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Menschenjagd

Menschenjagd

Titel: Menschenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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mitgenommen«, sagte er (er hatte einen leichten Neuengland-Akzent; nicht direkt von der Ostküste, aber leicht federnd, sardonisch). »Aber Sie werden’s überstehen.« Er runzelte die Augenbrauen. »Sind Sie aus Thomaston ausgebrochen? Ich weiß, dass Sie nicht aus Pineland kommen. Sie sehen nicht wie ein Kloppi aus.«
    »Ich bin nirgendwo ausgebrochen«, sagte Richards, wobei er sich fragte, ob dies eine Lüge oder die Wahrheit war. »Ich bin getrampt. Eine schlechte Angewohnheit, mein Freund. Du tust das nie, oder?«
    »Auf keinen Fall«, sagte der Junge ernst. »Heutzutage sind viele verrückte Typen auf der Straße unterwegs. Das sagt wenigstens mein Dad.«
    »Er hat vollkommen recht«, sagte Richards. »Aber weißt du, ich muss dringend zum … äh…«Er schnippte mit den Fingern und tat so, als wäre ihm der Name entfallen. »Du weißt schon, zum Flughafen.«
    »Sie müssen Voigt Field meinen.«
    »Ja, genau.«
    »Himmel, das ist aber über hundert Meilen von hier, Mister. In Derry.«
    »Ich weiß«, sagte Richards bedauernd und streichelte Rolfs Fell. Der Hund rollte sich sofort auf die Seite und spielte toter Mann. Richards unterdrückte ein düsteres Kichern. »Ich bin an der Grenze von New Hampshire von drei Maden mitgenommen worden. Das waren echt harte Typen. Haben mich zusammengeschlagen, mir das Portemonnaie geklaut und mich dann einfach aus dem Auto geschmissen. Es war irgendwo da hinten bei einem verlassenen Einkaufszentrum …«
    »Yeah, das kenne ich. Jesus, Mister, wollen Sie nicht mit nach Hause kommen und erst mal frühstücken?«
    »Das wäre ganz toll, Freund, aber ich hab leider keine Zeit. Ich muss noch heute Abend auf diesem Flughafen sein.«
    »Wollen Sie etwa noch mal trampen?«, fragte der Junge mit großen Augen.
    »Ich muss.« Richards erhob sich mühsam, setzte sich dann aber wieder, als wäre ihm etwas eingefallen. »Hör mal, kannst du mir einen Gefallen tun?«
    »Ich glaube schon«, sagte der Junge vorsichtig.
    Richards zog die beiden Kassetten aus seiner Hosentasche. »Dies sind Bargeld-Gutscheine meiner Bank«, sagte er leichthin. »Wenn du sie für mich in den Briefkasten wirfst, wartet in Derry eine anständige Summe auf mich. Dann bin ich wieder glücklich unterwegs.«
    »Ohne Adresse?«
    »Sie gehen direkt an meine Bank.«
    »Klar. Okay. Gleich da unten ist ein Briefkasten, bei Jarrolds Laden.« Er stand auf. Mit seinem in diesen Dingen unerfahrenen Gesicht konnte er nicht verhehlen, dass er glaubte, der Mann vor ihm löge wie gedruckt. »Komm, Rolf.«
    Richards ließ den Jungen sechs Schritte weit gehen, bevor er ihn zurückrief. »He, komm noch mal her.«
    Der Junge drehte sich um und ging zögernd zurück. Angst zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Na klar, die Löcher in Richards’ Geschichte waren groß genug, um einen Lastwagen hindurchzufahren.
    »Ich schätze, ich muss dir die ganze Geschichte erzählen«, sagte Richards. »Das meiste, was ich dir gesagt habe, ist wahr, mein Freund. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, dass du zu viel herumerzählen könntest.«
    Die Oktobersonne schien warm auf seinen Nacken und Rücken. Am liebsten hätte er sich ausgestreckt und wäre den ganzen Tag in der Wärme liegen geblieben, um sich mal richtig auszuschlafen. Er zog den Revolver aus dem Gebüsch und ließ ihn vor sich ins Gras fallen. Der Junge riss die Augen auf.
    »Ich bin von der Regierung«, sagte Richards mit ruhiger Stimme.
    »Herr-gott!«, flüsterte der Junge. Rolf saß abwartend mit seitlich heraushängender Zunge neben ihm.
    »Ich bin hinter ein paar ziemlich schweren Jungs her, mein Freund. Du siehst ja selbst, wie sie mich zugerichtet haben. Diese Dinger, die du da in der Hand hältst, müssen unbedingt durchkommen.«
    »Ich werde sie abschicken«, sagte der Junge atemlos. »Herrgott, wenn ich das meinem …«
    »Niemandem wirst du es erzählen!«, sagte Richards. »Jedenfalls nicht innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden. Sie könnten Vergeltungsmaßnahmen ergreifen«, fügte er geheimnisvoll hinzu. »Also. Bis morgen um dieselbe Zeit hast du mich nicht gesehen, verstanden?«
    »Yeah! Na klar!«
    »Dann mal los. Und vielen Dank, Freund.« Er streckte seine Hand aus, und der Junge schüttelte sie ehrfurchtsvoll.
    Richards beobachtete, wie die beiden den Hügel hinuntertrotteten. Ein schönes Bild, der Junge in seinem rot karierten Hemd und der Hund, der fröhlich neben ihm durch die Goldrutensträucher jagte. Warum kann meine Cathy nie so etwas

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