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Menschenjagd

Menschenjagd

Titel: Menschenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schwarzdorn, Teufelskraut und Goldrute. Und es erstreckte sich über Meilen. Gähnende, ausgehöhlte Fundamente, so groß, als wären sie als Gräber für römische Götterstatuen gedacht, rostige Stahlgitter, die wie Skelette in die Luft ragten, Zementmauern, aus denen Anschlusseisen wie schattige Kryptogramme ragten. Planierte und nun von Gras überwucherte Rechtecke, die wahrscheinlich als Parkplätze gedacht waren.
    Irgendwo über ihnen begann eine Eule mit steifen, lautlosen Flügelschlägen ihre nächtliche Jagd.
    »Hilf mir … in den … Fahrersitz.«
    »Du bist nicht in der Verfassung, um zu fahren«, sagte Richards und stieß gegen die Fahrertür, um sie zu öffnen.
    »Es ist das Mindeste, was ich … für dich tun kann«, sagte Elton heiser, wobei er zwischendurch immer wieder Blut spuckte. »Ich werde den Hasen spielen … solange fahren, wie ich kann.«
    »Nein«, sagte Richards.
    »Lass mich fahren!«, schrie er Richards an, sein dickes Babygesicht verzerrt und grotesk. »Ich sterbe … und du lässt mich lieber ge… ge… ge…« Er glitt in einen grauenhaften Hustenanfall ab, der wieder frische Blutbrocken nach oben beförderte. Im Wagen roch es sehr feucht; wie in einem Schlachthaus. »Hilf mir«, flüsterte er. »Ich bin zu fett, um es allein zu schaffen. Mein Gott, hilf mir doch!«
    Richards half ihm. Er schob und zerrte und seine Hände rutschten und quatschten in Eltons Blut. Der Vordersitz war ein Schlachthaus. Und Elton (wer hätte gedacht, dass jemand so viel Blut in sich haben könnte?) hörte nicht auf zu bluten.
    Endlich war er hinter dem Lenkrad verkeilt. Der Wagen hob sich wackelig in die Luft und wendete. Die Bremslichter blinkten auf und verloschen, blinkten auf und verloschen, und der Wagen stieß leicht gegen ein paar Bäume, bevor Elton die Straße fand und hinausfuhr.
    Richards wartete darauf, ein Krachen zu hören, aber dazu kam es nicht. Das erratische Humpa-humpa-humpa der Luftzylinder wurde leiser; es schlug im tödlichen, um einen Zylinder verminderten Rhythmus, der die anderen wohl in spätestens einer Stunde auch ausbrennen lassen würde. Das Geräusch verklang. Und dann war nur noch das Geräusch eines weit entfernten Flugzeugs zu hören. Zu spät fiel ihm ein, dass er die zu Tarnungszwecken gekauften Krücken auf dem Rücksitz vergessen hatte.
    Die Sterne blinkten gleichgültig am Nachthimmel.
    Er konnte seinen Atem sehen, der kleine gefrorene Wölkchen bildete. Heute Nacht war es kälter.
    Er wandte sich von der Straße ab und stürzte in den Dschungel des Baugeländes.

… Minus 047 Countdown läuft …
     
    In einem Kellerloch entdeckte er einen Haufen weggeworfenen Isoliermaterials und kletterte hinunter, wobei er sich an den hervorstehenden Anschlusseisen festhielt. Er suchte sich einen Stock und stocherte damit in dem Haufen herum, um die Ratten zu vertreiben, doch er wurde nur mit einer aufsteigenden Wolke Fiberglasstaub belohnt, der ihn zum Niesen brachte. Er schrie auf, denn das Niesen schmerzte fürchterlich in der gebrochenen Nase. Keine Ratten. Die Ratten lebten alle in der Stadt. Er stieß ein heiseres, bitteres Lachen aus, das in dem großen, dunklen Raum abgerissen und zersplittert klang.
    Dann wickelte er sich in die Streifen des Isolationsmaterials, bis er aussah wie ein menschliches Iglu – aber es war warm. Er lehnte sich an die Kellerwand und döste halb ein.
    Als er aufwachte, hing eine schmale Mondsichel, nicht mehr als ein kleiner Streifen Licht, am östlichen Horizont. Er war immer noch allein. Keine Sirenen waren zu hören. Es mochte so gegen drei Uhr nachts sein.
    Sein Arm tat weh, aber das Blut war inzwischen geronnen. Er zog ihn sanft aus dem Isoliermaterial und reinigte die Wunde sorgsam von den Glasfiberfusseln. Das Geschoss der Maschinenpistole hatte ihm ein ziemlich großes Stück Fleisch kurz über dem Ellbogen weggerissen. Er konnte von Glück sagen, dass ihm die Kugel nicht den Knochen zertrümmert hatte. Aber sein Knöchel schmerzte umso mehr. Der Fuß selbst fühlte sich seltsam und geisterhaft an, als gehörte er nicht mehr zu ihm. Er vermutete, dass der Knochen eigentlich genagelt werden müsste.
    Mit diesen Gedanken schlief er wieder ein.
    Als er erwachte, war sein Kopf klarer. Der Mond stand halbhoch am Himmel, aber es gab noch keine Anzeichen der Morgendämmerung. Er hatte etwas vergessen …
    Es war ein hässlicher Schock, als es ihm einfiel.
    Er musste bis zum Mittag zwei Kassetten einwerfen, wenn sie noch rechtzeitig bis zur

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