in den Sinn gekommen war und solange das Bauholz reichte.
Torgny stand breitbeinig auf zwei Bodenbalken mitten in dem, was einmal das Wohnzimmer werden sollte – und schämte sich. Weniger dafür, dass sein Sohn dieses Haus gebaut hatte, als dafür, dass er selbst gezwungen sein würde, bis ans Ende seiner Tage in der Nähe dieses Monsters auf seinem eigenen Grund und Boden zu leben. Dass es sozusagen ein Teil der Familie sein würde.
Torgny suchte seine Sachen zusammen und verließ Eriks Baustelle, ohne sich noch einmal umzudrehen. Wieder daheim goss er einen tüchtigen Schluck Branntwein in seinen Kaffee. Während er in der Herbstsonne auf seiner Veranda saß, verdüsterte sich zusehends sein Gemüt.
Seine Frau Maja setzte sich mit einem Eimer Äpfel zu ihm, die geschält und zu Mus gekocht werden sollten.
»Und, wie war es?«, fragte sie, während sie aus der ersten Apfelschale eine Schlange machte.
»Was?«
»Das Haus. Eriks Haus.«
»Tja, man muss wohl hoffen, dass es vor Wind und Wetter schützt.«
Maja verpasste einen Schnitt, und die Schlange fiel zu Boden, ohne fertig zu sein. »Ist es so schlimm?«
Torgny nickte und starrte in den Kaffeesatz, in dem er den Turm von Babel zu sehen meinte, der auf schreiende Menschen herabstürzte. Man musste kein Hellseher sein, um zu verstehen, was das hieß.
»Kannst du denn gar nichts tun?«
Torgny schwenkte die Tasse, damit der Turm verschwand, und zuckte mit den Schultern.
»Ich könnte natürlich runtergehen und einen Kanister Petroleum und ein Streichholz mitnehmen, aber … das würde man mir eventuell übel nehmen.«
Am Abend kehrte Erik bestens gelaunt heim. Anna-Greta und er hatten sich auf schlichte, glatte Ringe geeinigt, sodass diese Angelegenheit eher eine Formalität gewesen war. Aber darüber hinaus hatten sie einen netten Tag in Norrtälje verbracht, am Kanal gesessen, sich gegenseitig ihre Liebe beteuert und Pläne für die Hochzeit geschmiedet.
Torgny saß am Küchentisch und flickte Netze, lauschte den Worten seines ungewöhnlich mitteilsamen Sohnes, nickte und brummte, bekräftigte, dass Erik da ein prächtiges Mädchen ins Garn gegangen war.
Maja stand am Herd, rührte im Mus und beteiligte sich kaum an der Unterhaltung. Nach einer Weile merkte Erik, dass etwas nicht so
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