Menschenherz - Band 1-3
oder wissen, wo die Heiligen begraben liegen – wo der Speer ist, der Jesus verletzt hat.“
Ich starrte wieder zu Boden und sah Adam und Eva im Zoo. Jeder Zoo, der etwas auf sich hielt, würde ein Paar haben. „Artgerecht gehalten, versteht sich.“
Ich blickte auf und sah Gabriel nachdenklich an, weil sich mir eine interessante Überlegung aufdrängte: „Wenn sie Adam und Eva klonen würden, wären diese beiden dann wieder unschuldig, so wie vor dem Sündenfall?“
Ich öffnete den Mund, um diese Frage laut auszusprechen und schloss meinen Mund wieder, als mein Verstand mir schon die Antwort gab: „Nein, sie wären nicht unschuldig, denn die Forscher können sie nur aus Material nach dem Sündenfall klonen.“
Ich schloss die Augen, da eine Erinnerungsflut über mich hereinbrach, die ich nur so abwehren konnte. Mir wurde schwindelig bei der Vielzahl der Möglichkeiten und Konsequenzen, die der Fund meines alten Schriftstückes im 21. Jahrhundert bot.
Ich fühlte mich schuldig und mein Gewissen verstärkte dieses Gefühl rücksichtslos weiter, indem es mich daran erinnerte, wie sehr Gabriel mir zugeredet hatte, nichts Schriftliches zu hinterlassen.
„ Sie untersuchen dein Evangelium erst im radiologischen Test und versuchen herauszufinden, ob es authentisch ist“, beschwichtigte Gabriel, dem meine Aufruhr und Angst nicht entging.
Skeptisch blickte ich ihm in die Augen und fragte mich einige Sekunden, ob er mich nur beruhigen wollte. „Woher weißt du das?“
Er schenkte mir ein halbherziges Lächeln. „Ich bin ein Engel, kleine Lilith! Ich höre die Gedanken und die Herzen der Menschen!“
„ Aber es sind so viele! Wie kannst du sie auseinander halten? Wie kannst du zur richtigen Zeit den richtigen Menschen zuhören?“
Überrascht sah er mich an. „Weil ich ein Engel bin“, erklärte er und klang ehrlich. „Durch ihre Gebete habe ich gehört, was sie gefunden haben.“
„ Ob er ahnt, wie sehr du ihn liebst? Wie verzweifelt du bist? Wie sehr am Ende deiner Kraft?“
Ich ballte die Hände zu Fäusten und drückte meine Fingernägel in meine Handinnenseiten, um nicht die Kontrolle über mich und meine Gefühle zu verlieren. Manchmal war Schweigen Gold und manchmal musste man stark bleiben, um sein eigenes, verpfuschtes Leben wieder in den Griff zu bekommen.
„ Was soll ich bloß tun? – Ein weiterer Fehler in einem verpfuschten Leben!“
Flehend sah ich den Erzengel an. „Hol es zurück, Gabriel! Bitte, hol es zurück!“
Ich bat ihn um etwas, was ich nie zuvor getan hatte. Ich bat ihn darum, sich einzumischen.
Lange sah er mich nachdenklich an, wie um seine Entscheidung gründlich zu überdenken. Schließlich schüttelte er den Kopf. Ich wusste, dass sein Entschluss endgültig war.
„ Ich darf mich nicht einmischen!“ Verzweiflung, die ich nur zu gut verstand, schwang in seiner Stimme mit.
„ Aber das tust du doch schon, indem du mir sagst, dass mein Evangelium gefunden wurde“, versuchte ich ihn zu locken.
Er kannte mich zu gut, um darauf einzugehen. Ich versuchte abzuwägen, was eine Gruppe Wissenschaftler und Religionswissenschaftler mit meinem Evangelium wirklich anfangen konnten.
„ Gruppen sind meistens intelligenter und überlegen sich ihre Entscheidungen.“
„ Sie würden dieselben Gedanken und Überlegungen durchgehen, die ich vorhin gehabt habe.“
„ Würden sie es riskieren die Zeit der Religionskriege wieder heraufzubeschwören aus bloßer Neugierde?“
Gabriel schien meinen Gedankengang an meinen Gesichtszügen abzulesen, denn sein Gesicht versteinerte, während ich überlegte, ob es wirklich so fürchterlich war, dass mein altes Evangelium nun ein Öffentliches war.
„ Ultimo Verdad!“, flüsterte er so leise, dass ich einige Sekunden brauchte, bis mein Gehirn die Information an mein Bewusstsein weitergab.
Überrascht atmete ich Luft ein, die mit einem Mal vor Kälte zu brennen schien.
Unsere Blicke verschmolzen und ich wusste, was Gabriel dachte: Keine andere Gruppe wäre so vermessen, es wirklich zu versuchen.
Ich räusperte mich, um etwas zu sagen, doch aus meinem Mund kam nur ein trockenes Krächzen. „Ist dass die Strafe für meine Artikel? Für mein Buch? Eine Warnung, es nicht zu veröffentlichen?“
Sehnsüchtig blickte ich auf den Stapel beschriebener Seiten.
„ Es gibt wichtigeres als deine Eitelkeit und dein Buch“, mahnte mein Lieblingsengel und bester Freund.
Unsicher flippte ich die Seiten einmal durch. Ihre Anzahl und die
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