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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Ordnungsliebe mitgekriegt, deshalb ist für mich so wenig übrig geblieben«, seufzte Katja und zog die oberste Schublade vom Sideboard auf, in der bei Nicki die Süßigkeiten aufbewahrt werden. »Nun guckt euch das an! Da sind sogar die Müsli-Riegel der Größe nach geordnet!«
    »Finde ich gut.« Hannes griff zu dem im lila Papier. »Da sieht man wenigstens auf Anhieb, was da ist. Und nicht wie bei dir« – ein tadelnder Blick traf mich – »wo man sich erst durch Reiskräcker und Vollkornkekse wühlen muss, bevor man an die besseren Sachen kommt.«
    »Bisher hast du sie trotzdem immer gefunden!«
    »Ja, leider!«, sagte Steffi nur. Dann sah sie sich entschlossen um. »Wo fangen wir denn nun an?«
    »Erst mal ziehen wir Strippen«, kommandierte Sven, »und dann suchen wir alles zusammen, was man ranhängen kann.« Er zog einen Beutel Wäscheklammern aus seiner mitgebrachten Jutetasche. »Sind dreihundert Stück drin. Die habe ich für fünf Mark im Pfennigbasar gekauft.«
    »Dann waren sie vier Mark achtzig zu teuer«, stellte Karen nach kurzer Prüfung fest, »wenn du was Schwereres als ein Taschentuch dranhängst, brechen sie ab.«
    »Na und? Mehr sollen sie auch gar nicht halten. Hier, binde das mal an der Garderobe fest!« Er reichte Karen den Anfang einer großen Rolle Paketkordel und zog dann mit dem Knäuel los. Überall, wo es in ungefähr anderthalb Meter Höhe etwas zum Befestigen gab, band er die Kordel an und ließ den Bindfaden weiter abrollen. Auf diese Weise entstand quer durch die ganze Wohnung ein Gewirr von sich kreuzenden Strippen, was wir ausgesprochen lustig fanden, bis uns klar wurde, dass wir zum Dekorieren genauso drunter durchkriechen mussten wie später das Brautpaar.
    »Egal«, meinte Steffi, die einzelnen Zeitungsseiten der Samstagsausgabe festklammernd, »wir haben wenigstens unseren Spaß dabei. Ob Nicki und Jörg den morgen auch haben werden, bleibt abzuwarten.«
    Ein paar Minuten lang sah sich Hannes das Treiben an, dann beschloss er, für diese Herumkrabbelei zu alt zu sein (!) und sich stattdessen um Nickis Wagen zu kümmern. Den hatte sie in Unkenntnis von Hannes’ möglichem Tatendrang vor der Tür stehen lassen, statt ihn in die Garage zu fahren. »Komm mit, Sven, Wäsche aufhängen können Frauen sowieso besser, wir verpacken das Auto!«
    Vor Beginn des ganzen Unternehmens hatte ich zur Bedingung gemacht, dass Jörgs Schreibtisch tabu sein sollte und die Kleiderschränke ebenfalls, wurde jedoch bei Letzteren überstimmt. »Natürlich wühlen wir nicht drin herum«, hatte Katja gesagt, »aber aufmachen und mit Luftballons voll stopfen verletzt bestimmt nicht die Intimsphäre.«
    Wir haben dann doch darauf verzichtet, nachdem wir ehrfürchtig vor den geöffneten Schränken gestanden hatten. Da hingen auf jeweils separaten Bügeln Jörgs Jacketts und Blazer, Revers einheitlich nach links ausgerichtet, eine Kleiderstange tiefer die dazugehörigen Hosen, exakt auf gleiche Länge gefaltet, und auf der anderen Seite seine Oberhemden, ebenfalls mit Knopfrichtung links und nach Farbtönen sortiert. T-Shirts und Pullover lagen akkurat zusammengelegt und gestapelt in den Regalen.
    »So was kenne ich nur aus Möbel-Katalogen«, sagte Karen, »wenn sie einem zeigen wollen, wie so ein Trumm von Kleiderschrank innen aussieht. Aber dass jemand seine Sachen wirklich so wegräumt und die auch später noch so ordentlich bleiben, finde ich faszinierend. Wer von ihnen ist denn so penibel veranlagt? Nicki oder ihr Mann?«
    »Beide!«, kam es sofort von Katja. »Jörg hätte bestimmt keine Probleme mit dem Toastbrot gekriegt.«
    »Womit?«
    »Ach so, du kennst die Geschichte ja nicht.« Grinsend schielte Katja zu mir herüber. »Das war noch während unserer Studentenzeit, als wir in Dossenheim in der kleinen Dachgeschoss-Wohnung lebten. Du weißt doch sicher noch, wie klein die Küche war, dazu die schrägen Wände – na ja, entsprechend spartanisch war ja auch das Mobiliar, und vor allem die Kühltruhe war winzig. Trotzdem hatten wir immer in Scheiben geschnittenes Toastbrot eingefroren, weil man das am schnellsten auftauen kann. Jedenfalls hat Tom mal ein paar Scheiben rausgenommen und die restliche Packung wieder zurückgelegt. Wenig später hat ihn Nicki angefaucht: ›Das Brot gehört nach hinten links!‹ Darauf Tom: ›Warum denn? Die Kühltruhe ist doch fast leer.‹ Antwort Nicole: ›Aus Prinzip!‹«
    »Das erklärt natürlich so manches«, sagte Karen mit verständnisvollem Nicken

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